Proteste in Kuba
Würgegriff des imperialistischen Embargo trifft auf Corona und gescheiterte revisionistische Politik
Seit Sonntag, den 11. Juli, entwickelten sich in verschiedenen Städten Kubas Proteste mit jeweils mehreren Hundert bis über Tausend Beteiligten. Es sind die größten landesweiten Proteste seit 1994.
Damals verschlechterte sich im Zusammenhang mit einer Wirtschaftskrise die Lebenslage der kubanischen Bevölkerung, in Verbindung mit dem Zusammenbruch der sozialimperialistischen Sowjetunion, von der Kuba abhängig war.
Auch die jetzigen Proteste bringen eine berechtigte Massenkritik an einer drastischen Verschlechterung der Lebenslage der Bevölkerung in den letzten Monaten und gegen die Politik der Regierung unter Führung des Präsidenten Miguel Díaz-Canel zum Ausdruck. Es mangelt an notwendigen Lebensmitteln, Medikamenten, gesundheitlicher Vorsorge gegen Corona und ständige Stromabschaltungen erschweren das Leben.
Verschärft wird dies durch die sich seit 2020 vertiefende Weltwirtschafts- und Finanzkrise in Wechselwirkung zur Corona-Krise. Kubas Wirtschaft brach – auf einem bereits niedrigen Stand - im letzten Jahr um 11 Prozent ein. Seit Jahresanfang um weitere 2 Prozent. Insbesondere der Tourismus, eine der Haupteinnahmequellen, kam fast vollständig zum Erliegen. Die Corona-Neuinfektionen entwickeln sich auf Kuba derzeit dramatisch. Seit Jahresbeginn lagen sie bis Anfang April noch bei ca. 600 täglichen Neuinfektionen, stiegen dann bis Juni auf einen Stand von ca. 1 000 – 1 200 an. Seit dem 20. Juni explodierten sie rasant von 1.500 auf mittlerweile über 7.000.
Insbesondere der ehemalige US-Präsidenten Trump sorgte noch kurz vor seiner Abwahl für weitere Verschärfungen des seit über 60 Jahren bestehenden Embargos gegenüber Kuba. Ersatzteile für Maschinen, lebenswichtige Materialien bis hin von solchen für einen notwendigen Corona-Schutz oder Vorprodukte und Materialien für Corona-Impfstoffe wurden damit blockiert, Geld-Überweisungen durch Familienangehörige nach Kuba verboten, Firmen und Staaten, die mit Kuba zusammenarbeiten, sanktioniert. Das richtete sich vor allem gegen den zunehmenden Einfluss der imperialistischen Rivalen China und Russland, aber auch verschiedensten imperialistischen EU-Kräften.
Zur Rechtfertigung setzten die USA am 11. Januar 2021 Kuba wieder auf die Liste der „State Sponsors of Terrorism“ (SSOT) als angeblichen „Hort des Terrorismus“. Auch der neue US-Präsident Biden will daran nichts Wesentliches ändern. Höchstens wieder die Überweisungen nach Kuba erlauben. Systematisch forciert die US-Administration seit Jahren ihre Einflussnahme auf die kubanische Bevölkerung. Dazu gehört auch eine gezielte Beeinflussung im Internet über soziale Medien, um die vorhandene Unzufriedenheit weiter zu befördern und damit die Verhältnisse zu destabilisieren. Nach Recherchen des spanischen Social-Media-Analysten Julián Macías Tovar wurde seit einigen Wochen der Hashtag "SOSCuba" ausgehend von den USA auf Twitter von automatischen Bots weiterverbreitet. Unter diesem Hashtag wurde angesichts der drohenden Überlastung des Gesundheitswesens in der Provinz Matanzas, wo die Delta-Variante des Coronavirus die Fallzahlen seit einigen Wochen massiv nach oben schnellen ließ, eine "humanitäre Intervention" gefordert. Bereits 2010 gründete der US-Regierungsbeamte Joe McSpedon für solche Internet-Aktivitäten ein Messaging-Netzwerk für Kubaner, im Auftrag der US-Agentur für internationale Entwicklung (USAID). Noch kurz vor den jetzigen Protesten in Kuba ließ der neue US-Präsident Biden ab sofort 20 Millionen US-Dollar bei USAID reservieren, wie der investigative US-Journalist Tracey Eaton erfuhr.
Auch die Mehrheit des EU-Parlaments stellte sich im Juni 2021 ausdrücklich hinter die US-Embargo-Politik. Womit sie auch in Widerspruch kam zur EU-Kommission, die eine Politik der stärkeren wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Kuba verfolgt. Wenn jetzt die US- und die EU-Administrationen ihre Solidarität mit der kubanischen Bevölkerung bekunden und sich für demokratische Rechte aussprechen, ist dies, gemessen an ihrer tatsächlichen Politik, reine Heuchelei und Spurenverwischung! Eine wirkliche Solidarität erfordert unter anderem einen weltweiten Protest und Kampf gegen diese imperialistische Embargo-Politik ausgehend von den USA und das Eintreten gegen jede imperialistische Aggression.
Aber auch die kubanische Regierung wirft Nebelkerzen mit Phrasen des notwendigen „Zusammenstehens aller Revolutionäre und Kommunisten“, um von ihrer revisionistischen Politik der immer offeneren Durchsetzung und Einbindung in die kapitalistische Profitwirtschaft abzulenken. Sie stiftet damit heillose Verwirrung unter der Bevölkerung Kubas und weltweit und trägt zur Verunglimpfung des Sozialismus, einer notwendigen von Ausbeutung befreiten Gesellschaft, bei. Kuba beschritt nach der demokratischen Revolution zunächst den sozialistischen Weg der nationalen Befreiung, verwandelte sich aber nach der Restauration des Kapitalismus in der Sowjetunion 1956 und der Volksrepublik China 1976 ebenfalls in ein bürokratisch-staatskapitalistisches Land.
Die Regierung von Miguel Díaz-Canel erhoffte sich mit der Aufhebung der Doppelwährung und Abschaffung des direkt an den US-Dollar gekoppelten Peso CUC zu Beginn dieses Jahres einen wirtschaftlichen Aufschwung durch Verbilligung ihrer Exporte. Mit der damit verbundenen massiven Abwertung des kubanischen Peso verteuerten sich aber insbesondere auch die notwendigen Lebensmittel-Importe, die in Kuba 80 Prozent ausmachen. Das trifft vor allem die ärmere Bevölkerung. Die Staatsbetriebe, in denen fast 70 Prozent der arbeitenden Kubaner beschäftigt sind, können ihre Geschäfte nun nicht mehr subventioniert im Verhältnis 1:1, sondern nur noch mit einem Wechselkurs zum US-Dollar von 24:1 abwickeln. Schließungen und massive Arbeitsplatzvernichtung und Ansteigen der Arbeitslosigkeit sind die Folge.
Die Perspektive dieses Protests liegt im Kampf um eine wirkliche nationale und soziale Befreiung als Bestandteil einer internationalen sozialistischen Revolution. Und im Aufbau einer marxistisch-leninistischen Organisation auf Kuba im Zusammenwirken mit der einer Internationalen Koordinierung revolutionärer Parteien und Organisationen in der ICOR.