Hannes Wader wird heute 80 Jahre alt
„Ein Sozialismus müsste her/mit neuem Schwung und alledem…“
Es fällt auf, dass in praktisch allen Tageszeitungen anlässlich Hannes Waders 80. Geburtstag ein Artikel steht. Und zwar im wörtlichen Sinne: Es ist immer der gleiche Artikel, zuweilen etwas gekürzt - selbst im „Neuen Deutschland“. Hannes wird gelobt, aber warum? An einer Stelle wird als Kern seiner Bedeutung als Liedermacher festgestellt: „Sein berühmtes Lied ‚Heute hier, morgen dort‘ gab der Rastlosigkeit einer Generation Ausdruck, die sich dem statischen Gesellschaftsbild der Adenauer-Ära nicht mehr verbunden fühlte, nach neuen Horizonten suchte.“ Das stimmt, aber ihn darauf zu reduzieren wird ihm nicht gerecht.
Hannes Wader hat große Verdienste bei der Rettung fortschrittlicher und auch revolutionärer Lieder aus der Zeit des deutschen Bauernkrieges, der bürgerlichen Revolution nach einer Zeit, in der die Hitler-Faschisten das deutsche Liedgut vereinnahmt und mit faschistischen Texten versaut hatten. Hannes Wader grub Lieder aus, die gegen die adlige Unterdrückung, den Krieg, die Militarisierung, die Doppelmoral der „Pfaffen“ und für den Kampf standen. Große Verdienste hat er auch beim Ausgraben alter plattdeutscher Lieder.
1969 erscheint seine erste Schallplatte mit ausschließlich eigenen Kompositionen, die trotz des Medienboykotts zu wachsender Bekanntheit und Beliebtheit führt.
Insbesondere seine zahlreichen Solidaritätsauftritte für die kämpfende Arbeiterklasse, wie seine musikalische Unterstützung bei den großen Protesten und Aktionen in den 1980er-Jahren, dem Kampf gegen die Stationierung atomarer Mittelstreckenraketen und in der Anti-AKW-Bewegung verschaffen ihm großes Ansehen. Aus seiner Sympathie für den Sozialismus machte er nie einen Hehl.
Seine Lieder verbanden die Klarheit seiner Haltung immer mit einer großen poetischen Kraft. Er hat mehr als eine Generation von Liedermacher dazu angeregt, in diesem Sinne selbst aktiv zu werden.
1977 trat er in die DKP ein. Der Zusammenbruch des bürokratischen Kapitalismus in der ehemaligen Sowjetunion traf ihn schwer, denn für ihn war es die „Implosion der kommunistischen Welt, über zwölf Jahre meine weltanschauliche Heimat“.¹ Wie viele seiner Zeitgenossen hatte er den revisionistischen Verrat nicht durchschaut. 1991 kehrt er deshalb der DKP den Rücken und erklärt seinen Austritt. Im Unterschied zu etlichen ähnlich desillusionierten Künstlerkollegen kippt er jedoch nicht seine Grundeinstellung über Bord: „Meine sozialistischen Grundüberzeugungen bleiben im Kern unberührt...“² Und so machte er in diesem Sinne weiter.
Große Begeisterung gab es bei der Konzert-Tournee, die er zusammen mit Konstantin Wecker und Reinhard Mey zu seinem 60. Geburtstag gemacht hat und die auch als Live-Mitschnitte heute noch sehr hörenswert sind.
Als er bei dieser Tournee in Gelsenkirchen kurz und voller Zuversicht auf die Idee des Sozialismus einging, bekam er dafür von den etwa 3000 Zuhörern großen, begeisterten Beifall. Hannes Wader hat sich nie zu antikommunistischen Äußerungen hinreißen lassen. Er sah sich selbst immer auf der Seite der „Verdammten dieser Erde“. In einer Umdichtung von Freiligraths bekanntestem Lied „Trotz alledem“ singt er: „Ein Sozialismus müsste her/ mit neuem Schwung und alledem/ Denn wenn der wie der alte wär‘/ Würd’s wieder nichts, trotz alledem.“ In diesem Sinne und für viele schöne Lieder gratulieren wir Hannes Wader recht herzlich zum 80. Geburtstag.