Polizeicomputer lieferte Daten über Anwältin
NSU-2.0-Prozess
Der faschistische angebliche Einzeltäter Alexander M., der jetzt vor Gericht steht, drohte zweieinhalb Jahre lang Anwältinnen und Journalistinnen, ihre Kinder umzubringen; er drohte Politikerinnen mit der Hinrichtung, Schulen und Gerichten mit Bombenexplosionen.
Das erste Drohschreiben - als Fax verschickt -, erreichte Seda Basay-Yildiz, die Rechtsanwältin, die eine Opferfamilie im NSU-Prozess vertreten hatte.
Kurz vor dem Versand des Fax waren mit der Kennung einer Polizeibeamtin aus Frankfurt mehrere Datenbanken nach Informationen über die Rechtsanwältin durchsucht worden. Deshalb richteten sich die Ermittlungen auch gegen die Polizei selbst: ein faschistischer Chat wurde aufgedeckt. Der Eklat stürzte die Polizei in Hessen in eine schwere Krise; der Landespolizeipräsident trat zurück. Aber auch andernorts gab es polizeiliche Suchanfragen, so in Berlin und Hamburg. Doch vor dem Landgericht Frankfurt waren all die Hinweise auf Mittäterschaft kein Thema mehr. Der hessische Innenminister Beuth: „Nach allem, was wir heute wissen, war nie ein hessischer Polizist für die NSU 2.0-Drohmailserie verantwortlich“.
Wir kennen das, spätestens seit den NSU Prozessen. Vor zehn Jahren war trotz aller Vertuschungen und Vernichtung tausender belastender Dokumente die Beteiligung staatlicher Stellen ans Licht gekommen. Seda Basay-Yildiz dazu: „Der Staat war nicht in der Lage, diese Menschen (die Mordopfer des NSU) zu schützen. Und nicht nur das: Er hat sie auch noch selber dafür verantwortlich gemacht. Beispielsweise müssen die Ermittlungsbehörden ihre Fehler und Versäumnisse aufarbeiten. Dieselben Personen, die ihre Opfer kriminalisierten, sitzen noch an denselben Stellen, wurden auch noch befördert." Es gibt eine Reihe von Hinweisen, dass es weitere Mittäter gab.
Nach dem Bekanntwerden des NSU 2.0-Skandals erklärte die MLPD-Vorsitzende Gabi Fechtner: „Wenn man erfolgreich gegen faschistische Tendenzen vorgehen will, dann darf man sich allerdings auch keine Illusionen in den bürgerlichen Staatsapparat machen. Natürlich muss man im Staatsapparat bestimmte faschistische Strukturen auflösen, wie das KSK oder den Inlandsgeheimdienst. Ich lehne es aber ab, den Leuten 'Vertrauen' in den bürgerliche Staatsapparat einzuimpfen, der in dieser Gesellschaft ein kapitalistisches Unterdrückungsinstrument ist. Das ist doch letztlich der Grund, warum die Faschisierung des Staatsapparats weder hier noch in den USA grundlegend ausgemerzt wird. Wer sie bis zu den Wurzeln, also im besten Sinne des Wortes 'radikal' bekämpfen will, muss den Kapitalismus revolutionär überwinden“.