Klartext
Wenn Putin und Scholz von Imperialismus reden ...
Bundeskanzler Olaf Scholz und Russlands Präsident Wladimir Putin werfen sich gegenseitig „Imperialismus“ vor. Imperialismus? Beide haben recht, aber beide meinen nur jeweils den anderen. Damit wird der treffende Begriff zur eigenen Rechtfertigungslinie und zum Bestandteil der Meinungsmanipulation der Massen! Jahrzehntelang war es verpönt, überhaupt von Kapitalismus oder Imperialismus zu sprechen. Sie waren angeblich „von gestern“. Das „Kapitalismus“-Tabu ist längst gefallen. Schon während der letzten Weltwirtschafts- und Finanzkrise von 2008 bis 2014 gab es in enger Verbindung mit der Überzeugungsarbeit der MLPD eine Massendiskussion über den Kapitalismus als deren Ursache.
Jetzt kommt der Begriff des Imperialismus almählich wieder in Mode. Putin sagt, der NATO ging es um „ihre Vorherrschaft, ihre imperialen Ambitionen“. Scholz entgegnet: „Tatsächlich ist es Putin, der Imperialismus zum Ziel seiner Politik gemacht hat und zum Gegenstand seiner Politik.“ Jeder zeigt mit dem Finger auf den anderen, doch bekanntlich zeigen drei Finger der ausgestreckten Hand auf den Zeigenden zurück.
Olaf Scholz nennt den „Imperialismus-Vorwurf“ gegenüber der NATO „lächerlich“, die NATO sei eine defensive Macht und stelle für niemanden eine Bedrohung dar. Lächerlich ist Scholz‘ plumper Versuch der Geschichtsverfälschung. Viele erinnern sich nur zu gut, wie die NATO 1999 in Jugoslawien einfiel. Oder wie die USA, unterstützt von zahlreichen Verbündeten, 2001 völkerrechtswidrig Afghanistan und 2003 den Irak angriffen. Und was hat die vom jüngsten NATO-Gipfel beschlossene Aufrüstung der „schnellen Eingreiftruppe“ in Osteuropa von 40 000 auf 300 000 Soldaten noch mit Defensive zu tun? Auch das neuimperialistische Russland hat eine blutige Spur der militärischen Einmischung in andere Länder hinterlassen: von Georgien 2008 über die Annektion der Krim 2014 bis zu den brutalen Bombardements in Syrien seit 2015.
Die MLPD betreibt seit Jahren Bewusstseinsbildung unter den Massen über das Wesen des Imperialismus und die Veränderungen im imperialistischen Weltsystem. Anna Vöhringer, Vorsitzende des Jugendverbands REBELL
Einen klaren Kompass für das Wesen des Imperialismus vermittelte der russische Revolutionär Lenin. Er schrieb: „Würde eine möglichst kurze Definition des Imperialismus verlangt, so müßte man sagen, daß der Imperialismus das monopolistische Stadium des Kapitalismus ist.“ (1) Als kennzeichnend bestimmte Lenin ferner den Kapitalexport, also die Ausbeutung der Arbeiter und der Natur anderer Länder, sowie die Verwandlung des monopolistischen in staatsmonopolistischen Kapitalismus. Das trifft alles gleichermaßen für die USA, EU, Russland, China und alle anderen alten sowie neuen imperialistischen Länder zu.
Die MLPD betreibt seit Jahren Bewusstseinsbildung unter den Massen über das Wesen des Imperialismus und die Veränderungen im imperialistischen Weltsystem. Sie hat die Massendebatte, auf die Scholz und Putin nun reagieren müssen, maßgeblich in Gang gebracht. Sie bleibt bei der Kritik am Imperialismus jedoch nicht stehen, sondern setzt sich dafür ein, „die offene Krise des imperialistischen Weltsystems für eine Revolutionierung des internationalen Industrieproletariats und der breiten Massen zu nutzen“ (2) und systematisch auf die internationale sozialistische Revolution hinzuarbeiten.