In viele Sprachen übersetzt, in der Türkei oft verboten

In viele Sprachen übersetzt, in der Türkei oft verboten

Heute wäre der große türkische Dichter Nazim Hikmet 120 Jahre alt geworden

Nazim Hikmet wurde heute vor 120 Jahren, am 15. Januar 1902, in Saloniki geboren. Er ist der weltweit bekannteste kommunistische Dichter der Türkei.

Korrespondenz aus Ingolstadt
Heute wäre der große türkische Dichter Nazim Hikmet 120 Jahre alt geworden
Nazim Hikmet (Foto: Lütfi Özkök))

Er schrieb über sich in seinem Lebenslauf vom 1. September 1961:

 

"Mit neunzehn Student der Kommunistischen Universität in Moskau
Mit 49 wieder in Moskau als Gast des ZK der Partei
Und seit meinem 14. Lebensjahr dichte ich ...
Ich saß in Gefängnissen und übernachtete auch in großen Hotels
Ich hungerte lag im Hungerstreik und es gibt fast keine Speise die ich nicht kostete
Mit dreißig wollten sie mich hängen
Mit achtundvierzig den Friedenspreis geben den ich auch bekam ...
Lenin habe ich nicht mehr erlebt doch ich hielt 1924 Wache an seiner Bahre ...
Auf die Frauen die ich liebte war ich rasend eifersüchtig ...
Ich trank war aber kein Säufer
Ich verdiente mein Geld immer im Schweiß meines Angesichts was für ein Glück ...
Ich ging in die Oper
Die meisten können das nicht haben nicht einmal das Wort Oper gehört
an manche Orte die die meisten besuchen bin ich seit 1921 nicht mehr gegangen
in die Moschee die Kirche den Tempel in die Synagoge zum Zauberer
Es kam jedoch vor daß ich mir aus dem Kaffeesatz wahrsagen ließ
Was ich schreibe wird in dreißig bis vierzig Sprachen gedruckt
In meiner Türkei in meinem Türkisch ist es verboten."
(Zitiert nach Asim Bezirici, Nazim Hikmet - Leben - Werk - Kunst. Eine kritische Studie. Zeichensetzung im Original)

 

Nach dem Studium in Moskau arbeitete er in der Türkei bei verschiedenen Zeitungen. Nach mehreren kürzeren Gefängnisstrafen wurde er wegen kommunistischer Propaganda durch seine Gedichte zu 28 Jahren Kerker verurteilt. Nach der Generalamnestie von 1950 konnte er - auch mit Unterstützung Stalins - in die Sowjetunion ins Exil gehen. Er starb am 3. Juni 1963 in Moskau. Den Sturz der Diktatur des Proletariats und den Verrat am Sozialismus mit dem 20. Parteitag der KPdSU 1956 durchschaute er leider nicht mehr.

 

Er schreibt selbst zu seinem Werk: „Seitdem ich Kommunist geworden bin, erwarte und verlange ich von den Künsten, daß sie dem Volk dienen und das Volk zu besseren Tagen aufrufen. Daß sie sich zum Sprachrohr des Volkes und seiner Leiden, seines Zornes, seiner Hoffnung, seiner Freude und seiner Sehnsucht machen. Das ist es, was sich in meiner Kunstauffassung nicht verändert hat. Alles andere hat sich ständig verändert, verändert sich und wird sich verändern. Um das Unveränderliche wirkungsvoll, mit großer Meisterschaft, am vorteilhaftesten, besten und vollkommensten ausdrücken zu können, habe ich mich unaufhörlich verändert und werde mich verändern.“