Super League
Raffzahn-Projekt krachend gescheitert
In gerade mal zwei Tagen ist das Projekt "Super League" am geballten Widerstand der Fans - vornedran der englischen - und der Kritik der Öffentlichkeit bravourös gescheitert.
Am Sonntag Abend verkündete Florentino Pérez, Präsident von Real Madrid, den Start der europäischen Super League, ohne die die Spitzenvereine im Jahr 2024 angeblich alle tot seien. Zwölf von Europas führenden Fußballvereinen wollten einen neuen Wettbewerb etablieren und dort nur noch untereinander spielen: FC Liverpool, Manchester United, Manchester City, Tottenham Hotspur, FC Arsenal, FC Chelsea, Real Madrid, Atletico Madrid, FC Barcelona, Juventus Turin, Inter Mailand und AC Mailand. Paris Saint Germain, den FC Bayern und Borussia Dortmund wollten die Gründer gerne dabei haben, die haben sich aber nicht getraut, weil sonst in Paris, in München und in Dortmund die Hölle los gewesen wäre. Mit der Gründung der Super League wäre die Champions League komplett entwertet worden. Die UEFA drohte den Super League-Klubs mit dem Ausschluss ihrer Spieler von allen anderen UEFA-Wettbewerben.
Profitable Anlagen
Das neue Turnier-Format werde, so die Presseerklärung der Gründer-Klubs, "ein deutlich größeres Wirtschaftswachstum und eine Unterstützung für den europäischen Fußball bieten". Die Gründungsklubs sollten gleich einen Betrag von 3,5 Milliarden Euro erhalten, "um ihre Infrastrukturinvestitionspläne zu unterstützen". Dazu sollten dann regelmäßige "Solidaritätszahlungen" kommen, eine willkommene Finanzspritze für die zum Teil hochverschuldeten Klubs. Es handelte sich um ein gigantisches Investment-Projekt, finanziert von US-Investoren. Die Fußballklubs, die in der Super League unter sich spielen wollten, sind längst profitable Geldmaschinen von Superreichen, die für ihr überschüssiges Kapital maximalprofitbringende Anlagemöglichkeiten gefunden haben:
- Beispiel Manchester City: Der von Pep Guardiola trainierte Erstligist gehört komplett der City Football Group (CFG), die mehrheitlich im Besitz der Abu Dhabi United Group von Scheich Mansour bin Zayed Al Nahyan ist. Der chinesische Medien- und Unterhaltungs-Konzern CMC Inc hält zwölf Prozent. Der US-Finanzinvestor Silver Lake zahlte im November für seinen Anteil von gut zehn Prozent 500 Millionen Dollar und machte die CFG mit einer Bewertung von 4,8 Milliarden Dollar zum wertvollsten Fußballkonzern der Welt. Die Holding ist auch an New York City aus der Major Soccer League (MSL) in den USA sowie an Klubs in Australien, Japan, China, Spanien, Indien und Uruguay beteiligt.
- Beispiel Manchester United: Der englische Rekordmeister gehört mehrheitlich der US-Familie Glazer, die 2005 für ihren Anteil eine Milliarde Dollar zahlte. Manchester United, mit 20 Titeln erfolgreichster Klub der Premier League, ist seit 2012 an der New Yorker Börse gelistet und wird dort heute mit rund 3,25 Milliarden Dollar bewertet.
- Beispiel FC Liverpool: Der Spitzenreiter der Premier League mit Trainer Jürgen Klopp gehört seit 2010 dem US-Konzern Fenway Sports Group. Der Eigentümer des Baseball-Teams Boston Red Sox zahlte damals rund 300 Millionen Pfund (etwa 350 Millionen Euro). Nach Schätzungen der Unternehmensberatung KPMG ist Liverpool heute mehr als zwei Milliarden Euro wert.
Super League scheitert, bevor auch nur ein Ball rollt
Zwischen Dienstag 22.19 Uhr (Manchester City) und Mittwoch 13.36 Uhr (Juventus Turin) stiegen zehn der zwölf Clubs aus. Barcelona und Real Madrid äußerten sich noch nicht. Manche mimten die Unschuld vom Lande und wussten angeblich gar nicht so genau, worum es gegangen war: "Nachdem wir uns der Gruppe Ende letzter Woche angeschlossen haben, hatten wir jetzt Zeit, uns eingehend mit der Angelegenheit zu befassen und haben entschieden, dass unsere weitere Beteiligung an diesen Plänen nicht im besten Interesse des Klubs, unserer Fans und der Fußball-Gemeinde ist" (FC Chelsea). Andrea Agnelli, Juve-Präsident, Fiat-Vorstand und treibende Kraft des Milliarden-Projekts Super League, muss, will aber nicht davon ablassen: " ... weiterhin von der Gültigkeit des sportlichen, kommerziellen und rechtlichen Annahmen des Projekts überzeugt, ist jedoch der Ansicht, dass es dezeit nur begrenzte Möglichkeiten gibt, es in der Form abzuschließen, in der es ursprünglich konzipiert war."
Fans laufen Sturm
Gescheitert ist die Super League am Proteststurm der Fans. Mit einem solch großen vereinigten Widerstand der Fans von London über Manchester bis Liverpool hatten die Planer der Super League nicht gerechnet. Wütende Fans demonstrierten mit Transparenten, Schildern, Sprechchören: "Der Fußball gehört uns, nicht den Profithaien". Nach den Protesten auf der Straße kamen die Spieler- und Trainerproteste.
Das Scheitern der Super League ist sehr bemerkenswert und auf dem Hintergrund des fortschrittlichen Stimmungsumschwungs zu sehen: Ein Projekt, bei dem Profitgier und Bereicherung von Superreichen derart offensichtlich sind und mit der Sportbegeisterung von Millionen Schindluder treiben, lassen sich die Massen immer weniger gefallen.