Nie zuvor war der Beitrag so hoch
Steigende Preise, explodierende Mietnebenkosten … jetzt auch noch höhere Krankenkassenzusatzbeiträge
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kündigte am letzten Dienstag eine weitere Steigerung des Zusatzbeitrags für die gesetzlichen Krankenkassen um 0,3 Prozentpunkte an. Bei einem monatlichen Bruttolohn von 3.500 Euro sind das 126 Euro im Jahr.
Sein Vorschlag muss noch von verschiedenen Instanzen bis hin zum Bundestag beschlossen werden. Insgesamt 16,2 Prozent des Bruttolohns sollen Versicherte in die gesetzlichen Krankenversicherung zahlen müssen. Nie zuvor war der Beitrag so hoch. Und dabei wird es nicht bleiben: Schon jetzt ist absehbar, dass der Beitrag in der Pflegeversicherung ebenfalls um etwa 0,3 Prozentpunkte steigen soll.
Als ob die Arbeiter und die breiten Massen durch die drastische Inflation nicht schon extrem belastet werden, setzt die Regierung damit noch eins drauf. Das ist Bestandteil des Übergangs zur verschärften Abwälzung der Kriegs- und Krisenlasten auf die breiten Massen. Lauterbach begründete dies mit einem „historischen Defizit“ in der gesetzlichen Krankenversicherung, das er im wesentlichen von seinem Vorgänger Jens Spahn (CDU) geerbt habe. Das ist geradezu lächerlich, war Lauterbachs SPD doch mit in der Regierung und hat die Politik von Spahn mitzuverantworten.
Dazu Dr. Ernst Herbert, praktischer Arzt im Ruhestand aus Köln: „Bereits seit 2020 war absehbar, dass in den Folgejahren ein Defizit entstehen würde. Nicht wegen der Kosten der Corona-Pandemie - die wurden vom Staat übernommen und müssen letztlich von der Masse der Steuerzahler finanziert werden. Aber die Einnahmen schrumpften 2020 wegen der Weltwirtschafts- und Finanzkrise, die durch die Corona-Pandemie verschärft wurde. Wegen der Bundestagswahl 2021 wollte Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Beiträge erst mal lieber nicht erhöhen. Auch die neue Ampel-Regierung schreckte Anfang 2022 zunächst davor zurück, auch aus Angst um ihre Massenbasis. Das vom jetzigen Gesundheitsminister Lauterbach angeführte zu erwartende Defizit von 17 Milliarden Euro wurde schon vor dem Ukrainekrieg festgestellt! Über die Krankenkassen werden die steigenden Monopolpreise der Pharmakonzerne, Gerätehersteller und Investoren der großen Klinikkonzerne finanziert. Sie haben traumhafte Profitraten. Eine sozialistische Gesellschaft hingegen wird ein hochwertiges Gesundheitswesen mit einer gründlichen Versorgung für alle gewährleisten, weil das Wohl der Menschen und nicht die Maximalprofite im Mittelpunkt stehen.“
Das Defizit von 17 Milliarden Euro will Lauterbach außer mit dem Zusatzbeitrag, der etwa 5,6 Milliarden Euro bringt, auch durch einen erhöhten Steuerzuschuss in Höhe von zwei Milliarden Euro und mit einem Darlehen des Bundes in Höhe von einer Milliarde Euro sowie durch eine „Zwangsabgabe“ der Pharmaindustrie decken. Auch der Steuerzuschuss und das Darlehen des Bundes muss früher oder später ebenfalls von den Massen bezahlt werden. Hingegen soll die Pharmaindustrie gerade mal mit 1 Milliarde zur Kasse gebeten werden, was ein Bruchteil ihrer steigenden Profite und Umsätze ausmacht. So lag der Umsatz allein des Pharmakonzerns Pfizer 2021 bei 81,29 Milliarden Dollar, der von Bayer mit Hauptsitz in Leverkusen bei 28,23 Milliarden Dollar [1].
Der Zusatzbeitrag ist eine Methode, die wachsenden Profite der verschiedenen beteiligten Konzerne im Gesundheitswesen durch eine weitere Umverteilung über verschiedene Kanäle durch die Massen finanzieren zu lassen. 2007 beschloss die Merkel-Regierung, dass der Zusatzbeitrag nur von den Versicherten zu zahlen ist. Nach wachsendem Unmut hat die letzte große Koalition 2018 beschlossen, dass auch die Zusatzbeiträge paritätisch finanziert werden, ebenso wie der allgemeine Grundbeitrag an die Krankenkasse.
Es ist allerdings überhaupt nicht einzusehen, dass die Arbeiter und Angestellten für Kosten zur Erhaltung ihrer Gesundheit selbst aufkommen müssen. Sie sind Bestandteil des Lohns, der im Kapitalismus zur Wiederherstellung ihrer Arbeitskraft dient. Die MLPD fordert deshalb: „Volle Übernahme der Sozialversicherung durch eine umsatzbezogene Unternehmenssteuer!“ (MLPD-Programm S.124) und unterstützt den Kampf um höhere Löhne und einen Lohnnachschlag!