Ungarn

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Orban und die deutschen Automonopole

Gerne umgeben sich Politiker von EU und BRD mit der Aura der Besorgnis um den Zustand von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Ungarn, wo am Sonntag Parlamentswahlen stattfinden. Auf einer Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung in Budapest 2018 sagte Orban: "Die Deutschen und auch die anderen Mitgliedstaaten verdienen schön an uns, es lohnt sich weder für sie noch für uns, sich zu beklagen."

Korrespondenz aus Ingolstadt

Bei deutschen Automonopolen und ihren Zulieferern schaffen die Arbeiter gut 10% des ungarischen Bruttoinlandprodukts und ein Fünftel der Exporte. Mercedes produziert in Kecskemet Fahrzeuge der A-Klasse mit 4 700 Beschäftigten und ungefähr der gleichen Anzahl bei Zulieferern. BMW baut ein Werk für Elektrofahrzeuge. In Györ produziert Audi. Györ ist eines der größten Motorenwerke Europas.

Was macht Ungarn so attraktiv

  • Es gibt wie in anderen Staaten Mittelosteuropas eine industrielle Tradition und eine gut ausgebildete Arbeiterklasse.
  • Niedrige Löhne, die nach Gewerkschaftsangaben z. T. nur ein Viertel der Löhne in der BRD betragen.
  • Eine „besonders aktive und klare Standortstrategie“, die Orban laut einem Konzernvertreter betreibt. Ungarn lockt mit niedrigen Steuersätzen und massiven Subventionen. Bis 2020 gab es 230 Millionen Euro allein an Direktsubventionen für die deutschenAutomonopole (laut Investigativportal Direkt 36).
  • BMW gibt als Vorteil auch die Nähe zur Ukraine an, wo die Löhne noch viel niedriger sind, und viele Zulieferer sitzen. Etwas zynisch in der jetzigen Lage, aber das gehört zum Geschäft.
  • Anlässlich der Produktionseinbrüche 2020 gab es kräftig zusätzliche Extrasubventionen. Bei einem Besuch in Györ im Juni 2020 erklärte Orban, man werde diese Krise nicht einfach nur überstehen, sondern gestärkt daraus hervorgehen. Der Vorstandsvorsitzende von Audi Hungaria, Alfons Dintner, lobte „das Engagement der ungarischen Regierung, die mit zahlreichen Konjunkturmaßnahmen aktiv die Wiederbelebung und den Neuanlauf der Wirtschaft vorantreibt.“
  • Eine extrem reaktionäre und arbeiterfeindliche Verschlechterung des Arbeitsrechtes. Per Dekret legte die Regierung fest, dass die Betriebe die Beschäftigten einfach in unbezahlten Urlaub schicken können, was in den Stammbetrieben der deutschen Konzerne vorerst wohl noch nicht umgesetzt wurde. Mit dem sogenannten Sklavengesetz können Betriebe einfach Überstunden anordnen und die Arbeitszeit weitergehend flexibilisieren. Es ist ein offenes Geheimnis, dass deutsche Automonopole maßgeblich daran beteiligt waren, dass dieses Gesetz erlassen wurde.

Erfolgreicher Streik der ungarischen Audi-Arbeiter strahlte aus

Im gegenwärtigen Wahlkampf konkurrieren Orban und die Sozialdemokratie darum, wer der besste Dienstleister der Monopole ist. Orban behauptet, die Opposition wolle die Autokonzerne vertreiben. Die Sozialdemokratie brüstet sich damit, bei der Eröffnung des Werks in Györ dort den Bürgermeister gestellt zu haben. Es ist die Arbeiterklasse, die ihnen einen Strich durch die Rechnung machen kann. 2019 setzten in Györ tausende Audi-Beschäftigte mit ihrem Streik erfolgreich ihre Forderung nach einer 18%-igen Lohnerhöhung durch. Auch in Ingolstadt kamen die Bänder wegen fehlender Motoren zum Stehen. Dieser Kampf stieß international auf breite Solidarität.