Betrieb und Gewerkschaft
Arbeitslose Automobilarbeiter in der Ukraine brauchen ihren Lohn – und unsere Solidarität
Produktionsstillstände bei VW, Mercedes oder BMW wegen fehlender Kabelbäume haben es in die Öffentlichkeit gebracht:
„Die Ukraine hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten zu einem wichtigen Produktionsstandort von Autozulieferern entwickelt.“ [1]
22 ausländische Unternehmen der Automobilindustrie haben seit 1998 mehr als 500 Millionen in Produktionsanlagen investiert. Rund 60 .000 Beschäftigte produzieren in 38 Werken Kabelbäume, Teile für die Autoelektronik, Sitze, Heizungen, Anlasser u.a.m.. Bekannte Zulieferer sind Leoni, Prettl, Aptiv, Sebn, Nexans und Kromberg&Schubert. Neben staatlichen Subventionen für neue Werke sind es die Lohnkosten, die laut der Agentur ukrainischen Investmentagentur „um das 2,6-Fache unter denen von China“1 liegen.
Während internationale Zulieferkonzerne wie Leoni die Werke stilllegten und fieberhaft versuchen, den Ausfall aus anderen Standorten der Welt wettzumachen, versuchen andere mit „angepasster Fahrweise“ weiter produzieren zu lassen. Sie können dabei nutzen, dass die Kolleginnen und Kollegen nicht nur Angst um ihr Leben haben, sondern auch Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes. So zitiert die Stuttgarter Zeitung den Sprecher eines Zulieferers: „Viele (Beschäftige würden) lieber arbeiten gehen, als zu Hause ohnmächtig auf den nächsten Fliegeralarm zu warten. Es verbindet sich damit auch die Hoffnung, dass die Firmen ihre Produktion nicht dauerhaft in andere Länder verlagern und Arbeitsplätze wie Einkommen erhalten bleiben.“
„Mit einem Foto in den ukrainischen Farben und dem Slogan 'Leoni – We stand together' zeigt (das Unternehmen) aktuell seine Solidarität mit den rund 7000 Beschäftigten im Kriegsgebiet“ [2], die jetzt ohne Arbeit sind. Echt solidarisch wäre es, wenn die Arbeiter den Lohn weiter bezahlt bekommen. Doch das müssen die ukrainischen und russischen Kollegen, die von Bosch oder Mercedes nach Hause geschickt wurden, mit Unterstützung der Automobilarbeiter in Deutschland durchsetzen.
So hat auf der Online-Betriebsversammlung bei Mercedes Untertürkheim ein Kollege den Konzernvorstand angegriffen, weil er die Arbeiter im Werk in der Nähe von Moskau faktisch fristlos entlassen hat. Die Weiterbezahlung des Lohns der über 1000 Beschäftigten muss auf der bevorstehenden Vertrauensleute-Vollversammlung zur Forderung und zum Kampf der IG Metall werden.
[1] www.stuttgarter-zeitung.de 20.3.22
[2] www.merkur.de 8.3.22