Kriminelle Arbeitsbedingungen
Hafenarbeiter in Athen streiken wegen des Tods ihres Kollegen Dimitri Daggli
Beschäftigte des chinesischen Konzerns Cosco, der 67 Prozent des Hafens von Piräus (Athen) kontrolliert, streiken seit drei Tagen. An einer Containerpier ist am Montag bei einem grauenhaften Unfall der 45-jährige Arbeiter Dimitri Daggli ums Leben gekommen.
Jordanis Georgiou, griechischstämmiger Aktivist in der Solidaritäts- und Hilfsorganisation Solidarität International, schreibt: "Heute (am 29. Oktober) war Merkel in Athen, die Medien in Griechenland berichten über nichts anderes. Die Hafenarbeiter von Piräus haben den Hafen besetzt und streiken seit Montag. Sie brauchen unsere brüderliche Solidarität. Es besteht die Gefahr, dass am Samstag die Polizei den Hafen stürmt und die Arbeiter verhaftet, damit Handel und Gütertransport für das Kapital 'gewährleistet' ist."
Die Hafenarbeiter sind voller Wut und Zorn über den schrecklichen Tod ihre Kollegen. Er wurde auf den Schienen, auf denen sich die Kräne bewegen, eingeklemmt. Die Kranbrücke fuhr über ihn hinweg und teilte ihn in zwei Teile. Die Gewerkschaft ENEDEP rief dazu auf, den Hafen zu bestreiken; die Arbeiter haben alle Arbeiten im Hafen eingestellt und sich vor dem Tor der SEMPO versammelt: "Sie können nicht länger mit dem Leben der Arbeiter spielen, um ihre Gewinne zu steigern", sagte der Vorsitzende der ENEDEP, Markos Bekris auf einer Kundgebung, die am Abend stattfand.
Gestern streikten die Hafenarbeiter erneut 24 Stunden, den dritten Tag in Folge. Dimitris Danglis kam im COSCO-Arbeitsghetto ums Leben, sagen seine Kollegen, weil nicht einmal die grundlegendsten Maßnahmen zum Schutz des Lebens getroffen wurden. Die Arbeiter verschärften ihren Kampf an den Piers II und III des Containerterminals (SEMPO) im Hafen von Piräus. Sie stehen vor den Toren des Sempo und fordern:
- Erstens, 6-Posten, das heißt sechs Personen pro Schicht auf jedem Portal.
- Zweitens, Abschaffung von Gegenschichten, die die Arbeiter erschöpfen.
- Drittens, Umwandlung aller Verträge in Vollzeitverträge.
- Viertens, Gesundheits- und Sicherheitsausschüsse durch die Arbeiter
Viele Seeleute solidarisierten sich und unterstützen den Kampf. Gestern gaben sie auf der Kundgebung bekannt, dass sie vom 10. bis 12. November einen 48-stündigen Streik beschlossen haben. Die Panhellenische Seemannsföderation fordert die Unterzeichnung eines Tarifvertrags mit beträchtlichen Lohnerhöhungen für 2020 und 2021. Sie arbeitsrechtliche Missstände an: Überstunden, Intensivierung der Arbeit, mangelnde Ruhezeiten sowie Verstöße gegen Tarifverträge.
Die ehemaligen Stahlarbeiter von Aspropirgos (Athen), die 2014 wegen ihres mutigen neunmonatigen Streiks von der griechischen Justiz verurteilt und kriminalisiert worden sind, schreiben: "Die Arbeiter in Perama und Piräus streiken heute und haben den Hafen besetzt. Nicht, weil "ein 45-Jähriger" bei der Arbeit im Cosco getötet wurde. Sondern weil ein Arbeiter von einem Kran zerstückelt wurde, als er nach einer 12-Stunden-Schicht von 19.00 bis 7.00 Uhr am selben Tag von 15.00 bis 23.00 Uhr wieder in die Schicht eingeteilt wurde. Das stellt eine kriminelle Verletzung jeder menschlichen Belastbarkeit dar! Er war ein Vertragsarbeiter bei einem Subunternehmen.
Das Gesetz wurde so geändert, dass Cosco nicht für den Unfall verantwortlich ist. Aber das Subunternehmen lehnt die Verantwortung genauso ab. Es sei nicht für jeden Arbeitsplatz bei Cosco verantwortlich. Weder Cosco noch das Subunternehmen wollen der Familie wenigstens eine finanzielle Entschädigung zahlen. Denn er arbeitete nach den Hatzidakis-Gesetzen. Das sind die ach so 'flexiblen', so 'bequemen' Arbeitszeiten, denen 'der Arbeitnehmer zustimmt', damit er an 'seinen freien Tagen seine Kinder sehen kann'. Die Schichten dauern 12 bis 15 Stunden.
Die Arbeitsaufsichtsbehörde, bei der man sich beschweren konnte, ist abgeschafft. Aber auch, wenn es sie noch gegeben hätte: Er war kein festangestellter Arbeiter, er brauchte den Job, er 'einigte sich mit dem Chef' und unterschrieb den Vertrag. Offiziell handelte es sich bei dem Arbeitsbereich nicht um den schweren und ungesunden Sektor. Denn auch den haben sie abgeschafft, für die Arbeiter, die an den Kränen hängen und ihr Leben aufs Spiel setzen, indem sie 12 Stunden am Tag Container im Hafen be- und entladen.
Die Hafenarbeiter von Piräus streiken aus Trauer, Zorn und Solidarität. Denn er war nicht 'ein weiterer Arbeiter'. Er hatte einen Namen. Sein Name war Dimitri Daggli. Er musste 12-Stunden-Schichten arbeiten, 'weil das Unternehmen einen erhöhten Bedarf hatte', und sollte als Ausgleich freie Tage bekommen, damit 'er seine Kinder sehen kann'. Seine Kinder werden ihn nie wieder sehen.
Die MLPD spricht der Familie von Dimitri Daggli ihre herzliche Anteilnahme aus und den streikenden Arbeitern von Piräus ihre volle Solidarität. Sie wird den Streik in Deutschland bekannt machen und die Solidarität organisieren.
Man hat nichts davon gehört, ob sich Frau Merkel bei ihrem gestrigen Abschiedsbesuch in Athen für den Tod von Dimitri Daggli und den Streik der Hafenarbeiter interessiert hat. Dabei war es die deutsche Bundesregierung, die im Verein mit Internationalem Währungsfonds, EU und Europäischer Zentralbank im Rahmen ihres Krisendiktats die Privatisierungspläne durchgedrückt hat, die ein Hintergrund für die unmenschlichen Arbeitsbedingungen sind. Gegen den Widerstand der Gewerkschaften und der betroffenen Beschäftigten wurde bisheriges Staatseigentum veräußert. Auf der Verkaufsliste standen Regionalflughäfen, Energieversorger, Post, Anteile der Telekom, Wasserwerke, Häfen, Bahnbetriebe und Immobilien. 2016 wurden 51 Prozent des Hafens von Piräus an Cosco verkauft. Am vergangenen Dienstag erwarb der chinesische Konzern weitere 16 Prozent der Anteile an der Piraeus Port Authority und kontrolliert nun 67 Prozent eines der größten Häfen in Europa.