Klima

Klima

Tarnen, tricksen, täuschen – wie „Big Oil“ mutwillig die Klimakatastrophe riskiert

Die 2014 erschienene Denk- und Streitschrift „Katastrophenalarm! Was tun gegen die mutwillige Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur?“ von Stefan Engel ist mit Sicherheit eine der wichtigsten Schriften zur Umweltthematik. Wie berechtigt das Wörtchen „mutwillig“ in Bezug auf die Verantwortung der internationalen Übermonopole für die globale Umweltkrise ist, zeigen ab 2015 erschienene Studien verschiedener Forschergruppen.

Von gof
Tarnen, tricksen, täuschen – wie „Big Oil“ mutwillig die Klimakatastrophe riskiert
Gesehen letztes Jahr in Datteln (rf-foto)

Sie belegen, wie die internationalen Ölkonzerne Shell (heute Royal Dutch Shell), Exxon (heute ExxonMobil) und Total (heute Total Energies) der in den 1970er Jahren anwachsenden Umweltbewegung, ihren Protestaktionen und Enthüllungen begegneten. Dabei wird deutlich, wie mutwillig diese Konzerne gegenüber Mensch und Umwelt ihr zerstörerisches und zugleich maximalprofitträchtiges Werk betreiben.

 

1971 setzte ein Artikel „Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Total in Kenntnis (...), dass die Produkte des Konzerns das Potenzial einer katastrophalen globalen Erwärmung haben. Den Beweis dafür liefert ein Artikel aus der Unternehmenszeitschrift ‚Total Information‘ …, der den Titel ‚Atmosphärenverschmutzung und Klima‘ trägt.“¹ Die Zeitschrift erschien in einer Auflage von 6000 Exemplaren. Dort heißt es:

 

"Wenn der Verbrauch von Kohle und Öl in den kommenden Jahren gleich bleibt, wird die Kohlendioxidkonzentration um das Jahr 2010 herum 400 parts per million erreichen [...].Und weiter: ‚Dieser Anstieg der Konzentration ist sehr besorgniserregend [...] Kohlendioxid spielt eine große Rolle im Wärmehaushalt der Atmosphäre [...] Luft, die mehr Kohlendioxid enthält, absorbiert mehr Strahlung und heizt sich auf. Es ist daher möglich, dass ein Anstieg der Durchschnittstemperatur der Atmosphäre zu befürchten ist. Die berechneten Größenordnungen sind natürlich gering (von 1-1,5 °C), könnten aber erhebliche Auswirkungen haben. Die atmosphärische Zirkulation könnte verändert werden, und es ist nicht ausgeschlossen, dass zumindest ein teilweises Abschmelzen der Polkappen zu erwarten ist, was sicherlich zu einem erheblichen Anstieg des Meeresspiegels führen würde. Die katastrophalen Folgen sind leicht vorstellbar.‘“ (ebd.)

 

Vor über 50 Jahren geschrieben, trifft es ziemlich exakt die heutige Situation. Und lange vor den Weltklimagipfeln der UNO (seit 1995) war damit die Vorgabe des Pariser Klimaschutzabkommens von 2015, die Erderwärmung auf weitere 1,5 – 2 Grad zu begrenzen, ad absurdum geführt. Ähnliche Studien mit vergleichbaren Ergebnissen ließen auch die britisch-niederländische Shell im Jahr 1986² und die US -amerikanische Exxon³ anfertigen. Alle hielten ihre Forschungen im weiteren geheim, auch der Total-Konzern, von der einen Veröffentlichung 1971 abgesehen.

 

Katastrophenalarm! Was tun gegen die mutwillige Zerstörung der Einheit von Mensch und Natur?

336 Seiten

ab 13,99 €

mehr Infos

Jetzt bestellen

ebook bestellen

 

Als sich Hinweise auf Klimaveränderungen mehrten, änderten sie ihre Taktik. Im Sommer 2014 veröffentlichten kritische US-amerikanische Wissenschaftler der „Union of Concerned scientists“ die Untersuchung „Climate Deception Dossiers“, in der sie schrieben: „Wir haben ein Memo gefunden, in dem sich eine Koalition von Öl- und Gasfirmen sozusagen das Versprechen gibt, eine große Kommunikationsoffensive auf den Weg zu bringen, um Zweifel zu säen“, sagt der Präsident der Vereinigung Kenneth Kimmell. „Es gibt dann darin sogar ein Zitat, das in etwa besagt: 'Gewonnen haben wir, sobald der Durchschnittsmensch Zweifel an der Klimaforschung hegt.' Es ist also ziemlich krass.“⁴

 

Diese „große Kommunikationsoffensive“ war eine weltweite Desinformationskampagne, in die „Big Oil“ dutzende Millionen Dollar investierte – alleine Exxon mehr als 30 Millionen.4 Sie sollte Zweifel säen an der Tatsache der Aufheizung des Erdklimas durch Treibhausgase aus der Nutzung fossiler Energieträger: „Noch 1997 hatte der Mineralölriese (Exxon, der Verf.) eine fragwürdige Anzeige in der 'New York Times' platziert: Wissenschaftler könnten nicht mit Sicherheit vorhersagen, ob und wie stark Temperaturen ansteigen, behauptete Exxon damals. Man wisse immer noch nicht, welche Rolle vom Menschen verursachte Treibhausgase bei der Erwärmung des Planeten wirklich spielen.“3

 

Auch dieses Betrugsmanöver ließ sich nicht lange aufrechterhalten. 2002 beendeten die Öl-Riesen ihre „Global Climate Coalition“, mit der sie weltweit Wissenschaftler, Politiker, Parteien oder Lobbyorganisationen förderten, die Zweifel an der Klimaaufheizung durch den wachsenden Treibhausgasausstoß aus Industrie,Verkehr oder Energieerzeugung schürten – die sogenannten „Klimaskeptiker“. Mit der Auflösung der „Global Climate Coalition“ endeten nicht deren Lügen. Der faschistische Ex-Präsident der USA, Donald Trump, die AfD in Deutschland, Präsident Bolsonaro in Brasilien usw. zehren heute noch von deren Lügen und Verdrehungen. Plötzlich erkannten die Ölkonzerne die Tatsache der Erderwärmung durch den künstlichen Ausstoß an Treibhausgasen an – und steigerten noch Förderung und Einsatz fossiler Energien: „Von allem fossilen CO2, das seit Beginn der Industrialisierung freigesetzt wurde, ist mehr als die Hälfte erst nach 1988 in die Atmosphäre gelangt.“2

 

Dass die Ölkonzerne die Tatsache der Erderwärmung durch den künstlichen Ausstoß an Treibhausgasen anerkennen, heißt jedoch keineswegs, dass der Umweltbetrug heute keine Rolle mehr spiele. Im Gegenteil, gerade die neue Ampel-Regierung und die Grünen in ihr versuchen, mit verfeinertem Greenwashing die Massen hinters Licht zu führen. 40 oder mehr wertvolle Jahre, die die Menschheit im Kampf gegen eine heraufziehende globale Umwelt- und Klimakatastrophe verloren hat, und die mehr als deutlich machen, weshalb der Umweltkampf gesellschaftsverändernden Charakter annehmen muss.