Sprit- und Rohölpreise

Sprit- und Rohölpreise

Putin schuld an explodierenden Preisen?

An den Zapfsäulen bleiben die Spritpreise auf Rekordhöhen über 2 Euro pro Liter. Und das, obwohl der Rohölpreis in den letzten Tagen wieder auf den Stand vor dem Ukrainekrieg gesunken ist. Sowohl die Sorte Brent als auch WTI sanken an den Börsen um 8,71 beziehungsweise 8,23 Prozent gegenüber dem Höchststand Anfang März.

Von ms
Putin schuld an explodierenden Preisen?
Aktuelle Spritpreise in Gelsenkirchen (Foto: RF)

Dabei wurden die steigenden Benzin- und Dieselpreise die ganze Zeit mit den ebenfalls gestiegenen Rohölpreisen begründet. Nur umgekehrt scheint das nicht zu gelten. Tatsächlich macht der Anteil des Rohölpreises auch nur einen verhältnismäßig geringen Prozentsatz von 20 bis 30 Prozent am Endpreis der Kraftstoffe aus.1

 

Jetzt heißt es, die russische Aggression in der Ukraine und Wladimir Putin persönlich seien Schuld daran, dass die Spritpreise an den Tankstellen trotzdem nicht sinken. Alexander von Gersdorff, Sprecher des Mineralölwirtschaftsverbands, begründet das so: "Die Produktmärkte haben sich weitgehend vom Ölpreis abgekoppelt."2 Derzeit steige aufgrund des Kriegs in der Ukraine die Nachfrage nach Kraftstoff.

 

Kein Wort davon, dass vor allem die Monopolprofite steigen, wenn gleichzeitig das Rohöl billiger wird. Die Mineralkonzerne sind es, die seit langem gemeinsam Monopolpreise diktieren - ganz ungeachtet der jeweiligen Entwicklung von Angebot und Nachfrage. Wie es ihnen beliebt, "koppeln" sie dazu die Spritpreise an die Rohölpreise oder "koppeln" sie eben "wieder ab". Jürgen Albrecht, Kraftstoffmarkt-Experte beim ADAC: "Die Mineralölkonzerne verdienen im Raffineriegeschäft derzeit richtig gutes Geld."3

5,5 Milliarden Staatsgelder für Energiekonzerne

Genauso wie die Erdgaskonzerne, die die Gaspreise und damit die Heizkosten zweistellig in die Höhe treiben. Und genauso wie die Nahrungsmittelindustrie und viele andere. So beginnen jetzt schon die Brotpreise zu steigen, obwohl in Deutschland überhaupt kein Getreide aus der Ukraine in der Brotproduktion verarbeitet wird.

 

Und gerade diese Konzerne werden vom Staat zusätzlich mit Milliardensummen subventioniert. So haben nach Uniper zwei weitere große Gasimporteure, unter anderem Verbundnetz Gas (VNG), bei der staatlichen KfW4 Milliardenkredite beantragt. Sie belaufen sich in der Summe auf 5,5 Milliarden Euro.5

Ablenkung von Hauptverantwortlichen

Gerechtfertigt werden die höheren Gaspreise unter anderem mit Überlegungen, russisches Erdgas zu boykottieren, damit das Putin-Regime "nicht weiterhin täglich Hunderte Millionen Euro für seinen Angriffskrieg bekommt".6 Aber erstens liefert Russland bis jetzt ohne Abstriche weiterhin Gas nach Deutschland und zweitens wird damit vollständig von den Hauptverantwortlichen - den Gaskonzernen, Spekulanten und der staatlichen Preistreiberei - abgelenkt. Außerdem wird ein solch aggressiver Akt - wie schon die bisherigen Wirtschaftssanktionen - den Krieg weiter eskalieren, statt Putin aufzuhalten.

 

Noch hat die Propaganda vom "Verzicht für die Ukraine" eine dämpfende Wirkung. Die Regierung befürchtet zu Recht, dass die Stimmung kippen könnte, wenn die Preisexplosion so weiter geht. Am Samstag organisierten bereits 500 aufgebrachte Spediteure und Lkw-Fahrer eine Demonstration in Köln. Gestern wollten sie Autobahnen blockieren, wurden von der Polizei aber im Vorfeld ultimativ aufgefordert, das zu unterlassen. Stattdessen fuhren sie mit einem ohrenbetäubendem Hupkonzert durch die Kölner Innenstadt.

Für imperialistische Kriege auf keinen Cent verzichten

Warum sollen wir für die Kosten des militärischen und Wirtschaftskriegs aufkommen? Die Arbeiter und breiten Massen müssen dem Krieg genauso eine Absage erteilen wie dem Versuch der Abwälzung der Krisen- und Kriegslasten auf ihren Rücken.

 

Der von der Regierung beschlossene verdoppelte Heizkostenzuschuss für Geringverdiener ist jedoch ein Tropfen auf den heißen Stein und kommt nur einem kleinen Teil der Massen zugute. Finanzminister Christian Lindner (FDP) will jetzt einen staatlichen Zuschuss von 40 Cent pro Liter auf drei Monate befristet auszahlen, um mit diesem "Tankrabatt ... bei unter zwei Euro je Liter Diesel und Benzin" zu landen7.

 

Real unterstützt Lindner mit dieser Maßnahme die Preistreiberei im Interesse der Profite, indem er ihr nichts entgegensetzt, sondern sie abfedert. Auch das nur zeitweise und nur für einen Teil der Leute. Was ist mit den Pendlern, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind? Was mit den Hartz-IV-Empfängern, die sich kein Auto leisten können? Die für den "Tankrabatt" vorgesehenen rund 6 Milliarden Euro sind nur ein Bruchteil dessen, was der Staat durch die Preisexplosion zusätzlich einnimmt.

Indirekte Steuern abschaffen!

Der Steueranteil am Benzinpreis liegt derzeit bei rund 50 Prozent. Rund ein Euro von gegenwärtig über 2 Euro Benzinkosten fließt über Mehrwertsteuer, Energie- oder Mineralöl- (Ökosteuer) sowie den Beitrag an den Erdölbevorratungsverband in die Staatskasse. Diese Einnahmen werden unter anderem in die massive Aufrüstung der Bundeswehr gesteckt und kommen auf diesem Weg, vor allem aber über gigantische Subventionen, wiederum den internationalen Monopolen zugute.

 

Lindner reagiert mit seinem "Tankrabatt" auf eine wachsende Diskussion über notwendige Forderungen an die Regierung. Die MLPD fordert seit Jahren die Abschaffung der besonders unsozialen indirekten Steuern, die über die Preise erhoben werden und jetzt schon 40 Prozent aller Steuereinnahmen ausmachen. Sie fordert darüberhinaus eine Senkung der Massensteuern und eine drastisch progressive Besteuerung von Großunternehmen, Großverdienern und großen Vermögen.

 

Notwendig ist in dieser Situation zugleich ein offensiver Kampf für höhere Löhne - und dort, wo den Gewerkschaften zwischen den Tarifrunden die Hände gebunden sind - auch ein selbständiger Kampf für Lohnnachschlag. Das erfordert in der heutigen Situation, sich gleichzeitig klar gegen den imperialistischen Ukrainekrieg zu positionieren.