Todestag
Klara Blum - eine von uns
Klara Blum wurde am 27. November 1904 im polnischen Czernowitz geboren. Ihr bewegtes, ja dramatisches Leben führte diese einzige deutschsprachige jüdisch-chinesische Dichterin über Österreich, Palästina und die Sowjetunion nach China, wo sie unter dem Namen Dshu Bai-lan als Professorin für Germanistik an der Sun-Yat-Sen-Universität in Kanton lehrte.
Bis zum Schluss eine standfeste Revolutionärin, starb sie dort am 4. Mai 1971.
In einem Artikel der Zeit schrieb Adrian Hsia im Januar 1990: „Schon früh hatte Klara Blum mit ihrer Familie gebrochen. Sie haßte ihren Vater Josef Blum, in dem sie einen Ausbeuter und Wucherer sah. In ihrem Gedicht ‚Grimmiger Lebensbericht‘ beschrieb sie ihn 1947 so: ‚Der Vater sann: Profit! Und ächzte: Spesen! / Und rechnete im Traum den Zinsfuß nach.‘ 1915 floh sie mit ihrer Mutter und ihrem Halbbruder Joschua Maschler nach Wien. Nach dem Abitur im Jahre 1922 wurde sie Hauslehrerin, studierte dann Psychologie.
Während dieser Zeit begann sie, Gedichte in jüdischen Zeitungen zu veröffentlichen. 1928/29 war sie in Palästina, kehrte aber nach Wien zurück. Damals begann auch ihr politisches Leben: Sie wurde Mitglied der SPÖ, schrieb im Kulturteil der sozialdemokratischen Parteizeitung. 1933, als in Deutschland Hitler Reichskanzler wurde, trat sie aus der SPÖ aus und arbeitete mit der Kommunistischen Partei Österreichs zusammen.
1934 gewann sie mit ihrer „Ballade vom Ungehorsam“ einen literarischen Wettbewerb und damit eine Reise durch die damals sozialistische Sowjetunion. Sie blieb in der Sowjetunion und arbeitete in der Internationalen Bibliothek in Moskau. Dort lernte sie bei der Internationalen Arbeiterhilfe auch ihren Lebensgefährten Zhu Xiangcheng kennen, einen chinesischen Kommunisten. Zhu wurde jedoch 1937 verhaftet und verschwand aus ihrem Gesichtskreis – sie erhielt kein Lebenszeichen mehr von ihm und ging davon aus, dass er im Geheimen für die Revolution wirkte. Sie selbst wurde nach dem Überfall Hitler-Deutschlands auf die Sowjetunion Propagandistin der Roten Armee und ging an die Front, um deutsche Soldaten zum Überlaufen zu bewegen. Kurz nach Kriegsende reiste sie aus der Sowjetunion nach China, um ihren Mann zu suchen, von dem sie annahm, er wirke als Funktionär der KP Chinas im Untergrund.
Der Sieg der chinesischen Revolution unter Führung Mao Tsetungs im Jahr 1949 eröffnete ihr neue Perspektiven und Arbeitsmöglichkeiten. Über ihren autobiografischen Roman „Der Hirte und die Weberin“ schrieb ihr 1957 der Schriftsteller Lion Feuchtwanger: „Ich habe Ihren Roman erst jetzt gelesen, aber das Buch hat seit seinem Erscheinen nichts eingebüßt von seiner erregenden Aktivität. Ich habe in der Zwischenzeit eine ganze Reihe von Werken über das heutige China gelesen. Keines hat mir ein so klares und bleibendes Bild verschafft wie das Ihre. Dass die chinesische Revolution aus dem Sehwinkel einer jüdischen Emigrantin gesehen ist, gibt der Darstellung doppelte Würze.“
1959 vertrat sie die Volksrepublik in der DDR bei der Zehnjahresfeier der beiden Länder. Doch als die KP Chinas den verhängnisvollen Weg der Sowjetunion, die Zerstörung des Sozialismus und die Errichtung eines bürokratischen Kapitalismus durch Chruschtschow anprangerte, machte die SED-Führung ihren weiteren Einsatz in diesem Sinne zunichte.
Als 1966 Mao Tsetung die Große Proletarische Kulturrevolution initiierte, mit der er die Massen gegen die auch in China drohende Gefahr der Wiederherstellung des Kapitalismus mobilisierte, schrieb Klara Blum begeisterte Gedichte. Sie wurden damals in der „Roten Fahne“, dem Zentralorgan der Marxistisch-Leninistischen Partei Österreichs (MLPÖ) veröffentlicht. Im November 1969 verfasste sie für die „Rote Fahne“ einen Beitrag über die Lebensgeschichte Dr. Norman Bethunes, eines kanadischen Arztes, der im Dienst der chinesischen Revolution starb und von Mao Tsetung als vorbildlicher Internationalist gewürdigt wurde. Klara Blum brachte auf diese Weise ihre Verbundenheit mit dem Kampf in ihrem ehemaligen Heimatland zum Ausdruck.
Bis zu ihrem Lebensende wartete sie auf das Auftauchen ihres Mannes – diese Hoffnung sollte sich jedoch nicht erfüllen. Es blieb ihr erspart, die negative Entwicklung in China nach Mao Tsetungs Tod 1976 mitzuerleben. Es bleibt die Aufgabe, ihr Leben für die Revolution zu würdigen – erstmals erinnerte die Rote Fahne der MLPD zu ihrem 20. Todestag daran (siehe RF 19/1991).
Vielleicht wird es in der Zukunft auch möglich sein, ihr Romanmanuskript „Die Schicksalsüberwinder“, das sich unveröffentlicht im Besitz des Marbacher Literaturarchivs befindet, den Lesern zugänglich zu machen – das wäre eine praktische Ehrung dieser außergewöhnlichen Kämpferin!
Hier der Artikel in der Roten Fahne 48/2004 im pdf-Format mit einem Bild von Klara Blum
Klara Blum, Kommentierte Auswahledition, hrsg. von Zhidong Yang, 2001, 652 Seiten, ISBN 3-205-99-152-4, 78,30 Euro, Verlag Böhlau zu beziehen über Web-Shop: www.people-to-people.de