Destabilisierung des imperialistischen Weltsystems
Sprunghafte Verschärfung der internationalen Verschuldungskrise
Weltweit klafft das Verhältnis von Schuldenentwicklung und Wirtschaftsleistung immer weiter auseinander. Die globale Verschuldung (Schulden von Staaten, Monopolen und privaten Haushalten) belief sich 2018 auf annähernd 250 Billionen Dollar.
Sie stieg 2021 auf ein neues Rekordhoch von 303 Billionen US-Dollar („Global debt Monitor“, 23.2.22). Das ist doppelt so hoch wie 2011 und mehr als das Vierfache der aktuellen globalen Wirtschaftsleistung.
Noch nie war dabei die Staatsverschuldung in der Welt so hoch wie jetzt. Seit Ausbruch der Weltwirtschaftskrise Mitte 2018 ist sie um fast ein Drittel gestiegen – von 49 auf über 65 Billionen Dollar. Laut dem „Sovereign Dept Index“ der Vermögensverwaltung Janus Henderson wird sie 2022 noch einmal um 9,5 Prozent auf 71,6 Billionen Dollar ansteigen. Fast alle Länder dürften der Prognose zufolge weitere Kredite aufnehmen, vor allem aber die Vereinigten Staaten, Japan und China.
Die Verschuldung eines Staates umfasst die jährliche Schuldenaufnahme und die vorhandenen Schulden früherer Jahre. Sie entsteht dadurch, dass sich der Staat bei Banken Geld leiht. Außerdem verkauft er Staatsanleihen - in den fast vier Jahren der aktuellen Weltwirtschafts- und finanzkrise vor allem an Zentralbanken, die (zusätzlich zu den massenhaften Krediten an Banken und Unternhemen für Niedrigstzinsen) dafür in riesigen Mengen neues Geld geschaffen haben.
Die USA haben mit 30,5 Billionen Dollar die absolut höchste Staatsverschuldung. Japan hat unter den imperialistischen Ländern im Verhältnis zu seinem Bruttoinlandsprodukt die höchste Schuldenquote mit über 250 Prozent. China hat sich 2021 um über 20 Prozent oder um 650 Milliarden Dollar am stärksten neu verschuldet. In Deutschland betrug die Staatsverschuldung zum Ende des Jahres 2,3 Billionen Euro. Ende 2018 waren es noch „nur“ 1,8 Billionen. 2022 sollen 140 Milliarden neue Schulden dazu kommen (ohne das „Sondervermögen“ für die geplante Aufrüstung). Diese Staatsverschuldungen sind nur durch rigorose Abwälzung der Krisenlasten auf die breite Masse der Bevölkerung abzutragen – durch Einstampfen sozialer Leistungen, durch die Entwertung der Schulden mittels einer Hyperinflation, durch Währungsreformen - oder aber durch die gewaltsame Eroberung der Weltmarktanteile konkurrierender imperialistischer Länder - unter Inkaufnahme eines Weltkriegs.
Besonders die Verschuldungkrise der neu-imperialistischen und der neokolonial abhängigen Länder hat sich weiter dramatisch vertieft. Die Organisation „Erlassjahr“ stellt in ihrem neuen Bericht fest: 135 von 148 Staaten im Globalen Süden sind kritisch verschuldet. Die neuimperialistischen Länder (ohne China) haben im Jahr 2021 mehr als 230 Mrd. Dollar an neuen Schulden aufgenommen – mehr als das Dreifache des Jahres 2020. Besonders kritisch verschuldet sind 39 Länder, mehr als dreimal so viele wie noch 2019, darunter auch einige neuimperialistische Länder wie Argentinien und die Türkei.
83 Staaten verschafften sich 2021 flüssige Geldmittel für den Schuldendienst, indem sie öffentliche Ausgaben zusammenstrichen, die sie eigentlich dringend zur Bekämpfung von Hunger, für Impfungen gegen Covid-19 und für Maßnahmen gegen die in den meisten neokolonial abhängigen Länder immer verheerender wütende Klimakrise gebraucht hätten. Und weitere Kürzungen sind schon jetzt bis 2026 geplant. Als die Weltwirtschaftskrise Mitte 2018 begann, lebte schon fast die Hälfte der Menschheit – 3 Milliarden Menschen – unterhalb der von der Weltbank definierten erweiterten Armutsgrenze von 5,50 Dollar pro Tag. Heute sind es durch die weltweite Abwälzung der Krisenlasten auf den Rücken der Massen durch die Regierungen 3,4 Milliarden. (oxfam_factsheet_gewaltige_ungleichheit.pdf)
Die acht größten Nahrungsmittel- und Getränkemonopole zahlten allein seit Januar über 18 Milliarden Dollar Dividenden aus. Das ist zehnmal mehr als der Betrag, der benötigt würde, um weltweit den Hunger zu bekämpfen. In weiten Teilen Afrikas drohen schwere Hungersnöte. Mehr als ein Viertel der Bevölkerung, knapp 350 Millionen Menschen, sei von einer "alarmierenden Hungersituation" betroffen, die sich in den kommenden Monaten noch zuspitzen könnte, warnte das Internationale Komitee des Roten Kreuz (IKRK). Die Herrschenden fürchten daher, dass es „2022 zu Unruhen, Protesten und Aufständen in größerem Umfang kommen“ könnte.
Außerdem geht unter ihnen die Angst vor einer neuen Welle von Staatsbankrotten um. Bisher ist es aufgrund massiver Intervention durch Hilfskredite zur Umschuldung bzw. durch Zahlungsmoratorien (Aufschübe) u.a. durch die Weltbank noch nicht zu einer Welle von Staatspleiten gekommen. „Die Annahme, dass eine globale Schuldenkrise abgewendet werden konnte, ist jedoch trügerisch. … langfristig wurden die Probleme jedoch lediglich in die Zukunft verschoben......“. (220325 SchuldenReport22-erlassjahr online.pdf) Erst vor kurzem stellte Sri Lanka seine Schuldenzahlungen ein. An den internationalen Finanzmärkten wird ein Domino-Effekt befürchtet. Zumal die tat-sächliche Schuldenprobleme vieler Länder unbekannt sind. Denn der enorm angewachsene Anteil an Krediten aus China ist aufgrund von Geheimhaltungsklauseln weder nach seinem Gesamtumfang, noch nach seinen Rückzahlungsvereinbarungen überprüfbar. Bekannt ist aber, dass China immer mehr Umschuldungen vornimmt, was untrügliche Krisenmerkmale sind.
Der Gegensatz zwischen langsamem Wachstum bzw. Rückgang der Industrieproduktion und des BIP und dem wie nie zuvor anwachsenden Schuldenberg kann sich leicht in einer massiven Vertiefung der globalen Finanzkrise entladen. Die weltweite Schuldenkrise ist also Teil der wirtschaftlichen, politischen, militärischen und ökologischen Weltkrise – und trägt zur beschleunigten Destabilisierung des imperialistischen Weltsystem bei.