Bundesverfassungsgericht
Breite Empörung über Urteil zum Berliner Mietendeckel
Am 15. April hob das Bundesverfassungsgericht das vom Berliner Senat beschlossene Mietendeckelgesetz auf. Den Richtern reichte als Begründung, dass dem Land Berlin in dieser Frage keine Kompetenz auf eine gesetzliche Rechtsprechung zustehe, da der Bund diese bereits mit dem Gesetz zur sogenannten Mietpreisbremse wahrgenommen hätte.
Obwohl das Berliner Mietendeckel-Gesetz selbst völlig unzureichend war und nichts grundsätzlich an der Verknappung von für die Massen bezahlbarem Wohnraum vor allem in Großstädten ändert, entlastete es rund 1,5 Millionen Mieter um ca. 40 Millionen Euro auf Kosten der Profite riesiger Immobilienkonzerne. Dem Bundesverfassungsgericht ist jedoch in seinem Urteil die Lebenslage der Massen keine Silbe wert.
Über 8.000 Menschen demonstrierten am Donnerstag am Berliner Hermannplatz gegen die Entscheidung und für bezahlbaren Wohnraum. Die MLPD beteiligte sich daran. Ein Korrespondent berichtet: „Die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren zwischen 20 und 40 Jahren. Ihr Motto war: 'Wenn sie uns den Deckel nehmen, kommen wir mit tausenden Deckeln. Jetzt gibt es kein Zurück mehr, sondern wir machen Dampf'. Es war eine große Offenheit gegenüber der MLPD spürbar, gerade weil wir offensiv für eine sozialistische Alternative als Antwort auf die massenfeindliche Wohungspolitik eintraten.“
Auch in den Berliner Betrieben war es schon den ganzen Tag ein zentrales Thema. So sagten Siemens-Kollegen: „Es ist doch kein Zufall, dass die Klage ausgerechnet von CDU- und FDP-Politikern kam, die sich jetzt als Samariter für die armen Wohnungsbesitzer aufspielen. Es geht ihnen doch weder um die Mieter noch um Menschen, die eine oder zwei Eigentumswohnungen vermieten. Es wäre mal interessant, wie viele von ihnen in den Vorständen von Deutsche Wohnen, Vonovia und Co. sitzen und hoffen, wie in den Maskenaffären selbst davon zu profitieren.“
Dass die Abgehobenheit und Überheblichkeit solcher Politiker keine Grenzen kennt, hat schon die FDP zur Bundestagswahl 2017 deutlich gemacht und selbstherrlich alleinerziehenden Müttern empfohlen, sich doch selbst Immobilien zu kaufen, und lieber Kredite dafür abbezahlen als Mieten. Sie wissen genau, dass das eine Milchmädchenrechnung ist. Erstens bekommt man als alleinerziehende Frau nicht so leicht einen Kredit, und wer wegen Arbeitslosigkeit oder Berufsunfähigkeit seinen Kredit nicht mehr bedienen kann, dessen Eigentumswohnung gehört der Bank.
Der Dax-Konzern Vonovia hat umittelbar nach Bekanntwerden des Urteils des Bundesverfassungsgerichts erklärt, er werde darauf verzichten, von seinen Berliner Mietern das Geld zurückzufordern, das sie dank des Mietendeckels weniger bezahlt haben. Vorstandschef Rolf Buch erklärte dazu: "Ich bin aber auch überzeugt, dass der Verzicht im Sinne unserer Aktionäre ist. Wir alle brauchen gesellschaftliche Akzeptanz für unser Geschäftsmodell." Vonovia besitzt 415.000 Mietwohnungen in Deutschland, Österreich und Schweden, davon 42.000 in Berlin. Viele dieser Immobilien waren als Werks- oder Sozialwohnungen entstanden. Mit der Privatisierung solcher Bestände wurde Vonovia zum steinreichen Immobilienkonzern. In den nächsten Tagen wird Vonovia 950 Millionen Euro Jahresdividende an seine Aktionäre ausschütten. Der Verzicht auf 10 Millionen Euro Rückforderungen fällt da kaum ins Gewicht.
Der Konzern "Deutsche Wohnen" hingegen will die Differenz zwischen den ursprünglichen und den gedeckelten Mieten zurückfordern; im Durchschnitt seien das pro Mieter 430 Euro. Ob mit oder ohne Rückforderung: die Immobilienkonzerne ziehen gigantische Profite aus der Vermietung der sich in ihrem Besitz befindenden Wohnungen. Sie finanzieren den Bau dank der niedrigen Zinsen günstig. Ihre Wohnungsbestände haben mehrere Milliarden an Wert gewonnen. Auf Kosten der Bevölkerung, auf Kosten der Menschen, von denen viele verzweifelt nach einer bezahlbaren Wohnung suchen und wo Obdachlosigkeit eine wachsende Bedrohung ist.
Es ist Bestandteil der Rechtsentwicklung von Regierung und bürgerlichen Parteien im Einklang mit ihren Gerichten, den Immobilienkonzernen millionenfache Profite zu sichern. So plant der Siemenskonzern in Berlin-Spandau als Teil des Siemens-Innovationscampus - auch gefördert durch Steuergelder - Projekte für sozialen Wohnungsbau mit Grundmieten von 8 Euro und mehr.
Die MLPD tritt dagegen für eine tatsächliche Vergesellschaftung sämtlicher Produktionsmittel und der den Profitinteressen der Monopole untergeordneten Bereiche wie Immobilien oder Gesundheit ein. Im Kapitalismus wird hier mit Grundbedürfnissen der Menschen Profit gescheffelt, weil Monopole und Konzerne ständig nach maximalprofitbringenden Anlagemöglichkeiten ihres überakkumulierten Kapitals suchen. Welcher Widersinn!
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts macht deutlich, dass der Kampf um Reformen - u.a. für bezahlbaren Wohnraum - unverzichtbar ist, aber eine wirkliche Perspektive darin liegt, diesen Kampf mit dem Kampf um die revolutionäre Überwindung des Kapitalismus zu verbinden.