Leserbrief an die „Recklinghäuser Zeitung“

Leserbrief an die „Recklinghäuser Zeitung“

Lassen Sie einmal die Kumpel zu Wort kommen

Der folgende Leserbrief von Christoph Klug an die „Recklinghäuser Zeitung“ ist im selben Blatt veröffentlicht worden: "... Ich lege Ihnen ans Herz, doch einmal die Bergleute selbst zu Wort kommen zu lassen.

Von Christoph Klug

Wir haben das jedenfalls getan. Ich bin Mitarbeiter einer wissenschaftlichen Gesundheitsstudie mit Bergleuten. Im Auftrag der unabhängigen Bergarbeiterbewegung 'Kumpel für AUF' führen wir anhand von Blut- und Urinproben sowie Befragungen eine Untersuchung zur Gesundheit von Kumpeln durch, die mit toxischen Stoffen unter und über Tage zu tun hatten. Da wurden Hunderttausende Bergleute jahrzehntelang hochgiftigen Arbeitsstoffen ausgesetzt. Im Ausbau verwendete 'Plempe' und 'Anhydrit' enthielten giftige Schwermetalle, die Stempel und Maschinen das gefährliche PCB und es kamen hochgiftige Zwei-Komponentenkleber zum Einsatz.

 

Wesentlich hat die RAG jahrzehntelang die Krankheitsfolgen von Bergleuten und Familien ignoriert und Versuche der Aufdeckung behindert. Wider besseren Wissens wurde der Einsatz von Ersatzstoffen um Jahre verzögert – weil das den Gewinn geschmälert hätte.

 

Als dann die RAG den Deckel auf die Schachtanlagen machte, ließ sie 10.000 Tonnen hochgiftiger Substanzen einfach unten liegen – und lässt jetzt das mit diesen getränkte, hochgiftige Grubenwasser ansteigen – mit Gefahr für Trinkwasser, Luft und Böden – zur 'Kostenminimierung'. In einer Mitteilung der OB der Stadt Gelsenkirchen heißt es dazu: 'Durch den Grubenwasseranstieg entsteht eine neue (untertägige / d. Verf.) Provinz 'Mitte'. …

 

(Es) quellen die überlagernden tonhaltigen Schichten auf, sodass es in dem, gesamten bergbaubeeinflussten Ruhrgebiet zu Erhebungen des Geländes um mehrere Dezimeter kommen kann. Diese Phänomene können erhebliche Schäden an Gebäuden, Straßen, Leitungen und Brücken hervorrufen. (Daneben) verdrängt das ansteigende Grubenwasser das im Untergrund vorhandene Grubengas, sodass das brennbare und explosive Methan bis zur Erdoberfläche vordringen kann ….' Als weiteres Risiko wird die 'Verunreinigung von nutzbaren Trinkwasservorkommen' genannt. (Quelle: Mitteilung Ausschuss für Umwelt, (…) OB Stadt Gelsenkirchen vom 30. März 2021).

 

Noch heute sind diese untertägig eingesetzten giftigen Stoffe im Blut und den Organen der Bergleute zu finden – sofern sie das alles überlebt haben. Gelangen sie unter der Flutung von unten nach oben, so wird das eine regionale Umweltkatastrophe bedeuten. Die Flutung ist verantwortungslos. Gegen Verharmlosung und Vertuschung wollen wir mit unserer Untersuchung zur Aufklärung beitragen. Mit dieser verleihen wir Bergarbeitern und Familien eine Stimme. Es ist unverantwortlich, solch rücksichtslose Ausbeutung von Mensch und Umwelt schönzureden.