Glosse

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„Exklusiv-Interview“¹ mit Mercedes-Arbeitsdirektorin zur neuen Qualifizierungsoffensive „Turn2Learn“

Achtung: Satire auf Grundlage eines Interviews auf "www.stuttgarter-zeitung.de" vom 7. Juli. Das folgende "Interview" hätte so ähnlich aussehen können:

Von wb

Rote Fahne: Vielen Dank Frau Kohleisen, dass Sie sich als viel beschäftigte Personalvorständin und Arbeitsdirektorin der Mercedes-Benz Group AG, die Zeit für dieses Interview genommen haben. Was hat Ihr Unternehmen zu einer neuen Qualifizierungsoffensive für Weiterbildung veranlasst, das bis 2030 1,3 Milliarden Euro kosten soll?

Sabine Kohleisen: Uns vom Vorstand ist klar, dass wir das ambitionierte Ziel der Weltmarktführerschaft in der Luxusklasse des Elektro- und digitalisierten Automobils, nur mit qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gewinnen können.

 

RF: „Lebenslanges Lernen“ dient also der lebenslangen Erzielung von Höchstrenditen?

Kohleisen: So zugespitzt möchte ich das nicht formulieren. Auch die Beschäftigten befinden sich in einer Phase der Unsicherheit, sehen den Veränderungsdruck und dass man sich aktiv einbringen muss.

 

RF: In der Pressemitteilung ist aber von „Aufbruchstimmung“ in der Belegschaft die Rede. Wie wollen Sie diese erzeugen?

Kohleisen: Wir wenden uns mit unserer Qualifizierungsoffensive an jeden Mitarbeiter und lassen uns das im Schnitt 1000 Euro pro Beschäftigten im Jahr kosten.

 

RF: Das langt gerade mal für einen zehntägigen Vollzeitkurs. Oder soll die Weiterbildung außerhalb der Arbeitszeit erfolgen? Und was heißt das für die Produktionsarbeiter?

Kohleisen: Das hängt ganz davon ab, ob es sich um eine für das Unternehmen nützliche Qualifikation handelt. Machen wir es konkret: In einem Pilotprojekt am Standort Berlin-Marienfelde haben sich 20 Freiwillige aus der Produktion zum Junior-Softwareentwickler ausbilden lassen. Wir sind total begeistert von der Energie bei den Kollegen und haben das daher auf Untertürkheim ausgeweitet. „Digitale Superhelden“ gesucht, die sich zu Datenspezialisten weiterbilden lassen – ich bin sicher, das wird auch im Schwäbischen einschlagen.

 

RF: Ganze 20 Arbeiter haben sich dafür gemeldet?

Kohleisen: Nein, nein. Wir hatten in Berlin 480 Bewerber, die ein „Digital Challenge“ - äh, ein Ausleseverfahren durchlaufen haben. Es waren halt nur 20 Plätze zu besetzen.

 

RF: Das ist doch ein Witz, angesichts der geplanten Arbeitsplatzvernichtung im Zuge der Umstellung vom Verbrenner- auf den Elektroantrieb und Digitalisierung!

Kohleisen: OK, die Weiterbildungswelle ist nur ein Weg, um die Transformation zu meistern, der aber nicht reicht. (Hält inne und fährt fort). Wir werden wahrscheinlich ein schlankeres Unternehmen werden.

 

RF: Diese Befürchtung haben auch die Beschäftigten! Aber das letzte Wort haben die Arbeiter von Mercedes-Benz. Wir von der Roten Fahne Redaktion werden jedenfalls zur Qualifizierung der Beschäftigten für einen konzernweiten Kampf beitragen: Für die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich und eine gründliche Qualifizierung auf Kosten der Profite!