Argentinien

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Tod einer Mitkämpferin der Mütter von der Plaza de Mayo

Eine Veteranin der argentinischen „Mütter der Plaza de Mayo“ ist tot: Die Vizepräsidentin, Mercedes "Porota" Colás de Meroño, starb im Alter von 95 Jahren.

Anna Bartholomé
Tod einer Mitkämpferin der Mütter von der Plaza de Mayo
Dieses Gemälde ehrt die mutigen Frauen von der Plaza de Mayo

Auf der Plaza de Mayo, dem Platz der Mairevolution, vor der “Casa rosada“, dem Präsidentenpalast in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires versammelte sich am 30. April 1977 erstmals eine Gruppe von 17 Frauen zu einer Protestaktion. In ihren Händen hielten sie Fotos ihrer Söhne und Töchter, die die seit 1976 wütende Militärdiktatur als politische Gegner hatte „verschwinden“ lassen. Darunter waren besonders viele Arbeiterinnen und Arbeiter. Der gesamte Betriebsrat des Daimler-Werks im Süden von Buenos Aires verschwand, ebenso wie die Vertrauensleute von General Motors nach einem Kampf gegen die Diktatur.

 

Das „Verschwindenlassen“ war eine besonders perfide Methode politischer Repression. Darüber berichtete die heute als 92jährige immer noch aktive Gründerin und Präsidentin der Madres, Hebe de Bonafini, 1988 in einem Gespräch mit Stefan Engel bei einer Argentinien-Reise: „Ich hatte drei Söhne, Jorge, Raúl und Rojas. Jorge war Physikprofessor und aktiv gegen die Diktatur. Am 8. Februar 1977 holten sie ihn ab, und seither ist er verschwunden. Kurze Zeit später verschwand Raúl und dann auch Rojas. Und im Mai 1978 holten sie die Frau von Jorge, Maria-Elena, die auch im Widerstand war. Überall habe ich sie gesucht: bei der Polizei, bei der Armee, im Gefängnis ... . Dieses 'Verschwinden' ist etwas Furchtbares. Man weiß nichts, hat keine Erklärung.“(1)

 

Die jetzt verstorbene Mercedes „Porota“ verlor auf diese Weise ihre einzige Tochter.

 

Es gehörte enorm viel Mut zur Aktion der Madres. Die Militärdiktatur ging brutal gegen sie vor. Auch die erste Vorsitzende der Madres, Azucena Villaflor verschwand spurlos. Aber die Frauen blieben hart – und ihre Zahl vergrößerte sich von Woche zu Woche. Die Militärs wagten es nicht, gegen sie vorzugehen. Bis heute finden sie sich jeden Donnerstag mit ihren symbolträchtigen weißen Kopftüchern auf der Plaza de Mayo zusammen. Nach dem Ende der Diktatur 1983 ging es darum, weiter nach Angehörigen zu suchen, Kinder aufzufinden, die verhafteten Widerstandskämpferinnen und -kämpfern abgenommen und an Militärs zu Adoption freigegeben worden waren.

 

Vor allem verhinderten die Madres eine Amnestie für die Täter mit einem „Schlusspunktgesetz“. Viele Täter konnten verurteilt werden, und heute bleiben die Verbrechen durch die Frauen - mittlerweile Abuelas, Großmütter - auch in anderen sozialen und Menschenrechtsbewegungen präsent.