Dritte Kundgebung gegen Polizeigewalt in Dortmund
Justice for Mouhamed
Am 12. August fand in Dortmund die dritte Demonstration gegen Polizeigewalt nach der Erschießung des 16-jährigen Mouhamed Lamine Dramé durch die Dortmunder Polizei statt.¹ Sie schloss sich an die Trauerfeierlichkeiten in der Abu-Bakr-Moschee zu seiner Beerdigung an. Mouhamed war erst ein paar Tage in Dortmund, seit April in Deutschland, und hatte hier keine Familie. Die Eltern sind wohl noch im Senegal, der kleine Bruder auf der Flucht gestorben.(Quelle: ruhrnachrichten.de)
Zu der Gedenkfeier kamen Hunderte Teilnehmer, aus Dortmund aber auch aus Paderborn, Bochum, Köln und weiteren Städten. Unter anderem hielten ein Bürgermeister von Dortmund, Vertreter von zwei Kirchengemeinden und weitere Imame Ansprachen. Als der Sarg zum Auto getragen wurde, zerriss es einem dass Herz, etliche Frauen weinten. Im Anschluss zog ein besonders von afrikanischen Frauen und Kindern, aber auch jungen afrikanischen Männern, geprägter Demozug in die Innenstadt zum Friedensplatz. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer fordern Aufklärung, und sie fordern. dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Es gab kurze Ansprachen des Moderators und vor allem Parolen: „Justice for Mouhamed“; „No justice – no peace“; „Wer hat geschossen? – Die Polizei"“ und „Überall Polizei – Nirgendwo Gerechtigkeit“. Am Straßenrand wurden diese Parolen vielfach von Passanten mitgerufen. Das einzige vorhandene, von Teilnehmern mitgebrachte Transparent mit der Aufschrift: „Gib Antikommunismus, Rassismus, Faschismus und Antisemitismus keine Chance!“ wurde von den Organisatoren zum Fronttransparent bestimmt und mit vereinten Kräften dort getragen.
Im Laufe der Demo wurden auch Fotos von Mouhamed verteilt. Auf dem Friedensplatz warteten weitere Demonstranten. Laut Polizei seien es insgesamt 300 gewesen, realistisch ist eher das doppelte. Die Kundgebung begann - nach Parolen und nach der Versorgung der Demonstrantinnen und Demonstranten mit Wasser - mit einem Beitrag von Jacques Armel Dsicheu Djiné (Kamerun) / Ratsmitglied der Grünen. Er prangerte die Polizeigewalt und die Situation für viele Menschen in der Nordstadt insgesamt an, forderte eine Stelle zur unabhängigen Untersuchung der Polizei und Teilhabe von Migranten an der Polizeiarbeit. Ein weiterer schwarzer junger Mann, machte auch die Fluchtursachen, die Ausbeutung Afrikas durch andere Länder, zum Thema. Am offenen Mikrofon sprachen dann auch Frauen sehr selbstbewusst, sie würden seit Jahren in Dortmund leben, und sie würden hier auch bleiben. Sie verlangen, mit Respekt und Würde behandelt zu werden.
Keiner sah den Tod von Mouhamed als Einzelfall an. Viele sprachen von Mord, und gerade seitens der Frauen schlug den anwesenden Polizisten richtiger Hass aus ihren Beiträgen entgegen – es geht um das Leben ihrer Kinder. Für die MLPD sprach Tobias Thylmann, der sein Mitgefühl ausdrückte und auf die Hintergründe der Polizeigesetze und Polizeibewaffnung einging. Die Herrschenden wollen Proteste und den Kampf von Menschen für eine lebenswerte Zukunft unterbinden. Er schloss mit dem Aufruf: „Es ist möglich und nötig, für eine Gesellschaft mit gegenseitiger Solidarität, den Sozialismus, zu kämpfen.“ Weitere Redner z. B. von „Die Urbane“ kritisierten, dass „die Polizei nicht uns sondern das Kapital“ schütze. Die Kapitalismuskritik erhielt durchweg viel Applaus.
Es gibt also ein breites Spektrum an Forderungen, aber auch an Vorschlägen für die Zusammenarbeit. So ist es ein Markenzeichen, dass hier wirklich Einwohner der Nordstadt, in der Hauptseite Migranten, selbst zu Wort kommen. Es gibt aber auch einzelne Stimmen, die fordern, dass nur oder hauptsächlich „PoCs“ (People of Colour) sprechen sollten. Warum aber sollte sich eine Bewegung gegen Polizeigewalt durch Ausschluss anderer Betroffener oder solidarisch Aktiver selbst spalten und schwächen? Ebenso gab es einzelne Stimmen von angeblich Linken, die der Meinung waren, ein Transparent, das auch gegen Antikommunismus sei, gehöre hier nicht hin, oder man könne ja sprechen, aber brauche nicht zu sagen, dass man von der MLPD sei. Das konnte sich nicht durchsetzen – zeigt aber: Es bleibt eine lebhafte Diskussion.
Gegen Ende sprach ein Gewerkschafter, der dann auch die Parole „Hoch die Internationale Solidarität“ einbrachte. Diese ist bereits unter justice_for_mouhamed bei Instragram zu sehen, wo ab sofort auch weitere Informationen veröffentlicht werden sollen.