Mercedes-Luxus-Strategie

Mercedes-Luxus-Strategie

Kleine Produktion, aber feine Profite!

Am 19. Mai gab Mercedes-Chef Ola Källenius am Hotspot der Schickeria an der französischen Côte d’Azur, die Entscheidung des Vorstandes bekannt, die zukünftige Produktion und den Verkauf strikt auf Luxus-Modelle an Reiche und Superreiche auszurichten.

Von wb
Kleine Produktion, aber feine Profite!
(foto: Enslin (CC BY-SA 3.0))

Der Focus soll auf den als „Top-End Luxury“ bezeichneten Modellen von Maybach, AMG, sowie auf der S-Klasse liegen - den Goldeseln des Konzerns. Das heißt aber, dass Mercedes erheblich weniger Autos produzieren will! So hat der Vorstand das Aus von drei von sieben Kompaktfahrzeugen angekündigt. „Welche Modelle das sind“, so Källenius arrogant zur Presse und seinen „lieben Mitarbeitern“, „überlasse ich Ihrer Fantasie.“¹

 

Insider gehen fest davon aus, dass in zwei bis drei Jahren die normale Ausführung der A- und B-Klasse betroffen ist, die von der 6500-köpfigen Belegschaft in Rastatt und in Ungarn produziert wird.¹ Das würde sich natürlich auch auf die Motoren- und Aggregate-Produktion in anderen Werken auswirken, sowie auf die Arbeitsplätze bei den Zulieferern. Es ist deshalb völlig unverständlich und abzulehnen, wenn Mercedes-Gesamtbetriebsratschef Ergun Lümali die Luxus-Strategie unterstützt, weil damit „das Unternehmen deutlich profitabel wachsen“ kann. Doch sein Job ist, aus Verantwortung für die Arbeitsplätze der Arbeiter und ihrer Jugend den Kampf um Arbeitsplätze und Umweltschutz zu führen bzw. zu unterstützen.

 

Dieser Kampf steht auf der Tagesordnung. Denn bekanntlich will Mercedes bereits 2030 nur mehr Limousinen mit batterie-elektrischen Antrieben produzieren. Damit verspricht sich der Vorstand, ganz vorne in der Welt im Premium-PKW-Markt mit E-Mobilität und Digitalisierung zu fahren – auch weil er davon ausgeht, dass seine Kunden sich die sündhaft teuren Autos leisten können. Allerdings lässt er sich dabei offen, vollelektrisch zu sein, „wo immer es die Marktbedingungen zulassen“². Auch kritisieren Umweltverbände, dass die Luxus-Strategie zu mehr motorenstarken und schweren Limousinen führt. Källenius geht es also nicht um den Schutz der Umwelt, sondern um den Schutz der Maximalprofite.

 

So soll die kapitalistische Umstellung der Verbrenner- auf batterie-elektrische Autos und die damit verbundene sprunghaft höhere Produktivität der Profitmaxierung dienen – auf Kosten Zehntausender Arbeitsplätze. Das kann man am besten im Stamm- und Motorenwerk in Stuttgart-Untertürkheim sehen. Dort wurde vor kurzem mit großem Tamtam, im Beisein von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) die symbolische Grundsteinlegung für den E-Campus vorgenommen. Doch dieser besteht in der Montage von Batterien, einer geplanten Kleinserienproduktion von Lithium-Ionen-Batterien, Forschung und Entwicklung der Feststoffbatterie, Laboren und Prüfständen mit rund 400 Arbeitsplätzen.³ Auch zur Enttäuschung der Betriebsratsspitze gibt es bisher von Vorstand und Werkleitung keinerlei Zusage für eine Serienproduktion von Batterien oder E-Motoren, die als teilweiser Ausgleich für die geplante und z. T. bereits erfolgte Vernichtung von Arbeitsplätzen nötig wären.

 

Damit bestätigt sich die Kritik der MLPD-Betriebsgruppe an dem von Vorstand und IG-Metall- / Betriebsratsführung verbreiteten Betrug von einer sozialen und ökologischen Transformation. Die MLPD stellt die Belegschaft auf einen harten Kampf gegen die geplante Vernichtung von 4000 Arbeitsplätzen ein und arbeitet dazu auf konzernweite Streiks für die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich hin.

 

Während sich die Beschäftigten große Sorge um ihre Zukunft machen, zeigte sich die Börse sehr angetan von der Luxus-Strategie. Damit soll die Umsatzrendite „ab Mitte des Jahrzehnts auf rund 14 Prozent angehoben“¹ und der verschärfte Ausbeutungskurs „nachhaltig“ werden. Die Versechsfachung des offiziellen Gewinns im letzten Jahr hing auch damit zusammen, dass Daimler die Chipkrise für saftige Preiserhöhungen nutzen konnte. Dazu wurden die knappen Halbleiter v. a. in der S-Klasse eingebaut und die Arbeiter wurden zu Sonderschichten verdonnert. In anderen Bereichen gab es dagegen Kurzarbeit, die vom Steuerzahler und aus den Sozialkassen subventioniert wurde. So arbeite ein Krisengewinnler!

 

Experten befürchten aber, dass diese Rechnung nicht immer weiter aufgeht. Neben der Abhängigkeit von den Reichen u. a. wirtschaftliche Risiken, verweisen andere darauf, dass das Image von Mercedes in der Öffentlichkeit (noch mehr) leiden könne. Die größte Schwäche der Mercedes-Strategie ist jedoch, dass die meisten Beschäftigten diese Unternehmensstrategie ablehnen. Das könnte den Unmut über den Kurs des Vorstandes befeuern und ist wichtig für den Kampf um die Arbeitsplätze. Dieser gehört zum aktiven Widerstand gegen einen Dritten Weltkrieg und für einen Lohnnachschlag und eine offensive Tarifrunde, auf dessen Vorbereitung, Auslösung und Führung sich gerade die MLPD-Betriebsgruppen konzentrieren. Gerade der Kampf um einen Lohnnachschlag ist bedeutsam für die Klassenselbständigkeit der Arbeiter. Er muss mit selbständigen Streiks geführt werden - gerade in der jetzigen Situation bedeutet das, auch den Kriegskurs der Regierung ins Visier zu nehmen und gegen die ganze Verzichtspropaganda zu handeln. Die sprunghaft steigenden Preise, die Inflation - sie betreffen alle Arbeiterinnen und Arbeiter und die breiten Massen.