SPD/Grüne/FDP
Die frohen Botschaften der „Ampel“-Sondierung …
SPD, Grüne und FDP haben vereinbart, Koalitionsverhandlungen aufzunehmen und dazu ein Sondierungspapier als Grundlage beschlossen. Hier erste Informationen und Einschätzungen.
Glaubt man dem Text des 12-seitigen Papiers, dann steht einer glänzenden Zukunft für die Menschen im Lande nichts im Wege: „Aufbruch, Fortschritt und Veränderung“ wird versprochen. Mit vielen wohlklingenden Versprechungen, aber auch tatsächlichen Teilzugeständnissen wird versucht, die Massenbasis für die künftige Regierung zu schaffen bzw. zu stabilisieren. Das System der kleinbürgerlichen Denkweise als Regierungsmethode wird modifiziert; zugleich wird Kurs auf eine verschärfte Abwälzung der Krisenlasten auf die Massen und die Natur genommen und eine weitere Rechtsentwicklung eingeleitet.
Alle drei Parteien mussten allerdings erhebliche Zugeständnisse im Vergleich zu ihren Wahlversprechen machen. Viele Punkte sind auch noch Formel-Kompromisse und die Finanzierung steht vollends in den Sternen. Das Wichtigste in der Präambel ist, dass eine „stabile und verlässliche Regierung“ so schnell wie möglich notwendig ist, genau das, was die Unternehmerverbände auch gefordert hatten. Sie sind nach der Niederlage ihres Favoriten Laschet (CDU) zunehmend auf eine künftige Ampel-Regierung umgestiegen. Und wenn man das Papier einmal durchzugehen beginnt, dann sieht man, dass ihre zentralen Forderungen darin auch umgesetzt werden.
Vollmundig wird verkündet, dass man angeblich Steuern „nicht erhöhen“ werde. Die Massensteuern sollen aber auch nicht gesenkt werden, sondern vor allem keine sogenannte „Substanzsteuer“ eingeführt werden. Dahinter verbirgt sich die Vermögenssteuer für Superreiche und Monopole, wie sie die Grünen versprochen hatten. Eingeführt werden sollen stattdessen „Superabschreibungen“ für Digitalisierung und angebliche Klimamaßnahmen. Das ist nichts anderes als eine indirekte Turbo-Subventionierung der Monopolprofite! Die Maximalprofit bringenden Investitionen der Monopole sollen ausdrücklich durch öffentlich finanzierte Programme angeschoben werden, ganz so wie es der Unternehmerverband BDI gefordert hatte.
Versprochen wird: „Klimaschutz in einer sozial-ökologischen Marktwirtschaft“. Der staatsmonopolistische Kapitalismus wird aber nicht dadurch sozial oder ökologisch, indem man ihm einfach ein neues Schildchen verpasst. Liest man genauer nach, geht es vor allem darum, „Chancen“ für den „Industriestandort Deutschland“ - gemeint sind die Profitinteressen der deutschen Industrie – zu stärken. Da wird dann gleich eine Portion Sozialchauvinismus verbreitet. Im Unterschied zur bisherigen Regierung gibt es einzelne Maßnahmen, die erneuerbare Energien auch stärker fördern sollen. Das ist aber meist vage, oder bezieht sich ausdrücklich auf Traumprojekte der Monopole, wie verstärkte Windkraft auf See in Großprojekten.
Strikter soll Kurs genommen werden „auf den 1,5%-Pfad“ der Erderwärmung. Das sind die Ergebnisse des Pariser Klimagipfels, aber sie sind erstens jetzt in Deutschland schon überschritten und zweitens völlig unzureichend, um den Übergang in die globale Umweltkatastrophe aufzuhalten. Versprochen wird auch, dass beschleunigt aus der Kohleverstromung ausgestiegen wird. Aber: angepriesen wird als Alternative neben erneuerbaren Energien „die Errichtung moderner Gaskraftwerke“, womit die Klimaschädigung festgeschrieben wird. Zu Recht wird aus der Umweltbewegung bereits kritisch darauf hingewiesen: „Gas ist die neue Kohle“.
Für die "moderne Arbeitswelt" wird die „gewachsene Sozialpartnerschaft“ angepriesen. Das liest sich zunächst sehr anders als die offene Monopolpolitik der FDP. Aber was ist dann gemeint? Generös sollen „Gewerkschaften und Unternehmer unterstützt“ werden, „flexible Arbeitszeitmodelle zu ermöglichen“. Die weitere Flexibilisierung der Arbeitszeit muss aber bekämpft und stattdessen für die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich eingetreten werden.
Der Mindestlohn soll erhöht werden, aber nur einmalig auf zwölf Euro, um dann wieder die unzureichenden Erhöhungen im laufenden System fortzuführen. Hartz IV wird angeblich abgeschafft, im Kern aber zum Bürgergeld umbenannt, denn ausdrücklich sollen die verniedlichend als „Mitwirkungspflichten“ bezeichneten Sanktionsmöglichkeiten weiter gelten. Versprochen wird auch, dass der Staat für die Bürger da sein werde. Im Kleingedruckten wird dann ausgeführt, dass die Dauer von Genehmigungsverfahren halbiert werden soll - die Monopolverbände hatten schon vorher gefordert, dass die Rechte der Betroffenen und der Natur gegen neue fragwürdige kapitalistische Projekte entsprechend eingeschränkt werden.
Versprochen wird auch eine „Abrüstungspolitische Offensive“. Das richtet sich auch vor allem an andere Länder, während ausdrücklich die „Ausrüstung“ „der Bundeswehr“ verbessert werden soll.
Künftig soll auch sexuelle Diskriminierung stärker bekämpft werden. Versprochen werden auch mehr Antidiskriminierungs-Rechte. Ausgebaut wird aber noch die antikommunistische Hetze, indem jetzt der sogenannten „Linksextremismus“ auf eine Stufe gestellt wird mit "Antisemitismus, Rassismus, Rechtsextremismus, Islamismus, Queer-Feindlichkeit" und der Kommunismus als „Form der Menschenfeindlichkeit“ diffamiert wird. Das zeigt, wie notwendig die weitere Stärkung der Bewegung "Gib Antikommunismus keine Chance!" ist. Viel ist die Rede von Stärkung der Flüchtlingsrechte. Im Kern soll aber ein Punktesystem nach kanadischem Vorbild eingeführt werden, mit dem gezielt Fachkräfte aus anderen Ländern abgeworben werden, was dort die Entwicklungsmöglichkeiten einschränkt und den deutschen Monopolen zugute kommt.
In dem ganzen Papier ist kein seriöses Wort zu finden, wie das alles finanziert werden soll. In den Pressekonferenzen erklärten die Verhandler, man müsse weder Steuern erhöhen noch die Schuldenbremse aufgeben, das alles würde sich selber tragen. Dass wir in einer anhaltenden Weltwirtschafts- und Finanzkrise leben, die Corona-Pandemie nicht überwunden ist – kein Wort dazu. Auch dass die Staatshaushalte in Riesendimension aufgebläht worden ist wird einfch wegretuschiert.
Aber die Krisenhaftigkeit des Kapitalismus lässt sich nicht wegretuschieren. Es ist auch klar, dass die neue Regierung früher oder später die Massen zur Kasse bitten wird. Umso wichtiger, bereits am Samstag, dem 23. Oktober, bei den vier regionalen Herbstdemonstrationen der bundesweiten Montagsdemonstration auf die Straße zu gehen und ein erstes Zeichen gegen die sich abzeichnende neue Regierung zu setzen.