Stahl
Frau Merz und der verdammte Neoliberalismus
Auf der Aktionärsversammlung von thyssenKrupp versprach Vorstandsvorsitzende Martina Merz den Aktionären für das laufende Geschäftsjahr ein Ergebnis von 1,5 bis 2 Milliarden Euro Gewinn.
In einem Videointerview an die Mitarbeiter ist sie in voller Euphorie in ihrem schwäbischen "Denglish", dass es selbst „die Mitarbeiter freut, dass sich thyssenkrupp bewegt“. Ganz sicher hat sie nicht mit Kollegen aus Hüttenheim gesprochen, die jetzt täglich zum Standort Hamborn fahren müssen, weil ihr Werk zugemacht wurde. Oder meint sie etwa die Stahlarbeiter, welche das zweite Jahr in Folge auf 1000 Euro Urlaubsgeld verzichten mussten?In einem hat sie ja vollkommen recht, dass thyssenkrupp sich bewegt und der bisher geplanten Vernichtung von 12.000 Arbeitsplätzen nochmal 700 zusätzlich folgen lässt, wie das Monopol jetzt bekannt gibt. Bewegung bräuchten die Kollegen stattdessen endlich mal bezüglich einer Arbeitszeitverkürzung und einem Lohnnachschlag, weil Löhne und Gehälter durch die Inflation immer weniger wert sind. Aber diese Bewegung meint Frau Merz natürlich nicht.
Sie will lieber, dass sich zweistellige Milliardenbeträge aus Steuergeldern endlich in Richtung Konzern bewegen. Dafür wird scheinheilig das Argument von notwendigen Investitionen in eine umweltfreundliche Stahlproduktion vorgebracht. Mal abgesehen davon, dass die viel gepriesene Wasserstoff basierte Stahl-Produktion erstmal vertagt wurde. Da interessiert Frau Merz ganz offenbar das Geschwätz eines ach so tollen "Neoliberalismus" nicht. Jahrelang hieß es, dass sich der Staat raushalten soll. Es wurden staatliche Betriebe privatisiert und auf Maximalprofit getrimmt, oder Fusionen im großen Maßstab genehmigt. Sie hat wohl das Buch „Die Krise der bürgerlichen Ideologie und des Opportunismus“ gelesen, in dem steht: Die Herrschenden „ersetzten das zuvor fast fanatisch propagierte 'freie Spiel der Marktkräfte' nunmehr wundersam durch die Forderung nach einem verstärkten Eingreifen des Staats in die monopolisierte Wirtschaft.“ (S. 34)
Die Krise der bürgerlichen Ideologie und des Opportunismus
268 Seiten, 17,50 €
Wo würde man auch hinkommen, wenn die Konzerne selber die notwendigen Investitionen zahlen müssten, so Frau Merz weiter im Video: „Wir sind den Schritt in die grüne Transformation engagiert angegangen und die Politik muss jetzt die Rahmenbedingungen schaffen."
Für sie ist es natürlich selbstverständlich, dass der Staat keine ordentlichen Renten bezahlt oder die Besteuerung auf Sprit und Energie senkt. Davon würden ja nur die Pendler, Familien oder Rentner profitieren. Viel besser aufgehoben sind doch zweistellige Milliardenbeträge aus Steuergeldern in die Umstellung der Stahlproduktion, da haben ja schließlich alle was von. Frau Merz und die Holding erhalten später natürlich als Investor die Milliardengewinne, damit die ganzen Aktionäre endlich wieder Dividende bekommen. Der Staat bekommt die Investitionen natürlich nicht zurück. Er kassiert weiterhin die Lohnsteuer der Kollegen ab, weil die ja schließlich ihre Arbeit behalten dürfen. So haben doch alle was von einem „sinnvollen“ Einsatz von Steuergeldern.
Am Besten dieses verkommene System mit ihren Managern à la Merz zum Teufel jagen? Also wenn ich als Stahlarbeiter die Wahl habe, dann entscheide ich mich für dafür und kaufe mir als erstes mal dieses Buch!