Wirtschaftskrieg

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Drohende verschärfte Hungersnot

Der "WDR" warnt am 14. März: „Wegen des Angriffs Russlands auf die Ukraine droht eine Hungersnot - nicht nur im Kriegsgebiet sondern weltweit. Denn die beiden Kriegsparteien sind auch wichtige Getreide-Produzenten.“

Von Usch
Drohende verschärfte Hungersnot
Was geschieht mit den Getreidefeldern in der Ukraine? (Foto: piqsels.com / Public Domain)

Fakt ist: Viele Länder, besonders ärmere, importieren einen Großteil ihrer Nahrungsmittel, viele gerade auch Getreide aus Russland und der Ukraine. Vor dort kommen laut dem Leiter des Zentrums für Entwicklungsforschung (ZEF) an der Uni Bonn etwa ein Drittel des weltweit gehandelten Weizens, ein Fünftel des Mais und drei Viertel des Sonnenblumenöls. Sie exportieren insbesondere nach Nordafrika, in den Nahen und Mittleren Osten, etwa nach Ägypten und Libyen. Libanon importiert sogar 90 Prozent seines Weizens aus den beiden Ländern. Die Weizenreserve dort reiche nur noch für etwa sechs Wochen. Auch Somalia, Tschad, Madagaskar, Haiti, Bangladesch oder Syrien wären betroffen. In Syrien herrscht seit elf Jahren Krieg, neun von zehn Syrern leben unterhalb der Armutsgrenze und die Weizenlieferungen stammen größtenteils aus der Ukraine (Quelle: caritas.de vom 14.03.22)


Die verhängten Sanktionen gegen Russland schränkten den Handel ein und der Kriegszustand in der Ukraine macht die landwirtschaftliche Produktion fast unmöglich – viele Arbeitskräfte mussten fliehen, wurden Opfer des Angriffskriegs, wurden zur Armee eingezogen oder es fehlt schlicht der Treibstoff für die Traktoren, um die Saat auszubringen.


Der Agrarökonom Matin Qaim fürchtet als Kriegsfolge, dass bis zu 100 Millionen Menschen in den Hunger getrieben werden könnten (WDR online, 14.3.22, Artikel „Krieg in der Ukraine könnte zu weltweiter Hungersnot führen“).

Preiserhöhungen auch schon vor dem Krieg

Die Süddeutsche Zeitung berichtet am 10. März, dass bereits vor dem Konflikt die Preise für Lebensmittel so stark gestiegen sind, wie zuletzt vor zehn Jahren. Laut der Welthungerhilfe lagen sie 2021 fast 20 Prozent höher als 2020. Die seit 2018 bestehende Weltwirtschafts- und Finanzkrise wird dabei nicht genannt. Die Zusammenhänge mit ihr sind komplex: Inflation, Corona-Pandemie, Auswirkungen des beschleunigten Umschlags in eine globale Umweltkatastrophe mit Dürren und Überschwemmungen auf die Nahrungsmittelproduktion sowie neue Faktoren der Rohstoff- und Logistikkrisen.

 

Energie- und Düngemittelpreise stiegen schon vor dem Ukrainekrieg an und schon zuvor hungerten weltweit 811 Millionen Menschen. Das war bereits Ausdruck der völligen Unfähigkeit des imperialistischen Weltsystems, die drängendsten Menschheitsprobleme zu lösen. Im Gegenteil: Sie werden immer weiter verschärft und durch den Krieg noch beschleunigt! Dieser verbindet sich mit einem regelrechten Wirtschaftskrieg, indem der Krieg zum Vorwand genommen wird, die Preise für Energie, Getreide und andere Lebensmittel spekulativ in die Höhe zu treiben.

Lebensmittelkonzerne profitieren vom Wirtschaftskrieg

Stefan Engel untersuchte 2003 in dem Buch „'Götterdämmerung' über der neuen Weltordnung“, wie die Lebensmittelpreise zustandekommen: Die der Landwirtschaft vorgelagerte Gruppe von Industrie und Agrarhandel schöpfte ca. 8 Prozent ab, die zweite Gruppe der tatsächlichen Produzenten landwirtschaftlicher Güter etwas über 15 Prozent – und die dritte Gruppe der Nahrungsmittel- und Handelsmonopole kamen auf ca. 77 Prozent der gesamten Bruttowertschöpfung in der Agrarwirtschaft! Wenn jetzt die Preise durch die Decke gehen, schöpfen daraus im Wesentlichen die großen Lebensmittelkonzerne die größten Profite ab. Der bittere drohende Hungertod der einen lässt die Herzen der Kapitalisten und Aktionäre höher schlagen. Das ist das Gesicht des Imperialismus.


Besorgt stellt der Deutsche Direktor des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen (WFP), Herr Frick, fest, dass bei explodierenden Getreidepreisen „für die Ärmsten der Armen nichts mehr da war. Wenn Menschen so verzweifelt sind, gehen sie auf die Straße“ Die Süddeutsche Zeitung bringt seine Bedenken auf den Punkt: „Eine Kostenkrise, wie derzeit, könne zu politischer Instabilität führen, so die Befürchtung.“

Was die Herrschenden fürchten

Die Herrschenden erinnern sich sicher noch gut an die „Hungeraufstände“ in elf Ländern Asiens, Lateinamerikas und Afrikas im April 2008. Oder Anfang 2011, als die Lebensmittelpreise erneut rapide stiegen, und sich in Algerien, Jordanien, Ägypten, Jemen und Tunesien aus Massendemonstrationen und Streiks gegen die Regierung ein länderübergreifender demokratischer Volksaufstand entwickelten, der in Tunesien, Ägypten und Jordanien zum Sturz der Regierung führte.“ (Nachzulesen in „Morgenröte der internationalen sozialistischen Revolution“, S. 333)


„Die Häufung von Hungerrevolten ist eine neue Erscheinung in der historischen Umbruchphase vom Kapitalismus zum Sozialismus. Die Arbeiterklasse muss den Kampf gegen den Hunger in ihre Strategie und Taktik aufnehmen und das revolutionäre Potenzial der Kämpfe für die Höherentwicklung zum Kampf um den Sozialismus nutzen.“ (S. 335)