Gesprächsreise in Mecklenburg-Vorpommern

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„De Fischer un sien Frust“

Vor widrigen Winden wohlbehütet, liegt der Steg des Fischers im von Wald umgebenen idyllischen Hafen der Insel. Sanft heben und senken sich dort ein kleiner Kutter und Angelkähne ... . Doch die Idylle ist nur scheinbar friedlich.

Von einer Korrespondentin aus Stralsund
„De Fischer un sien Frust“
Dieses Bild ist der Beitrag der Autorin für Silesia-Tak-Art (einen Malverein in Polen; 2020 in Mielno / polnische Ostseeküste; Maße: 50 x 60 cm Acryl). Das Thema ist Umweltschutz als Lebensgrundlage: "Der letzte Fischer"

Fluchend wuchtet der Fischer ein Netz vom Steg in den Unterstand. Wieder hat ein unachtsamer, vielleicht auch unkundiger Angeltourist seine Netze zerfahren. Keine Versicherung kommt für den Schaden auf, kann er den Schuldigen nicht benennen. Dann jetzt noch die neue CO2-Steuer, die sich extrem auf die Kraftstoffkosten seines Kutters und des Reusenkahnes niederschlägt.

 

Durch das Angebot der Großfangflotten sank der Preis, auch der heimischen Fische, stark, da kann er nicht mithalten. Von der EU bekommt er ein bestimmtes Fangquotenlimit auferlegt. Vom Verkaufsgewinn muss er sich und seine Familie ernähren, möchte aber seinen Kollegen nicht nur den staatlich verordneten Mindestlohn zahlen. Die haben auch Familien!  Sein Limit liegt bei wenigen Tonnen Fisch übers Jahr.

 

Als Fischer hat er ein großes Herz für Natur - und Artenschutz. Doch mit der wachsenden Robbenpopulation im Greifswalder Bodden zum Beispiel, verringern sich die Fangerfolge rapide. So eine ausgewachsene Robbe frisst bis zu fünf Kilogramm Fisch pro Tag und wird im Schnitt 30 Jahre alt. Zudem sind sie sehr anpassungsfähig. Sie schwimmen zum Beispiel an den aufgestellten Netzen entlang und beißen alles ab, was an Kopf oder Schwanz herausschaut. Verkauf mal halbe Fische!

 

Für den Naturschutz wäre ein Verzicht auf die herkömmliche Reusenfischerei möglich, doch der finanzielle Ausgleich durch das Land und die EU sind einfach zu niedrig. Auch gehe damit ein Teil der Fischfangtradition zu Grunde. Reusenfischerei ist die effektivste Art des Fischens in den flachen Rand- und Boddengewässern der Ostsee.

 

Der steigende Bedarf des Fischkonsums müsste dann auch wieder durch die Großfangflotten gedeckt werden. Jedoch sieht er den Grund für die versiegende Population an heimischen Fisch zuallererst in der hohen Verschmutzung des Gewässers. Die Ostsee ist das dreckigste Meer der Welt, sagen Ostseeforscher. Es erhält seinen Sauerstoff und etwas Meersalz, den der Fisch und seine Nahrungsgründe zum Wachsen brauchen, aus den Sturmfluten der Nordsee, die alle paar Jahre hier hereinspülen. Nach Osten hin, nimmt der Sauerstoff- und Salzgehalt der Ostsee stark ab.

 

Durch den Eintrag von Nitrat und anderen Stoffen, vor allem durch die Landwirtschaft und ungeklärter Abwässer, wird das Wachstum von bestimmten Algenarten gefördert, die nach der Blüte absterben, auf den Grund der Ostsee sinken und dort von Bakterien zersetzt werden. Diese benötigen dafür aber extrem viel Sauerstoff. Ein Großteil der dort lebenden Meerestiere stirbt oder wandert aus. Diese sogenannten Todeszonen der Ostsee, ab 70 Meter Wassertiefe aufsteigend, wo nichts mehr wächst und lebt, vergrößern sich zusehends.

 

Unterschätzt wird von vielen die steigende Zahl an angeltouritischen Aktivitäten. Die erhöhte Vergabe von Angelscheinen sollte unter anderem die Hotel- und Bootsverleihbranche ankurbeln, zwei wichtige Standbeine in einem „Touristik-Land“. 

Was ihm helfen würde?

Erstmal höhere Ausgleichszahlungen für einen nachhaltigen Fischereibetrieb, Anpassung der Fischpreise, ohne das Fisch zum Luxusgut wird. Am wichtigsten sei es, dass die Regierungen aufhören, die Großfangflotten zu subventionieren, daran gehen die Kleinfischer weltweit kaputt.

 

Eine Kombination von Tourismus- und Fischfangmanagement, ohne einseitige Last bei den Fischern. Schutzzonen fürs gewerbliche Fischen, Schutzzonen für den Tourismus. Naturschutzgebiete vom Land bis hinein ins Wasser. Alle Ostsee-Anrainerstaaten müssen verbindlich beitragen, um die Wasserqualität der Ostsee zu verbessern.

 

Es darf nicht immer nur einseitig darauf hinauslaufen, dass der Konsument weniger Fisch essen soll, sondern es muss ein bewusster Konsum sein. Fischerei ist ein Handwerk, ein sehr traditionelles Handwerk, regional typisch.

 

Leider wird die Einheit von Mensch und Natur im Kapitalismus zu Gunsten der Profite mit Füßen getreten. Es ist nicht eine Frage ob, sondern wann die Ostsee in ihren Umweltparametern kippen wird. Trotz zahlreicher Schutzmaßnahmen werden die messbaren Werte der Ostsee zunehmend schlechter, da die Temperatur der Ostsee im Rahmen der Erderwärmung ebenfalls weiter steigen. Wenn der Kapitalismus nicht revolutionär überwunden wird, wird unter anderem die Lösung der Umweltfrage für nachfolgende Generationen unmöglich sein.


Von Herzen den Meeren verbunden!

 

(Ich bedanke mich bei allen Mitwirkenden für die Auskünfte und Anregungen!)

 

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