Insolvenzwelle droht

Insolvenzwelle droht

Kleingewerbetreibende entschädigen!

Kleingewerbetreibende, Gastronomen, freiberufliche Lehrkräfte in der Erwachsenenbildung, kleine Bauern und Kulturschaffende sind wirtschaftlich massiv vom chaotischen Corona-Krisenmanagement der Bundesregierung und der Länderregierungen betroffen.

Von gis
Kleingewerbetreibende entschädigen!

1,5 Millionen Menschen in Kleinbetrieben haben ihre Arbeit verloren. Eine gigantische Insolvenzwelle droht. Es gibt in Deutschland ca. 4,2 Millionen Inhaberinnen und Inhaber von Klein- und Kleinstbetrieben inkl. Soloselbständigen.

 

Großspurig verkündete Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier im März 2020: „Wir wollen, dass möglichst kein Unternehmen in Deutschland nur aufgrund der Corona-Epidemie in die Insolvenz gehen muss“. Wie eine tibetanische Gebetsmühle wiederholt er seine Heilsbotschaft in den Talkshows landauf landab. Was dabei für die Betroffenen bisher herauskam: Die reinste Farce!

 

Krisendämpfende Maßnahmen, für die in Deutschland aufgrund stabiler Einnahmen Spielraum da ist, vermochten es, dass eine Zeit lang die Vertrauenskrise der Bevölkerung in die herrschende Politik noch überdeckt wurde. Das hat sich geändert. Unter anderem deswegen, weil es inzwischen immer offensichtlicher wird: Freifahrscheine für die Monopole, weniger als ein Tropfen auf den heißen Stein für kleine Selbständige.

 

Dass der Staat in Deutschland kein Dienstleister der kleinen Handwerker, des Italieners um die Ecke und der freiberuflichen Volkshochschuldozenten ist, zeigt sich an allen Ecken und Enden. Das fängt schon bei den bürokratischen Hürden an. So gibt es allein jetzt noch fünf verschiedene Antragsfristen für Überbrückungshilfen. Das Informations-Dossier des Bundeswirtschaftsministerium über das Maßnahmepaket und welche Corona-Überbrückungshilfen wer beantragen kann, ist 16 Seiten lang. Nach einer Umfrage des Sofwareunternehmens Haufe-Lexware gab Mitte März 2021 mehr als die Hälfte der befragten Selbständigen an, dass sie die staatlichen Hilfen ("November- und Dezember-Hilfen"), für die 10 Milliarden Euro zugesagt waren, bis jetzt noch nicht oder nur teilweise erhalten haben. Industriekonzerne und -monopole, die ja die meiste Zeit weiter produzierten und Profite scheffelten, erhielten zusätzlich Subventionen u.a. in Form der Kurzarbeitergelder, in Milliardenhöhe. Mit 100 Milliarden Euro steigt der Staat bei führenden Übermonopolen direkt ein, so etwa bei den Touristikmonopolen FTI und der TUI. Unterdessen ist die Zahl der von Insolvenz bedrohten kleinen und mittleren Reisebüros innerhalb eines Jahres um 31 Prozent angestiegen.

 

Etliche haben sich untereinander vernetzt, Proteste organisiert, Forderungen an die Regierungen gestellt. Auch Künstlerinnen und Künstler, Schausteller, Bands und Opernsänger machen nicht nur Kunst und Musik im Internet, sondern führen Protest- und Solidaritätskundgebungen durch - mit Abstand und ideenreich.

 

Entgegen landläufiger Erwartungen ist im vergangenen Jahr von Januar bis November die Zahl der Betriebsinsolvenzen um knapp 16 Prozent zurückgegangen. Das hat weniger mit wirtschaftlicher Stabilität kleiner und kleinster Betriebe zu tun, als mit einer Ruhe vor dem Sturm. Nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie hatte die Regierung ab März 2020 bis Ende September 2020 die Pflicht zur Insolvenzanmeldung bei Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung ausgesetzt. Bedingung war, dass die Krise der Firma pandemiebedingt war und es eine Aussicht gab, die Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. Unternehmen, die praktisch insolvent waren, aber noch nicht überschuldet, und sich mit Krediten von einem halbherzigen Lockdown zum nächsten über Wasser hielten, warten zum Teil bis heute vergeblich auf die Auszahlung der staatlichen Hilfen. So dass sie jetzt eben doch überschuldet sind. Dann aber hätten sie bis 31. Dezember 2020 Insolvenz anmelden müssen. Zusätzlich zum wirtschaftlichen Ruin droht den Inhabern dieser Betriebe jetzt auch noch eine Bestrafung wegen Insolvenzverschleppung.

 

Dazu kommen weitere Hürden und Fallstricke. So muss das Geschäft, will der Inhaber Zuschuss bekommen, vor dem Stichtag 30. April 2020 existiert haben. Die Soforthilfen durften nicht für die eigene Lebenshaltung ausgegeben werden. Der Umsatz bricht weg, die Kosten für die Miete des Ladens, aber natürlich auch für die private Miete, die Krankenversicherung etc. bleiben.

 

Von März 2020 bis Januar 2021 sank der Umsatz im Gastgewerbe um 47,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, so das Statistische Bundesamt. Die Zahl der Beschäftigten ging in diesem Zeitraum um 19,2 Prozent zurück. Vor der Corona-Krise lag der Gastgewerbeumsatz bei fast 100 Milliarden Euro. Auch die weitreichenden Lockerungen während der Sommermonate brachten keine wirkliche Erholung für die Branche: Im August setzte sie 20,5 Prozent weniger um als im August 2019. Der Wirtschaftszweig besteht mehrheitlich aus kleineren Unternehmen mit wenigen Beschäftigten: 72 Prozent der mehr als 232.000 Unternehmen hatten 2018 weniger als zehn Beschäftigte.

 

"Von den Einnahmen aus den Menüs 'To Go' kann ich einkaufen, selber essen und trinken und mein Personal bezahlen. Miete und Pacht zahle ich von Krediten und von der ersten Tranche der Überbrückungshilfe. Zu mehr reicht es nicht. Wenn ich gewusst hätte, was auf mich zukommt, hätte ich schon im November 2020 geschlossen und in meinem Garten in Griechenland Gemüse für den Eigenbedarf angepflanzt", so der Wirt eines griechischen Restaurants in München. Er wird vom chaotischen Krisenmanagement der Regierung praktisch dazu gezwungen, "auf Sicht" zu fahren. Wie er sind viele Restaurant- und Kneipenbesitzer wütend und verzweifelt.

 

Gegenüber der Forderung nach einem zeitweiligen kompletten Lockdown auf Kosten der Monopolprofite sind viele Gesprächspartner vom Kiosk, vom Friseurladen, von Kneipen und aus Musiker- und Künstlerkreisen aufgeschlossen. "Das hätte man schon viel früher machen sollen, dann hätten wahrscheinlich alle schon jetzt wieder offen", meint meine Friseurin. Interessant ist, dass auch Leute, die bisher nicht so schlimme Einbußen hatten und beim zeitweiligen kompletten Lockdown erst mal schließen müssten, nicht gegen diese Forderung sind.

 

"Auf Kosten der Monopole" können sich viele aber noch nicht vorstellen. Kein Wunder nach dem letzten kompletten Kniefall der Kanzlerin vor der Diktatur der Monopole. Dazu bedarf es des entschlossenen gemeinsamen Kampfs der Arbeiter mit den kleinen Bauern und anderen kleinen Selbständigen. Umfassende, sofortige staatliche Unterstützung für Kleinst- und Kleinbetriebe und Solo-Selbständige statt Subventionierung der Großkonzerne!