Brief zur Pressemitteilung von Yener Sözen

Brief zur Pressemitteilung von Yener Sözen

Solidarität mit Özgül E.

Ich möchte Özgül E. meine volle Solidarität aussprechen.¹ Der menschenrechtswidrige Umgang mit ihr ist nur politisch motiviert zu verstehen. In vollem Bewusstsein, welche Schäden die Verweigerung von Zucker und Salz für die Gefangene bedeutet, frage ich mich welche Weltanschauung in den Köpfen der Verantwortlichen herrscht.

Von Ulrike Held, Psych. Psychotherapeutin, Tübingen

Schon die Anordnung der Untersuchungshaft „unter Isolationsbedingungen“ zeigt, dass für unseren ach so humanistischen Staat, auch unter der Ampel-Regierung, der in der Ukraine ja nur den Menschen helfen will, für Revolutionäre die Humanität am Gefängnistor aufhört.

 

So waren auch schon die zehn Angeklagten des TKP/ML- Prozesses in München in Isolationshaft – wegen ihrer revolutionären Gesinnung? Sie wurden ohne den Nachweis einer einzigen Straftat und ohne Nachweis einer Mitgliedschaft in der TKP/ML, die nur in der Türkei verboten ist, in Deutschland nach §219b verurteilt. Weil sie als Revolutionäre für eine Gesellschaft ohne Ausbeutung und Unterdrückung – für Sozialismus einstehen.

 

Wenn ich das jemanden erzählte, kam als Antwort: „Ja in der Türkei“. Ich dagegen: „Nein in Deutschland“. Kaum zu glauben aber wahr. Diese Art der Verurteilung ebenso wie die Isolationshaft passen zu einer faschistischen Weltanschauung und sind Ausdruck der Faschisierung des Staatsapparats. Isolationshaft ist weiße Folter. Weiße Folter bedeutet psychologische Folter. Sie hinterlässt keine äußeren Wunden auf dem Körper, aber psychische Schäden.

 

Sogar auf Wikipedia findet man diese Definition: „Eine ebenfalls übliche und bekannte Methode der Weißen Folter ist die sogenannte Isolationshaft, bei der das Opfer innerhalb eines Gefängnisses oder einer ähnlichen Einrichtung durch Methoden und Formen der sozialen Isolation und der sensorischen Deprivation weitgehend von sozialen Bedürfnissen (unter anderem zwischenmenschlicher Kommunikation. Information und emotionaler Zuwendung) und von substanziell notwendigen organisch-sensorischen Sinneseindrücken (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten) abgeschnitten (depriviert) wird. Sie bewirkt unter anderem erhebliche Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des vegetativen Nervensystems sowie der Wahrnehmung und der kognitiven Leistungsfähigkeit und zielt auf die Zerstörung des psychischen Gleichgewichts ab, um den Gefangenen zu einem Geständnis, zur Zusammenarbeit mit seinen Folterern zu zwingen oder ihn psychisch zu zerstören.“

 

So berichtete Banu Büyükavci, eine der zehn Gefangenen des TKP/ML-Prozesses, dass die anderen Gefangenen angewiesen wurden, sich umzudrehen, wenn sie vorbeigeführt wurde. Die vielen Solidaritätsbriefe von außen, die solidarischen Besucher des Prozesses, haben sie aufrecht erhalten. Nils Melzer (UN-Sonderberichtserstatter) spricht in seiner Rede vom 28. November 2019 in Berlin auf Anfrage der Fraktion der Linkspartei: „Psychologische Folter ist nicht ‚Folter Light‘. Psychologische Folter geht direkt auf die Persönlichkeit des Menschen und versucht, ihn ganz gezielt zu destabilisieren, indem man seine Umgebung willkürlich gestaltet, alles unvoraussehbar macht, ihn isoliert, ihn seiner sozialen Kontakte beraubt und aller Möglichkeiten eigentlich, die reine Menschenwürde zu erhalten.“²

 

In Zeiten der akuten Gefahr eines III. Weltkrieges öffnen sich immer mehr Menschen für eine revolutionäre Alternative. Mit dieser Misshandlung und den Gesinnungsparagraphen 129 a und b sollen Revolutionäre mundtot gemacht werden – heimlich hinter verschlossenen Türen. Sonst könnten ihre Ideen ja ansteckend sein.

 

Ich stehe für die sofortige Freilassung von Özgül E. Und für die Abschaffung des Gesinnungsparagraphen 129 a und b.