Kassel

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Die documenta 15 und die offene Krise des imperialistischen Weltsystems

Die Debatte um die documenta 15 geht weiter. Der Versuch, die documenta insgesamt als antisemitisch zu verhetzen, zeigt mehr und mehr seine Schwäche.

Von jgä

So protestierten jetzt der Kasseler Oberbürgermeister Christian Geselle mit Unterstützung von dreien seiner Vorgänger energisch dagegen, dass Bundespräsident Steinmeier, Bundeskanzler Scholz und die Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) pauschal die documenta als antisemitisch disqualifizieren und mehr Einfluss des Bundes auf die documenta verlangen. Eine Zensur könne und dürfe es nicht geben, so Geselle. Das verdient Unterstützung. Aktuell tun die Bundespolitiker im Bundeskulturausschuss und in der Bundestagsdebatte so, als wenn die Freiheit der Kunst ihr oberstes Anliegen wäre. Die Bundeskulturstiftung ließ aber die ihr zustehenden beiden Sitze im documenta-Aufsichtsrat seit 2018 unbesetzt.

 

Wenn es dem Bund gar nicht um die bisherige Planung der documenta geht, worum geht es dann? Es scheint, dass der Bundesebene der Zeitpunkt günstig schien, offen und klar die documenta „auf Kurs“ zu bringen. Denn in ihren politisch reaktionären Kurs mit der Vorbereitung eines Dritten Weltkriegs und einer massiven politischen Rechtsentwicklung passt ein klar fortschrittliches und in vielen Punkten imperialismuskritisches Konzept der documenta überhaupt nicht ins Konzept der Ausrichtung von Staat, Politik, Recht und Kultur auf ihren reaktionären Kurs. Schließlich ist die documenta international die wichtigste Kunstausstellung. Nur so ist die Dauer, die Hartnäckigkeit und die Aggressivität der Angriffe gegen sie seit einem halben Jahr erklärbar. Die MLPD hat sich von Beginn an gegen die Hetze gegen die Documente 15 positioniert, nicht ohne kritische Distanzierung von dem tatsächlich antisemitisch zu verstehenden Einzelbild (siehe hier: "Hetzkampagne gegen kritische Kunst auf der documenta 15").

 

Die documenta 15 übt scharfe Kritik an der Unterdrückung der Befreiungsbewegungen, darunter der des palästinensischen Volkes, am Faschismus, an der Flüchtlingspolitik in der EU. Sie tritt ein für den Ausbau demokratischer Rechte, für Frauenrechte und für den Schutz der natürlichen Ressourcen. Sie fordert eine gerechtere Verteilung der Güter und setzt auch in der Kunstproduktion auf Kollektivität. Sie ist allerdings nicht konsequent antiimperialistisch, weil sie Rolle der Arbeiterklasse für eine Zukunft ohne Ausbeutung und Unterdrückung ignoriert und als Lösung zurück zur Kleinproduktion will statt die modernen Produktivkräfte zu nutzen.

 

Allerdings zeigt sich deutlich, dass die Herrschenden aus der Defensive heraus agieren und sich selbst immer mehr in Schwierigkeiten manövrieren. Der offene Angriff auf die fortschrittliche Kunst der documenta stellt ja nicht nur das Mantra von der Freiheit der Kunst im Imperialismus in Frage. Wehe, wenn die Kunst so frei ist, den Imperialismus kämpferisch zu kritisieren! Auch die Meinungs- und Pressefreiheit wird so offen wie selten als Farce offensichtlich. Waren die Berichte zu Beginn der documenta noch mehrheitlich sachlich, wohlwollend oder sogar positiv, so wurde nach dem Vorfall mit dem dann abgehängten Plakat die Monopolpresse zu praktisch 100% auf das Gegenteil ausgerichtet bis hin zum Vergleich der documenta mit Goebbels-Propaganda und der Forderung nach ihrer Absage.

 

Ganz offensichtlich ist die Presse nicht im Mindesten frei, sondern eines der zentralen Machtinstrumente der Herrschaft der Monopole im Kampf um die Denkweise. Auch die Frage der internationalen Kultur gehört zur Aufgabe der bewusstseinsbildenden Aufklärungsarbeit gegen den Imperialismus zur Entfaltung des aktiven Widerstands gegen die Gefahr eines Dritten Weltkriegs!