Pressekonferenz von ver.di am Klinikum Essen

Pressekonferenz von ver.di am Klinikum Essen

„Nicht unser Streik ist ein Skandal, sondern der Normalzustand der Pflege ist es!“

Begleitend zur zweiten Verhandlungsrunde hatte die streikführende Gewerkschaft ver.di zur Pressekonferenz ins Streikzelt vorm Haupteingang des Klinikums in Essen geladen. Sicherlich 150 streikende Kolleginnen und Kollegen waren dabei.

Korrespondenz
„Nicht unser Streik ist ein Skandal, sondern der Normalzustand der Pflege ist es!“
Pressekonferenz der Streikenden (rf-foto)

Medienvertreter von (mindestens) WAZ, WDR 2, taz, Radio Essen und Rote Fahne waren gekommen. Vorher wurde die Versammlung u. a. auf WDR 2 angekündigt. Großes Medieninteresse – zu Recht.

 

Warum die Kolleginnen und Kollegen seit Anfang des Jahres einen Tarifvertrag Entlastung fordern und seit mehr als zwanzig Tagen streiken, machten Kurzberichte aus verschiedenen Bereichen deutlich:

 

Paula Adam, Kinderkrankenschwester, Bereich Früh- und Krankgeborene: „Vier bis Fünf Patienten pro Tag können wir ordentlich versorgen. Es werden aber immer mehr. Neben den Kindern müssen wir uns auch um die Eltern kümmern können, die geschockt oder verunsichert sind. Ohne fachkundige Begleitung machen die Eltern Fehler zu Lasten der Kinder, und haben oft jahrelang mit den Folgen zu kämpfen.“

 

Rita Gottschling, Intensivpflegerin: „Ich möchte eigentlich bis zur Rente arbeiten, kann aber bald nicht mehr. Nach 100 Tagen Ultimatum und 16 Tagen Streik waren die Arbeitgeber überhaupt erst zu Verhandlungen bereit. Ohne Streik haben wir bisher nur leere Versprechungen gekriegt. Unser Streik ist Notwehr!“

 

Karolina Heitmann, Notaufnahme: „Wir haben eine Kraft für einen Schockpatienten, brauchen aber zwei! Eine Kraft in der Überwachung darf maximal zwei Patienten zu betreuen haben.“

 

Weitere Kolleginnen: „Ständig werden wir in der Freizeit und am Wochenende angerufen, dass wir einspringen müssen. Du kannst nichts mehr wirklich planen. Ich bin seit 40 Jahren im Beruf. Früher war Einspringen die Ausnahme, heute ist es die Regel.“

 

Entlastung und Aufstockung des Personals sind die Hauptforderungen. Sie wurden entsprechend den Bedingungen der unterschiedlichen Bereiche sehr konkret entwickelt, auch vernetzt mit den anderen Kliniken. Das ist ein bewusster Schritt zur Höherentwicklung des Streiks. Waren 2018 nur Düsseldorf und Essen beteiligt, sind es diesmal alle sechs Unikliniken in NRW.

 

Auch bundesweit gibt es Kontakte: „Dass unsere Forderungen machbar sind, haben die Beschäftigten der Charité bewiesen. Die haben das bereits erkämpft.“ Eine Delegierte der LVR-Kliniken überbringt unter Beifall solidarische Grüße. Auch sonst wird der Streik gut organisiert. Es gibt Delegierte aus allen Bereichen, die täglich den Stand der Auseinandersetzung ihren Kolleginnen und Kollegen berichten, und von diesen Anregungen und Infos an die Mitglieder der Tarifkommission im Streikzelt berichten. Gegen die Stimmungsmache vom „verantwortungslosen“ Streik werden Infostände und Flugblattaktionen in Fußgängerzonen und auf Wochenmärkten gemacht.

 

Die Streikbereitschaft ist nach wie vor hoch. Wegen des vereinbarten Notdienstes kann nur ein Teil hier sein. Die Personaldecke ist so dünn, dass gar nicht alle streiken können, die wollen. Die Stimmung im Zelt ist kämpferisch, ernst und entschlossen. Riesenbeifall für den Satz: „Wenn nötig, streiken wir noch wochenlang. Bis ein annehmbarer Vertrag unterschrieben ist.“

 

Die Gegenseite, Landesregierung und „Arbeitgeber“-Verband, verbreitet in den Medien, sie sei ja zu Zugeständnissen bereit, aber „der Markt“ gebe derzeit kaum weiteres Personal her. Warum das so ist, macht eine Umfrage deutlich, die ver.di unter den Auszubildenden gemacht hat: im ersten Ausbildungsjahr wollen noch alle im künftigen Beruf arbeiten. Im zweiten Jahr können sich das bereits 57 Prozent nicht mehr vorstellen – wegen der Arbeitsbedingungen, die sie bis dahin in den Abteilungen gesehen habe. Nur gesehen wohlgemerkt – die praktische Erfahrung können sie erst nach der Ausbildung vollständig machen. Die Arbeitsbedingungen müssen deutlich verbessert werden, das ist der Schlüssel.Jede Unterstützung des Streiks aus der Bevölkerung ist herzlich willkommen.