Klartext
Scholz ist Kanzler! Eine geläuterte Sozialdemokratie?
„Das fühlt sich gut an, das fühlt sich richtig an“, frohlockt Kevin Kühnert, SPD-Generalsekretär in spe. „Die Ampel“ hat den Mund recht voll genommen, so dass ihr Koalitionsvertrag bisweilen eher an den PR-Text einer Werbeagentur erinnert. Da ist die Rede von einem „sozialen Deutschland“, einer „ökologisch-sozialen Wende“; der Jugend wird gar eine „Freiheitsoffensive“ versprochen.
Eine weibliche Innenministerin, ein türkischstämmiger vegetarischer Landwirtschaftsminister, eine Feministin an der Spitze des Familienministeriums, ein SPD-Generalsekretär, der für den linken Flügel der Sozialdemokraten steht – allem Anschein nach stehen die Zeichen auf Umbruch. Doch da gibt es das kleine Problem, dass all diese Attribute weit zurückstehen hinter dem klaren Auftrag und Selbstverständnis, neuer zuverlässiger Dienstleister für das Monopolkapital in Deutschland zu sein. Wie soll „Die Ampel“ da einhalten, was sie verspricht?
Keine Regierung im Rahmen des Kapitalismus wird die Menschheitsprobleme lösen. Lisa Gärtner, Jugendpolitische Sprecherin der MLPD
Sie kann es nicht und sie will es nicht. Kühnert soll dafür vermutlich nicht seine „linken“ Positionen einbringen, sondern von Anfang an eingebunden werden. Die Regierung Scholz beginnt unter großem Druck. Im Oktober gingen die Aufträge der deutschen Industrie abermals um 6,9 Prozent gegenüber dem Vormonat zurück. Die Inflation scheint zum Langzeitphänomen zu werden und entwertet Löhne und Sozialleistungen. Die Lage landwirtschaftlicher Kleinbetriebe ist ruinös, die Massen tragen bereits die Lasten der neuen Corona-Welle. Als zentrales Projekt der neuen Regierung schält sich nicht etwa die Lösung dieser Probleme, sondern ein gigantisches, staatlich subventioniertes Investitionsprogramm zu Gunsten der herrschenden Übermonopole heraus.
Keine Regierung im Rahmen des Kapitalismus wird die Menschheitsprobleme lösen. Die Gefühlslage einer Arbeiterfamilie, die durch die Inflation rund 10 Prozent Mehrausgaben hat, dürfte schon jetzt weniger euphorisch sein als die von Kevin Kühnert.