Buchtipp

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„Sturmvögel“: "Der neue Tag wird zeigen, wer wen zu fürchten hat“...

„Der neue Tag wird zeigen, wer wen zu fürchten hat“, so beschreibt treffend „Sturmvögel“ den Vorabend des 4. November, an dem sich der erste Arbeiter- und Soldatenrat von Kiel konstituierte. Paul Herbert Freyers Buch enthält Erlebnisberichte von Akteuren der Novemberrevolution und ist daher sehr lesenswert! Die Mischung aus Roman, Tatsachenbericht, Reportage und Dokumentation gibt einen ergreifenden Einblick in die Vorbereitung und Durchführung der Novemberrevolution 1918 – man erlebt mit Gänsehautgarantie Entscheidungsmomente.

Von usch

Die bürgerliche Propaganda legt nahe, Revolutionen seien putschartige Einzelereignisse gegen die Massen. Das Buch beweist entlang der tatsächlichen Ereignisse, wie sich in Deutschland ein Prozess einer akut revolutionären Situation zwischen Oktober 1918 bis Januar 1919 herausbildete und dass dem viele Vorgefechte als Schule vorangingen. Dabei war die russische Oktoberrevolution 1917 den vom Ersten Weltkrieg gebeutelten und hungernden Matrosen, Arbeitern und Soldaten in Deutschland Orientierung.

 

Bekanntlich ist der Ausgangspunkt der Novemberrevolution die organisierte Meuterei der revolutionären Matrosen auf der Hochseeflotte, die in Kiel, Wilhelmshaven und Cuxhaven vor Anker lag. Wie gelang dies? Das Buch macht das begreiflich: „...in der Besatzung der Hochseeflotte konzentrierte sich auf engstem Raum ein relativ großer Anteil hochqualifizierter, klassenbewusster Facharbeiter“ (S. 50), die organisiertes Handeln gelernt hatten. Und sie konnten sich der Kommunikationsmittel der modernen Seefahrt bedienen. Ihre Führer waren Kommunisten wie Alfred Meurer. Als dem deutschen Imperialismus klar wurde, dass der Krieg bereits aussichtslos verloren war, wollten sie ihre Flotte noch gegen die Engländer schicken. Der Befehl zum Ankerlichten war der Moment des Aufstands: Die Matrosen und Heizer weigerten sich als Kanonenfutter verheizt zu werden. Durch den Wechsel zwischen nüchterner Dokumentation des Kriegsverlaufs und Miterleben mit den Genossen, wie sie mutig und gut organisiert die Übernahme der Macht auf der kaiserlichen Hochseeflotte vorbereiteten, entsteht ein mitreißender Spannungsbogen. Das Buch verfolgt die Spur der revolutionären Anführer bis in die Reichshauptstadt Berlin.

 

Schonungslos wird die Verschlagenheit der Opportunisten in der Führung der SPD bloßgelegt und ihre schändliche Rolle als Verräter an der Revolution. Das Buch ist ein Schlag gegen die Geschichtslügen des Antikommunismus und Reformismus. Die Novemberrevolution erkämpfte das Ende des Ersten Weltkriegs, den Achtstundentag, das Frauenwahlrecht, das Recht, Betriebsräte zu gründen und mehr. „In ihrer Mehrheit erstrebten die Arbeiter, Soldaten, Matrosen und die anderen Werktätigen eine reale Macht in ihren Händen. Aber der Kampf um eine sozialistische Ordnung erforderte auch eine höhere Bewusstheit und Organisiertheit.“ (S. 281) Immer wieder wird das Fehlen der revolutionären Kampfpartei genannt, doch den Fehler der verspäteten Gründung der KPD kritisiert der Autor nicht mit der notwendigen Konsequenz. Als Leser wird einem die Errungenschaft mit der MLPD, als einer unter den Massen verankerten und in Theorie und Praxis gefestigten Kampfpartei der Arbeiterklasse mit langjähriger Erfahrung sehr deutlich.

 

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