Rote Fahne-Verkauf

Rote Fahne-Verkauf

Thyssen Duisburg Tor 3: „Ihr macht das Klasse!“

Mitten in der heißen Phase der Auseinandersetzung um den Tarifkompromiss der Stahlindustrie wollten wir beim Rote Fahne-Verkauf natürlich genau wissen, wie die Stimmung unter den Kollegen ist. Die Morgenpresse ("Rheinische Post" Duisburg, 21.6.22) vermittelte ein Bild, als sei bereits alles gelaufen und die Absegnung durch die Tarifkommission der IG Metall Anfang Juli nur noch eine Formsache. Als Kronzeuge wird das Mitglied der IG-Metall-Ortsverwaltung, Ünsal Baser, zitiert, „dass die Zustimmung nah bei 100 Prozent liegen wird“. Ferner Dzenan Kurspahic, Sprecher des Gesamtbetriebsrates von Thyssenkrupp Steel: Kritische Stimmen in den sozialen Netzwerken „spiegeln nicht die Stimmung in der Belegschaft“.

Korespondenz

Dabei hatten die Kollegen 10 Prozent bis 15 Prozent für notwendig gehalten und die Kampfbereitschaft für die volle Durchsetzung der 8,2 Prozent auf zwölf Monate massenhaft bekräftigt. Gerade hatten sie begonnen, sich mit Warnstreiks und Torblockaden warm zu laufen und die Streikorganisation zum Einsatz der vollen gewerkschaftlichen Kampfkraft zu formieren, und dann sollte eine Woche später auf einmal gelten: „Niemand will bei diesem Ergebnis ernsthaft in einen Sreik“.

 

Bei unseren Gesprächen am Tor haben wir allerdings nur lauter „Niemands“ getroffen. Eine Kollegin meinte „Damit habe ich mich noch nicht befasst“, was zeigt, dass die Diskussion über das Verhandlungsergebnis noch nicht in aller Breite in der ganzen Belegschaft ausgetragen ist. Unsere Ansprache: „Jetzt das Heft in der Hand behalten“ orientierte darauf, das Eisen zu schmieden, so lange es heiß ist und dabei keine Zeit verstreichen zu lassen. „Auf jeden Fall ist mehr drin, sowohl bei der Tarifforderung, als auch beim Lohnnachschlag“, fand breite Zustimmung.

 

Der zweite Warnstreik hat deutlich Wirkung hinterlassen. Ein Kollege: „Thyssen hat schnell zugestimmt, weil sie für den Krieg produzieren müssen“. Über die Kollegenzeitung Stahlkocher waren andere über die Kriegsgewinne von Thyssen informiert. In verschiedenen Gesprächen untermauerten wir, dass die Situation günstig ist und die Belegschaften die Trümpfe in der Hand haben - in Verbindung mit dem wachsenden Widerstand gegen die Abwälzung der Kriegslasten, den Streiks an den Unikliniken und Häfen usw. Und nach der Tarifrunde geht der Kampf gegen den imperialistischen Krieg weiter.

 

Die Warnstreiks haben das Selbstbewusstsein deutlich gestärkt. So fehlten die sonst üblichen Bedenken „Ob das noch was bringt“ dieses Mal. Auch die heftigen Preissteigerungen müssten über den Tarifabschluss hinaus durch Lohnnachschlag beantwortet werden. Das ist breiter Konsens, auch wenn noch die Klarheit fehlt, „was muss ich jetzt tun“. Diese Fragen gilt es weiter auch mit Unterstützung durch das Know How der MLPD zu klären. Ein Kollege rief laut aus dem Auto: „Ihr seid Klasse! Ihr macht das Klasse!“