Präsidentschaftswahl in Kolumbien

Präsidentschaftswahl in Kolumbien

Große Mehrheit für linken Kandidaten

Bei den Präsidentschaftswahlen in Kolumbien am Sonntag gewann Gustavo Petro über 40 Prozent der Stimmen. Mehr als 8,5 Millionen Menschen stimmten für den Kandidaten des „Pacto histórico“, einem breiten linksgerichteten Bündnis. Auch die MODEP¹ gehört dazu, in der Aktivisten der internationalen kämpferischen Bergarbeiterbewegung und der Weltfrauenbewegung mitwirken.

Von dm
Große Mehrheit für linken Kandidaten
Bei einem Streiktag in Kolumbien im Jahr 2021 waren Millionen Menschen auf der Straße (foto: TUT Kolumbien)

Eine krachende Niederlage bekam der Kandidat aus dem Lager des faschistoiden derzeitigen Präsidenten Ivan Duque, der wiederum ein Zögling des ehemaligen Präsidenten Uribe ist. Das ist ein Einschnitt in der Geschichte des Landes, das seit jeher nur von rechten bis faschistischen Präsidenten regiert wurde.

 

Die breiten Massen der Arbeiterinnen, Arbeiter und der Bevölkerung feierten den Wahlerfolg, tanzten und sangen auf den Straßen. Besonders beliebt ist die mit Petro für das Amt der Vizepräsidentin angetretene Francia Marquéz, eine kämpferische Frau aus dem Volk. „Francia“, wie die Leute sagen, ist Afroamerikanerin, war Hausangestellte und ist Aktivistin - besonders für Umwelt und Frauenrechte.

 

Sie erhielt in mehreren Regionen sogar über 50 Prozent - ein Schock für die extrem rassistisch, antikommunistisch und frauenfeindlich geprägten herrschenden bürgerlichen Kreise. Gustavo Petro und Francia Marquéz gewannen die Wahl trotz infamen Hetzkampagnen, Morddrohungen und Anschlägen. Pläne eines Putsches und zur Aussetzung der Wahlen wurden bekannt, aber offenbar war es den Herrschenden zu riskant, denn die Massen hätten das nicht geduldet.

 

Doch noch ist Petro nicht Präsident: Er muss am 19. Juni bei einer Stichwahl gegen den Zweitplazierten antreten: Rodolfo Hernandez, ein 77-jähriger Bauunternehmer, der unerwartet 5,9 Millionen Stimmen und 28 Prozent bekam. Er wettert gegen Korruption und die verhasste „Elite“ und sammelte Stimmen mit einem unkonventionellen Wahlkampf als „Tik-Tok-Väterchen“ ohne Partei und Programm. Seine Wahl sei ein Sieg „der Arbeit und Ehrlichkeit“ behauptet er. Dabei läuft gegen ihn selbst ein Verfahren wegen Korruptionsverdacht! Als Multimillionär gehört er zwar nicht zu den traditionellen elitären Grundbesitzer- und Bankiersfamilien, aber noch weniger zur Masse der Arbeiter, Bauern und der 40 Prozent der Bevölkerung, die unter der Armutsgrenze leben müssen.

 

Er ist eine schillernde Gestalt, dabei weltanschaulich äußerst reaktionär, manche nennen ihn den „Trump von Kolumbien“. Daher ist es kein Wunder, dass der ultrarechte Wahlverlierer, „Fico“ Gutierrez, für den zweiten Wahlgang sofort die Unterstützung von Hernández erklärte, um Kolumbien „vor dem Sozialismus zu retten“. Es wird eine enorme Zuspitzung bis zur Stichwahl am 19. Juni geben, auch ein Putsch ist nicht auszuschließen. Entspannter sehen zumindest die in Deutschland ansässigen internationalen Monopole eine möglichen Sieg der „Linken“: „Petro will lediglich Umweltschutz und Wirtschaftswachstum in Einklang bringen“ beruhigt das Handelsblatt (25.5.22).

 

In der Tat wird der Sozialismus in Kolumbien noch ein wenig auf sich warten lassen – und er wird sicher nicht durch Wahlen errungen werden: Gustavo Petro ist kein Revolutionär, er will das kapitalistische System nicht stürzen, sondern reformieren. „Wenn die Probleme ungelöst bleiben, dann geht unser Protest weiter“, sagt ein Jugendlicher, der bei Streiks und Straßenkämpfen aktiv war als 2021 eine revolutionäre Gärung entstand. Eine grundlegende gesellschaftliche Veränderung wird in Kolumbien nicht durch Wahlen, sondern durch den Kampf der Arbeiter und Volksmassen entschieden - und er wird nur mit einer sozialistischen Revolution erfolgreich sein. Die Unterstützung der Kandidatur von Petro durch die ICOR²-Partei PCC-M³ schließt die Kritik ein, dass er einen konsequenten antiimperialistischen Standpunkt vermissen lässt. So positioniert er sich auch weder gegen den Angriffskrieg des neuimperialistischen Russland auf die Ukraine, noch gegen die Vorbereitung eines III. Weltkriegs durch die imperialistische NATO. Ein Wahlsieg des „Pacto Histórico“ mit dem Präsidentschaftskandidaten Gustavo Petro und Francia Marquéz ist dennoch ein Schlag der Arbeiter- und Volksbewegung gegen Faschismus und Reaktion und erweitert die Möglichkeiten der fortschrittlichen, antiimperialistischen und revolutionären Kräfte.