Auch Solidaritätsstreik mit Saarlouis in der Diskussion

Auch Solidaritätsstreik mit Saarlouis in der Diskussion

"Brennende Themen" auf Betriebsversammlung bei Ford in Köln

Die erste Präsenz-Betriebsversammlung bei Ford in Köln nach der Corona-Zeit fand am gestrigen 23. Juni statt.

Von Korrespondenten aus Köln
"Brennende Themen" auf Betriebsversammlung bei Ford in Köln
Schon beim gemeinsamen Kampf um den Erhalt der Werke in Köln, Bordeaux und Genk war die Solidarität der Ford-Belegschaften untereinander groß (rf-foto)

Bei großer Hitze gab es auch brennende Themen zu klären. Teilweise wurde die gleichzeitig digital Übertragene Betriebsversammlung auch von zu Hause aus verfolgt. Ca. 1000 Kolleginnen und Kollegen fanden sich in der W-Halle ein und waren gespannt, was in Köln verkündet wird, nachdem am Tag vorher klar wurde: Saarlouis soll nach 2025 und dem Auslauf des Focus kein neues Modell bekommen - das bedeutet faktisch die Werksschließung. (Mehr dazu hier)

Ford verschärft die Ausbeutung in Spanien und vernichtet Arbeitsplätze in Saarlouis

Erstmals sprach der neue Vorsitzende Geschäftsführer, Martin Sander, der am 1. Juni von Audi kam. Er verkündete nochmals, dass Saarlouis kein neues Modell bekommt und stellte erst mal klar: Er könne ja nichts dafür, das sei ja vor seiner Zeit beschlossen worden. Ziemlich dreist, einen Job anzunehmen, aber nicht die Verantwortung zu tragen.

 

Er sagte, Ford würde alles versuchen, für so viele Kolleginnen und Kollegen wie möglich aus Saarlouis eine Zukunft zu schaffen. Was soll das bedeuteten?

  1. Wird Ford schauen, so viel Profit, wie möglich, aus den Kolleginnen und Kollegen zu pressen. „Interne Prozesse prüfen“, heißt: Mal sehen, wofür wir die Kolleginnen und Kollegen noch ausbeuten können.
  2. Verkauf an einen „seriösen“ Automobilhersteller: Das ist meist mit Vernichtung mit Arbeitsplätzen verbunden.
  3. Gespräche mit der Landesregierung des Saarlands führen, um vielleicht doch noch Subventionen abzupressen?!

 

Klar ist: Ford setzt gnadenlos seine Strategie um, schnellstmöglich ein reines E-Mobilitäts-Unternehmen mit Maximalprofit zu werden. Auf dem Weg dahin werden Tausende Arbeitsplätze und Werke vernichtet. Wie zuletzt in Brasilien (01/2021) und Indien (aktuell). Die Folgen der Strukturkrise auf Basis der Umstellung auf E-Mobilität wollen die Monopole voll auf die Arbeiterklasse und die Gesellschaft abwälzen.

Ein Offenbarungseid der Klassenzusammenarbeitspolitik

Der Betriebsratsvorsitzende von Köln, Benjamin Gruschka, hatte angeblich wirklich geglaubt, Saarlouis bekomme den Zuschlag. Er war sichtlich enttäuscht über den Ablauf und das Ergebnis des Bieterwettbewerbs. Sehr ausführlich erklärte er, was sie alles errechnet hätten und dass aufgrund ihrer Rechnung die Entscheidung zugunsten Saarlouis hätte fallen müssen. Ist sie aber nicht! Stattdessen hat Ford den Kolleginnen und Kollegen in Spanien Lohnkürzungen und längere Arbeitszeiten abgepresst, gespickt mit saftigen Subventionen der spanischen Regierung.

 

Trotzdem verteidigt er, es sei richtig gewesen, am „Bieterwettbewerb“ teilzunehmen. Jetzt sei „unsere Aufgabe als Betriebsrat“, Alternativen zu suchen, in gemeinsamen Arbeitsgruppen mit der Geschäftsleitung. Was sonst?

Kolleginnen und Kollegen in Köln sind solidarisch und fordern Solidaritätsstreik

Dazu sprachen viele Kolleginnen und Kollegen heute. Die Europabetriebsrätin, Katharina von Hebel, sagte: „Der Eurobetriebsrat war sich nicht einig, sonst hätte es diese Bieterwettbewerbe nicht gegeben, aber nur so kann man gemeinsam kämpfen“. Genau! Es wäre doch richtig gewesen, sich gar nicht auf diesen Wettbewerb einzulassen und den Kolleginnen und Kollegen zu empfehlen, zu streiken. Klar, der Betriebsrat kann keinen Streik ausrufen, auch nicht wenn es um eine Werkschließung geht. Aber die Kolleginnen und Kollegen können das!

 

„Glückwunsch an die Kollegen in Saarlouis, für die Blockade der Autobahnzufahrt mit 3500 Kollegen gestern“, eröffnete eine Kollegin ihren Redebeitrag. Wir haben hier auch eine A1 mit Auffahrten. Richtig wäre ein Solidaritätsstreik und ein gemeinsamer Kampf europaweit, den die Kollegen selbstständig organisieren müssen. Solange noch Autos gebaut werden, können wir kämpfen!

 

Das muss sich verbinden mit dem Kampf um Lohnnachschlag und der anstehenden Tarifrunde, forderten Kolleginnen und Kollegen. Wir brauchen eine kämpferische Tarifrunde, aber mit der richtigen Forderung! 7 bis 8 Prozent, wie es der IG-Metall-Vorsitzende Hofmann vorschlägt, reichen nicht aus. Die Kolleginnen und Kollegen fordern zwischen 10 und 20 Prozent. Genau richtig, da die Inflation für uns Arbeiter viel höher liegt, als die offiziellen Zahlen.  Und: Wir brauchen jetzt mehr Lohn! Eine Kollegin berichtete von einer Umfrage, bei der über 100 Kolleginnen und Kollegen im Schnitt 400 Euro brutto mehr im Monat als Forderung aufstellten. Das können wir nur selbständig erstreiken. Und die MLPD steht mit ihrem Know-how an unserer Seite.

Weltkriegsgefahr: "Brandgefährlich"

Mehrere Beiträge gingen auf die Gefahr eines Dritten Weltkriegs ein. Es wurde auf ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags verwiesen, das feststellt, dass die Ausbilderfunktion der Bundeswehr in Verbindung mit der Lieferung von Waffen als Kriegseintritt gewertet werden kann. Genau diese Ausbildung an der schweren "Panzerhaubitze 2000", die jetzt geliefert worden ist, läuft seit Mai. Eine brandgefährliche Entwicklung, die jeden Tag einen Dritten Weltkrieg lostreten kann.

 

In einem Beitrag wurde die wichtige Rolle der Arbeiter betont, die nicht im Stillhalten und Abwarten besteht, sondern in Widerstandsaktionen, wie in Italien und Griechenland. Das ist der richtige Weg, um diesen Krieg zu stoppen. Die Beiträge erhielten Applaus von den Kolleginnen und Kollegen.