Hilfseinsatz im Ahrtal

Hilfseinsatz im Ahrtal

Frauen und Familien sind besonders herausgefordert

Vor einigen Wochen sprach ich bei einem Hilfseinsatz im Ahrtal mit einer jungen Frau über die Lage der Frauen. Sie hat zwei Kinder im Kindergartenalter und wächst über sich hinaus: Neben Hilfseinsätzen in ihrem eigenen Umfeld will sie den Familienbetrieb wieder aufbauen, ist in einer Elterninitiative aktiv und unterstützt eine syrische Flüchtlingsfamilie im bürokratischen Wirrwarr der Beantragung nötiger Hilfen.

Von usch
Frauen und Familien sind besonders herausgefordert
In den Katastrophengebieten gibt es immer noch genug zu tun - hier ein Bild von einem Hilfseinsatz in Hagen (rf-foto)

Der syrische Familienvater ist Baggerfahrer und hilft selbstlos in der ganzen Region bei Aufräumarbeiten. „Die Solidarität ist immer noch riesig“, betont sie immer wieder mit leuchtenden Augen. „Es ist ein Leben im Krisengebiet. Es hat sich schon viel getan, aber es ist auch noch ganz viel zu tun. Es ist ein Leben in Anspannung.“

 

Sie selbst macht keine Pausen mehr und hat sich entschieden, keine Nachrichten mehr zu gucken. Sie sei genug mit dem täglichen Kampf beschäftigt. So nachvollziehbar das scheint, verstellt diese kleinbürgerlich-pragmatische Sichtweise den Blick und erschwert, aus der furchtbaren Flutkatastrophe grundsätzliche Schlussfolgerungen zu ziehen. Die kapitalistische Profitwirtschaft ist unvereinbar mit dem Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen.

 

Sich die Zeit für das Gespräch zu nehmen, ist ihr wichtig. Die junge Frau ist froh, dass die Kita seit drei Wochen wieder auf ist: „Es sind etwa 50 bis 70 Prozent der Kinder betreut. Aber es ist eine Notbetreuung in einer Baustelle. Ob man das Kinderbetreuung nennen kann, ist diskutabel. Im Keller steht immer noch Wasser und es gibt eine andauernde Staub-, Lärm- und Geruchsbelastung.“ Ich kritisiere, warum zehn Wochen nach der Katastrophe die Kinderbetreuung nur im Notbetrieb auf einer Baustelle stattfindet. Das ist unzumutbar und gefährlich für die Gesundheit der Kinder. „Es gibt keine Alternative. Die allermeisten Kindergärten haben bis heute immer noch zu.“ Das war der Stand Ende September.

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Im Sozialismus wäre die Kinderbetreuung vom ersten Tag nach der Katastrophe an von der Kommune organisiert worden. Mir wird nach dem Gespräch sehr deutlich: Die zunehmende Krisenhaftigkeit des Imperialismus mit ihren verheerenden Auswirkungen, wie regionalen Umweltkatastrophen oder der weitgehenden Abwälzung der Corona-Pandemie auf die Massen, verschärft die Krise der bürgerlichen Staats- und Familienordnung. Nahezu alle gesellschaftlichen Aufgaben und Probleme werden hier in die Einzelfamilien zurückverlagert. Gerade die Frauen wachsen über sich hinaus, zugleich verstärkt diese Lebenslage selbst ein pragmatisches „Auf-Sicht-Fahren“. Der Drang wächst, diese Aufgaben gesellschaftlich zu lösen: Unter dem Vorzeichen eines Gesellschaftssystems, in dessen Rahmen die Einheit von Mensch und Natur im Mittelpunkt steht – dem echten Sozialismus.

 

Unser Hilfseinsatz hat Schutt beiseite geräumt und dabei den Blick geweitet.