Kasachstan
Massendemonstrationen und Streiks in den Arbeiterstädten - Regierung ist zurückgetreten
Am 2. Januar, kam es im Westen Kasachstans, in den Städten Zhanaosen und Atkiub e Aktau, einer Öl- und Gasregion am Rande des Kaspischen Meeres, zu Massenprotesten und Streiks. Ursprünglich richteten sich die Proteste gegen die steigenden Preise für Flüssiggas, das als Treibstoff verwendet wird, doch bald wurden wirtschaftliche Forderungen und demokratische Slogans laut.
Mittlerweile sind daraus landesweite Massenproteste geworden. Allein in der Stadt Almaty sind Tausende Menschen auf der Straße. Die Polizei geht mit Blendgranaten und Tränengas vor. Messenger-Dienste sowie zwei unabhängige Nachrichtenseiten im Internet waren blockiert oder abgeschaltet. Aktuell wurde der Ausnahmezustand bis mindestens 19. Januar erklärt. Wie heute bekannt wurde, musste die Regierung dem Druck der Massen von der Straße weichen: Sie hat geschlossen ihren Rücktritt erklärt. Präsident Kassym-Jomart Tokajew ernannte daraufhin Alikhan Smailow, den bisherigen ersten stellvertretenden Ministerpräsidenten, zum amtierenden Regierungschef. Hinter Tokajew steht der ultrareaktionäre Langzeit-Präsident Nursultan Nasarbajew, der als „Führer der Nation“ nach wie vor die Fäden in der Hand hält.
Kasachstan, mit 12 Millionen Einwohnern so groß wie Europa, grenzt an Russland, China und die zentralasiatischen Staaten Turkmenistan, Usbekistan und Kirgisien. Es ist seit der Niederschlagung der Unruhen zu Beginn der "Perestroika" im Jahr 1986 als Land bekannt, in dem "Ordnung herrscht". Kasachstan ist für die Rohstoff- und Energiegewinnung des russischen und chinesischen Kapitalismus von strategischer Bedeutung und steht für 40 Prozent der weltweiten Uranproduktion, insbesondere mit Gazatomprod, einem Industrie- und Finanzkomplex, dessen Ursprünge, wie bei seiner russischen Schwester Gazprom, in der kapitalistisch entarteten UdSSR unter Leonid Breschnew liegen.
Die kasachische Arbeiterbewegung, vor allem Bergleute sowie Gas- und Ölarbeiter, kämpft seit Jahren. Ihre größte Niederlage erlitt sie am 16. Dezember 2011 in der Stadt Zhanaosen, als die Polizei ein Massaker an offiziell 14 Arbeitern verübte. In Wirklichkeit waren es Dutzende Male mehr. Das Massaker sollte die Wahl von Arbeiterräten in den Bergwerken und Raffinerien sowie die Entstehung einer unabhängigen Gewerkschaftsbewegung im Keim ersticken. Doch gerade von Zhanaosen ging der Funke für die aktuellen Proteste aus, die sich auf das ganze Land ausgebreitet haben.
Die Kämpfe sind politisiert und eine gesamtgesellschaftliche Krise breitet sich aus. Noch wenig ist bekannt über revolutionäre und marxistisch-leninistische Kräfte, die diesem Kampf eine klare Orientierung geben können.