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Hetzkampagne gegen kritische Kunst auf der documenta 15

Schon seit Monaten läuft eine Schmutzkampagne gegen kritische Kunstansätze auf der documenta 15 in Kassel. Ohne jeden Beleg wurde von "antideutscher" Seite unterstellt, es drohten schlimmste antisemitische Exzesse. Mittlerweile wird von "Bild", AfD und "Antideutschen" eine geifernde Hetze betrieben: Die AfD will die documenta verbieten, die "Bild" fordert den Rücktritt von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne).

Korrespondenz / pw
Hetzkampagne gegen kritische Kunst auf der documenta 15
Hier der Stein des Anstoßes - teils unverhüllt kurz vor dem Abbau (rf-foto)

Eine Methode dabei ist, jedwede pointierte Kritik an der zionistischen Politik des imperialistischen Israel als "Antisemitismus" zu verunglimpfen.

 

Mittlerweile wurde eine große Plakatwand der indonesischen Protest- und Künstlergruppe Taring Padi offiziell abgehängt. Sie symbolisiert den antikolonialen Kampf gegen die verschiedensten Ausbeuter und Unterdrücker. Selbst die meisten bürgerlichen documenta-Freunde bezeichnen es pauschal als "antisemitisch".

Fast nirgends kommen sie selbst zu Wort. Sie erklärten nämlich:

„Die Banner-Installation People’s Justice (2002) ist Teil einer Kampagne gegen Militarismus und die Gewalt, die wir während der 32-jährigen Militärdiktatur Suhartos in Indonesien erlebt haben und deren Erbe, das sich bis heute auswirkt. Die Darstellung von Militärfiguren auf dem Banner ist Ausdruck dieser Erfahrungen. Alle auf dem Banner abgebildeten Figuren nehmen Bezug auf eine im politischen Kontext Indonesiens verbreitete Symbolik, z. B. für die korrupte Verwaltung, die militärischen Generäle und ihre Soldaten, die als Schwein, Hund und Ratte symbolisiert werden, um ein ausbeuterisches kapitalistisches System und militärische Gewalt zu kritisieren. (...)

(rf-foto)
(rf-foto)

Die Instalation People's Justice wird entfernt


Taring Padi ist ein progressives Kollektiv, das sich für die Unterstützung und den Respekt von Vielfalt einsetzt. Unsere Arbeiten enthalten keine Inhalte, die darauf abzielen, irgendwelche Bevölkerungsgruppen auf negative Weise darzustellen. Die Figuren, Zeichen, Karikaturen und andere visuellen Vokabeln in den Werken sind kulturspezifisch auf unsere eigenen Erfahrungen bezogen.


Die Ausstellung von People’s Justice auf dem Friedrichsplatz ist die erste Präsentation des Banners in einem europäischen und deutschen Kontext. Sie steht in keiner Weise mit Antisemitismus in Verbindung. Wir sind traurig darüber, dass Details dieses Banners anders verstanden werden, als ihr ursprünglicher Zweck. Wir entschuldigen uns für die in diesem Zusammenhang entstandenen Verletzungen. (...) Wir hoffen, dass dieses Denkmal nun der Ausgangspunkt für einen neuen Dialog sein kann“.

 

Von "Dialog" aber kaum eine Spur! Dabei wies einer der Bundessprecher der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschisten ( VVN-BdA), Ulrich Schneider (Kassel) darauf hin:

  1. "Ich bin Historiker und einer der Bundessprecher der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten, einer deutschen Organisation, die im Sinne des politischen Vermächtnisses der Überlebenden der Konzentrationslager und Haftstätten seit über 75 Jahren gegen jegliche Form faschistischer Ideologie, gegen Rassismus und damit auch Antisemitismus öffentlich auftritt. Man kann also sicher sein, dass ich mich in keinen Zusammenhang mit Antisemiten begeben würde.
  2. Die gegen das Künstlerkollektiv erhobenen 'Antisemitismus'-Vorwürfe entbehren m. E. jeglicher Grundlage. Sie beruhen auf einer bewussten Fehlinterpretation und einer selektiven Wahrnehmung, die nicht vom Faktischen ausgeht, sondern von den Bildern im Kopf der Kritisierenden.
    Wenn man das inkriminierte Bild betrachtet, kann mitnichten von einer 'antisemitischen Bildersprache' die Rede sein: Die kritisch hervorgehobene Figur mit Schweinegesicht und einem Helm, auf dem die Buchstaben Mossad zu lesen sind, ist Teil einer gleich gezeichneten ungefähr zwölf Personen umfassenden Gruppe, die eindeutig als ausführende Unterdrückungsorgane von Staaten zu erkennen sind. Niemand hat kritisiert, dass auf anderen Helmen die Kürzel '007' (als Synonym für den britischen Geheimdienst), 'KGB' (als Synonym für den belorussischen Geheimdienst) und – scheinbar – 'CIA' (als synonym für den amerikanischen Geheimdienst) zu lesen sind. Die Aufschrift 'Mossad' für den israelischen Geheimdienst soll nun aber eine „antisemitische Bildersprache“ sein.
  3. Damit zeigen diese Behauptungen deutlich, dass mit diesem Vorwurf pauschal jegliche Kritik an einer Institution des Staates Israel, die für die Durchsetzung staatlicher Interessen auch nichtgesetzeskonforme Maßnahmen einsetzt, als 'Antisemitismus' denunziert werden soll."

 

Die  Darstellung einer raffgierigen, wölfischen Person mit einem SS-Symbol am Hut kann sicherlich antisemtisch gedeutet werden bzw. Antisemitismus transportieren und auch in der bürgerlichen Gesellschaft Indonesiens gibt es seit der Kolonialzeit antisemitische Einflüsse. Zu diesem Bildausschnitt heißt es in einer Korrespondenz aus Kassel: "Tatsächlich muss ein solches Bild von einem Juden in Deutschland als antisemitisch empfunden werden und wir distanzieren uns von einer solchen Bildsprache. Nur ist es vollkommen unverhältnismäßig, dieses eine misslungene Teil eines Bilds der ganzen documenta zum Vorwurf zu machen. Damit soll deren kritischer Ansatz insgesamt in Misskredit gebracht werden. Der Vorwurf trifft noch nicht einmal auf das kritisierte Bild insgesamt zu. In Form von Schweinen mit Soldatenhelmen wird auf dem Bild v. a. die weltweite imperialistische Unterdrückung der Befreiungsbewegungen angegriffen, wofür die Unterdrückung der Palästinenser als ein Teil steht."

 

Die widerliche und offenkundige antisemtische Hetzdarstellung einer angeblichen "Judensau" an der Kirche in Wittenberg - sie kann hängen bleiben, sogar mit Segen des Bundesgerichtshofs. Klar, hier hielt ja Martin Luther seine antisemtischen Hetzpredigten! Hier wird eindeutig mit zweierlei Maß gemessen.

 

In der Korrespondenz heißt es weiter "Der documenta wird 'Hass' vorgeworfen und politische Zensur wird verlangt. Natürlich sind wir solidarisch mit den Opfern des Antisemitismus. Aber wer spricht in der bürgerlichen Presse von den Opfern des Zionismus oder der CIA? Wer spricht noch von den Zielen der Künstler der documenta? Die documenta tut gut daran, eine offene Debatte über die Antisemitismus-Vorwürfe und ihren Missbrauch zu führen. Kommt nach Kassel und macht euch selbst ein Bild!"