Leverkusen
Currenta/Bayer schickte 10.000 Tonnen Gift in den Rhein
Am 6.August, neun Tage nach der Explosion der Giftmüllverbrennungsanlage von Currenta in Leverkusen, erklärte NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) im Landtag: "Das Löschwasser sowie kontaminiertes Kühlwasser konnte nach Angaben des Anlagenbetreibers komplett in Stapeltanks innerhalb des Entsorgungszentrums aufgefangen werden. Zu einer Einleitung über die Gemeinschaftskläranlage in den Rhein kam es danach nicht."
Dasselbe behauptete Lars Friedrich, der Chef von Currenta, früher Bayer, noch im September. Glatt gelogen.
Fakten: Laut Bezirksregierung – die aber auch nur Angaben von Currenta wiedergibt – setzte die Feuerwehr 5250 Tonnen Löschwasser ein. Das vermischte sich am Boden mit giftigen Chemikalien aus dem explodierten Tank und mit weiteren Chemikalien aus sieben beschädigten weiteren Tanks.
Dieses giftige Gemisch ließ Currenta in einen Abwasserkanal einleiten und mischte es dort mit anderem Abwasser. Das ergab dann 30.000 Tonnen Giftwasser. Das pumpte Currenta zunächst in Speichertanks, und laut Bezirksregierung standen dafür Kapazitäten von 34.000 Tonnen bereit. Aber anstatt das Giftwasser dann in einer anderen Verbrennungsanlage unschädlich zu machen, was teuer ist, begann laut WDR die „Einleitung kontaminierten Wassers etwa 34 Stunden, nachdem das Feuer an der Sonderabfallverbrennungsanlage gelöscht war. So wurde am 28. Juli, abends um 22 Uhr, damit begonnen, aus einem Speichertank belastetes Wasser abzulassen. Innerhalb von zwei Stunden flossen laut Bezirksregierung Köln zunächst 2,5 Millionen Liter ab. An den folgenden beiden Tagen ließ Currenta weitere sieben Millionen Liter ab.“ Die Bezirksregierung billigte das im Nachhinein und informierte am 2. August das Umweltministerium – vier Tage vor Heinen-Essers Falschaussage.
Hochgiftig: Unter diesen Giften waren z. B. das in Deutschland verbotene Insektengift Clothianidin und das extrem gewässerschädliche PFOS. Für eine Chemikalie der gleichen Stoffgruppe, für das Insektengift Imidacloprid, gilt eine extreme strenge Umweltqualitätsnorm - 0,002 Mikrogramm pro Liter Wasser. Im Leverkusener Abwasser hatte das Landesamt für Natur, Verbraucher und Umweltschutz 120 Mikrogramm Clothianidin gemessen, das 60.000-fache!
Weiterer Skandal: Noch mehr Gift im Rhein!
Am 27. Dezember gab Currenta zu, es habe auch eine Leckage gegeben, die „fünf Monate lang nicht bemerkt“ wurde: 1300 Tonnen des Giftwassers seien wegen einer defekten Klappe an einem Tank einfach so in den Rhein geflossen. Unbemerkt – fünf Monate lang? Da sah sich selbst die Bayer-hörige Bezirksregierung genötigt, die Staatsanwaltschaft einzuschalten.
„Notfall“?
Da haut auch die Erklärung von Currenta überhaupt nicht hin, die Gifteinleitung in den Rhein sei ein gesetzlich erlaubter „Notfall“, "eine unmittelbare Gefahrenabwehr" gewesen. Heinen-Esser hatte Currenta dabei sofort Schützenhilfe gegeben: "Für mich stellt sich der Vorgang im Augenblick so dar, dass es im Ereignis, während der Bekämpfung des Unglücks, tatsächlich zu diesen Maßnahmen kommen musste", so Heinen-Esser in einem WDR-Interview. Wieder Falschaussage: Im ersten Fall erst 38 Stunden nach der Explosion, im zweiten Fall fünf Monate lang danach fanden die Gift-Einleitungen in den Rhein statt!
Weiter so???
Noch Anfang Dezember erklärte die Bezirksregierung dem Regionalrat: Currenta muss die Ursache der Katastrophe vom 27. Juli absolut sorgfältig aufarbeiten lassen. Dann kann die Currenta-Verbrennungsanlage ohne tiefgreifende Veränderungen wieder in Betrieb gehen. Selbst die Starkstromleitung, die über die Verbrennungsanlage hinweg führt, und welche bei der Explosion gerissen war, was das Löschen zwei Stunden lang verhindert hatte - soll bleiben können!
Auch das Verbrechen, den Giftmüll nach der Explosion durch bulgarische Kollegen aufräumen zu lassen, die nur für vier Wochen hier arbeiteten – ohne Schutzanzüge, ohne Sauerstoffgeräte, - auch dieses Verbrechen muss noch aufgeklärt und geahndet werden!
Currenta und die Behörden haben bisher nur scheibchenweise Fakten zugegeben. Mit Sicherheit gibt es noch viel mehr unbekannte und verschwiegene Skandal-Fakten.
Der Fall zeigt, wie sich Currenta / Bayer die zuständigen Behörden / Politiker komplett untergeordnet haben. Ein Paradebeispiel für die Diktatur der Monopole – den staatsmonopolistischen Kapitalismus, in dem wir leben. Eine Umweltministerin, die die Massen derart dreist angelogen hat, müsste zurücktreten.
Schon in ihre ersten Flugblatt vom 30.Juli hatte die MLPD gefordert: „Die Chempark-Betreiber müssen zur Rechenschaft gezogen werden! Wirksamer Katastrophenschutz zu Lasten der Verursacher! Verpflichtung zu umfassendem Recycling sowie sparsamer Umgang mit natürlichen Rohstoffen! Radikaler Rückbau der Vermüllung! Verbot der Müllverbrennung! Aktiver Widerstand für einen gesellschaftsverändernden Kampf! Rettet die Umwelt vor der Profitwirtschaft – Kampf um die Einheit von Mensch und Natur im echten Sozialismus!