Heutiges Kalenderblatt des Deutschlandfunks

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11.03.1872 – Der Leipziger Hochverratsprozess beginnt

Heute vor 150 Jahren begann in Leipzig der Prozess gegen August Bebel und Wilhelm Liebknecht, Mitglieder der damals revolutionären Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Deutschlands.

Link zu interessantem Podcast

Der Deutschlandfunk hat dazu in seinem Kalenderblatt für den heutigen Tag einen ausgezeichneten Podcast veröffentlicht. Als der Autor, Bernd Ulrich, ihn vorbereitet und erstellt hat, ahnte er vermutlich nicht, welch brandaktuellen Bezug zu heute dieses Tribunal gegen die beiden revolutionären Arbeiterführer haben würde, die den beantragten Kriegskrediten offensiv ihre Zustimmung verweigerten.

 

Im Juli 1870 erklärte Frankreich dem Norddeutschen Bund unter Führung Preußens den Krieg. August Bebel und Wilhelm Liebknecht enthielten sich als einzige Abgeordnete der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei im Norddeutschen Reichstag bei der Abstimmung über die beantragten Kriegskredite in Höhe von 120 Millionen Taler der Stimme. Sie erklärten: "Als prinzipielle Gegner jedes dynastischen Krieges, als Sozial-Republikaner und Mitglieder der Internationalen Arbeiter-Assoziation, die ohne Unterschied der Nationalität alle Unterdrücker bekämpft und alle Unterdrückten zu einem großen Bruderbunde zu vereinigen sucht, können wir uns weder direkt noch indirekt für den gegenwärtigen Krieg erklären und enthalten uns daher der Abstimmung."

 

Am 26. November 1870 verweigerten die beiden neuerlich die Zustimmung zu weiteren Kriegskrediten. Darüber hinaus forderten sie den Verzicht auf jede Annexion französischer Gebiete. Wilhelm Liebknecht: "Wenn wir im Reichstag das Wort ergriffen – welche Szenen der Wut! Wie oft wurden wir von ‚drohenden‘ Kollegen umringt; wie oft ballten sich die Fäuste. Ein Wunder, dass es nicht zur Schlägerei kam."

 

Den beiden Arbeiterführern wurde unterstellt, sie hätten mit ihrer Stimmenthaltung die Sicherheit des Landes geschwächt, also Landesverrat begangen. Am Morgen des 17. Dezember 1870 wurden sie verhaftet, zusammen mit Adolf Hepner, einem Redakteur der SDAP-Zeitung Der Volksstaat.

 

Am 11. März 1872, begann vor dem Leipziger Schwurgericht unter reger öffentlicher Beteiligung der Prozess. Für den Straftatbestand der "Vorbereitung zum Hochverrat", mithin für die Vorbereitung eines inneren Umsturzes, konnten keine überzeugenden Belege gefunden werden. Stattdessen, so August Bebel: "Das Anklagematerial bildete unsere gesamte agitatorische Tätigkeit in Vereinen, Versammlungen, Artikeln und Broschüren ab. Außerdem wurde auch fast die ganze bis dahin in deutscher Sprache erschienene sozialistische Broschürenliteratur als belastend herangezogen, auch wenn wir an deren Verfasserschaft und Verbreitung gar nicht beteiligt waren, wie zum Beispiel bei dem Kommunistischen Manifest."

 

Man denkt da doch an die Fahndungsausschreibung nach der Parteivorsitzenden der MLPD, Gabi Fechtner. Ihr wurde u.a. unterstellt, eine angeblich rechtswidrige Versammlung geleitet zu haben. Dabei war dies keine Versammlung, noch war diese rechtswidrig und gleich zwei Mal nicht wurde sie von Gabi Fechtner geleitet.

 

Im Kalenderblatt des Deutschlandfunks von heute heißt es dann: "Der Prozess bot vor allem eins: eine hervorragende Bühne für Bebel und Liebknecht. Sie sahen ihre Erwartungen noch übertroffen, wie Liebknecht schrieb: 'Der Leipziger Hochverratsprozess, der unsere Partei vernichten sollte, gab ihr einen mächtigen Aufschwung. Die Gegner müssen uns eben wider Willen stets in die Hände arbeiten. Das ist die Rolle, zu der das neckische Schicksal sie verdammt hat.' ... Am 26. März 1872 sprach das Schwurgericht sein Urteil. Der Redakteur Hepner wurde mangels Beweisen freigesprochen, Liebknecht und Bebel erhielten je zwei Jahre Festungshaft. Als Bebel am 8. Juli seine Haft im nordsächsisch gelegenen Schloss Hubertusburg antrat, in dem Liebknecht schon einsaß, hatte er 31 Monate Haft vor sich. Er war mittlerweile noch wegen Majestätsbeleidigung verurteilt worden.

 

Beide nutzten die Zeit für das ausgiebige Studium philosophischer und historischer Literatur. Bebel schrieb zu Beginn seiner Haft an seine Anhänger: 'Seid versichert, die erhaltenen Strafen machen mich nicht mürbe. Die Gesellschaft, die zu solchen Methoden der Belehrung greifen muss, verdient, dass sie aufhört zu existieren.'"

 

Link zum Podcast  - knapp fünf Minuten lang