Vereinigte Arabische Emirate

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Jürgen Habermas nimmt Sheikh Zayed Book Award doch nicht an

Der bürgerliche Philosoph Jürgen Habermas war für den hochdotierten arabischen Kulturpreis, den Sheikh Zayed Book Award, nominiert. Er wird seit 2006 für Verdienste um die arabische Kultur verliehen. Als "kulturelle Persönlichkeit des Jahres" hätte Habermas eine Goldmedaille und 250.000 Euro bekommen.

Korrespondenz aus Ingolstadt

Nach einer Kritik im Spiegel hat Habermas sich entschlossen, den Preis entgegen seiner ursprünglichen Absicht doch nicht anzunehmen. Er habe sich zuvor, so die Verlautbarung seines Verlages, die "sehr enge Verbindung der Institution, die diese Preise in Abu Dhabi vergibt, mit dem dort bestehenden politischen System nicht hinreichend klar gemacht.“

 

Dabei wurde und wird der 91-jährige Habermas in den Medien in Deutschland als "größter lebender Philosoph" bezeichnet, wurde anlässlich seines neunzigsten Geburtstags als solcher gefeiert. Da könnte man doch etwas mehr Informiertheit und politischen Verstand erwarten. Die Vereinigten Arabischen Emirate werden in Bezug auf die Wahrung von Menschenrechten weltweit als eines der Schlusslichter gehandelt. Sie sind ein aggressiv aufstrebendes neuimperialistisches Land.

 

Eine Schlüsselfigur in den Beziehungen zu den Vereinigten Emiraten ist Jürgen Boos, Direktor der Frankfurter Buchmesse. Habermas sagt, der habe ihn nicht richtig informiert; Boos gibt den schwarzen Peter zurück. Die Süddeutsche Zeitung schreibt, es bestehe der begründete Verdacht, dass Boos als prominentes Mitglied des deutschen Kulturbetriebes den Scheichs Trophäen verschafft, mit denen sie versuchen, ihr Ansehen aufzupolieren.

 

Jürgen Habermas, eine Ikone der sogenannten kritischen Theorie, attackierte schon früh den Marxismus-Leninismus. Er war für die Herrschenden wertvoll, weil er dazu beitrug, die kleinbürgerliche Protestbewegung der 1960er-Jahre in die Bahnen der bürgerlichen Demokratie zu kanalisieren: "Wenn heute in Deutschland unter linken Intellektuellen das parlamentarisch-demokratische System stärker akzeptiert ist als in den meisten westeuropäischen Ländern, so verdankt sich das auch dem Sog seiner Autorität" (Die Zeit). In postmodernistischer Manier hält er die "Marxsche Arbeitswertlehre" für überholt: "Wissenschaft und Technik sind zur ersten Produktivkraft geworden. ... Marxsche Schlüsselkategorien wie Klassenkampf und Ideologie lassen sich nicht mehr umstandslos anwenden“ (März 1970). "Umstandslos" anwenden sicher nicht, sondern geboten ist, die Veränderungen in der politischen Ökonomie mithilfe der dialektischen Methode und auf dem Boden des Marxismus-Leninismus zu analysieren. Und dann sieht man, dass die "Marxsche Arbeitswertlehre" lebendig und keineswegs überholt ist. Wir empfehlen eine Schrift von Stefan Engel: "Bürgerliche politische Ökonomie vor dem Scherbenhaufen."

 

Sein philosophischer Idealismus hielt Habermas in den 1990-er-Jahren nicht davon ab, ganz praktisch-politisch den imperialistischen Nato-Krieg in Jugoslawien zu unterstützen. Heute ist er politisch ein offener Vertreter des EU-Imperialismus.