US-Konjunkturprogramme

US-Konjunkturprogramme

Bidens Flucht nach vorn

Ein erneutes 1,9 Billionen US-Dollar schweres Konjunkturprogramm, das US-Präsident Biden angekündigt hat, lässt Spekulanten jubeln, „Wirtschaftsexperten“ kühne Wachstumsprognosen aufstellen und Politiker der westlichen imperialistischen Länder von einem weltweiten Wirtschaftsaufschwung träumen.

Von ba
Bidens Flucht nach vorn
Ein Teil des Konjunkturprogramms fließt auch in die Instandsetzung maroder Brücken

Aber auch viele Arbeiter und Arbeitslose, kleine Angestellte, Handwerker und Geschäftsleute in den USA, die von der Abwälzung der Lasten der Wirtschafts- und Finanzkrise auf sie in große Schwierigkeiten geraten sind, erhoffen sich nun ein Ende dieser Probleme. Allerdings wächst bei ihnen auch Skepsis angesichts dessen, dass bisherige „Konjunkturprogramme“ für sie nur einen Tropfen auf den heißen Stein bedeuteten.

USA im Wettlauf mit China

Das neue Konjunkturprogramm soll 1,9 Billionen US-Dollar umfassen. Biden lobt es selbst in höchsten Tönen. "Das Gesetz bietet eine faire Wirtschaft, die jedem eine Chance auf Erfolg gibt, um die stärkste, widerstandsfähige und innovativste Volkswirtschaft der Welt zu schaffen", behauptete Biden. "Ich will einen totalen Paradigmenwechsel. Wir werden nicht mehr Vermögen fördern, sondern Arbeit." Die eigentliche Zielsetzung wurde etwas deutlicher, als Biden erklärte, das Programm werde den USA helfen, sich im „Wettlauf mit China“ durchzusetzen. Solche Konjunkturprogramme in der Weltwirtschaftskrise dienen imperialistischen Staaten tatsächlich in erster Linie zur Stärkung der Konkurrenzfähigkeit der internationalen Monopole des jeweiligen Landes sowie der Dämpfung der Klassenwidersprüche, die sich in solchen Krisen erheblich vertiefen. Ohne diese gigantischen staatlichen Investitionen würden die imperialistischen Länder im zwischenimperialistischen Konkurrenzkampf von vornherein den Kürzeren ziehen.

Finanziert durch Unternehmenssteuern?

Das Programm sieht vor, durch Staatsausgaben für die Instandsetzung der Infrastruktur die Konjunktur anzukurbeln, unter anderem durch die Modernisierung maroder Verkehrswege und von Strom- und Internetverbindungen, den Ausbau „sauberer Energien“ sowie des Netzes zur Versorgung mit sauberem Trinkwasser. Finanziert werden soll es durch eine teilweise Aufhebung der durch Donald Trump vorgenommenen Senkung der Unternehmensteuern von 35 auf 21 Prozent. Nun sollen sie wieder auf 28 Prozent (!) steigen. Multinationale Konzerne werde er jetzt ebenfalls zur Kasse bitten. Na toll! Damit erweckt Biden den Eindruck, die Massen würden von den Kosten verschont. Die US-Handelskammer nannte die Steuerpläne allerdings "gefährlich fehlgeleitet". Vielmehr sollten die Nutzer der Infrastruktur, also überwiegend die Masse der Bevölkerung, für sie zahlen. Auch die Republikaner verweigern ihre (für die Verabschiedung notwendige) Zustimmung zu Bidens Finanzierungsplänen. Man darf gespannt sein, was davon übrig bleibt. Zugeben musste er schon, dass er einen Großteil doch über eine weitere erhebliche Staatsverschuldung aufbringen wird, für die früher oder später die „kleinen Leute“ gerade stehen müssen.

Vorübergehende Geldspritzen

Mitte März 2021 wurde schon Bidens „American Rescue Plan Act of 2021“ ("Plan zur Rettung Amerikas") verabschiedet, ebenfalls in Höhe von 1,9 Billionen US-Dollar. Ein großer Teil fließt in die Impfkampagne, um schneller „wieder mehr Sicherheit und Normalität im Geschäfts- und privaten Alltag einkehren zu lassen“. Einmalzahlungen von 1400 US-Dollar gehen an alle Einwohner der USA mit einem Jahreseinkommen von unter 75.000 US-Dollar. Die Arbeitslosenhilfe wird wöchentlich um 300 Dollar aufgestockt, allerdings nur bis zum 29. August. Diese vorübergehenden Geldspritzen machen für die Massen den Kohl nicht fett. Und die von Gewerkschaften und Sozialverbänden geforderte Erhöhung des landesweiten Mindestlohns von 7,25 auf 15 Dollar wurde gleich ganz gestrichen.

 

Dieses Programm ist Bidens verzweifelter Versuch, einen kompletten Einbruch der Konsumausgaben bis September abzuwenden, in der spekulativen Hoffnung, dass bis dahin die US-Wirtschaft durch das Infrastrukturprogramm in eine Belebung übergeht. Biden macht damit aber auch Zugeständnisse an den fortschrittlichen Stimmungsumschwung unter den Massen, besonders den Arbeitern, und an die Umweltbewegung. Mit seinen „sozialen“ Hilfen und seinem Aufschwungsversprechen will er ihre Unzufriedenheit wieder in reformistische Hoffnungen umwandeln.

Zahl der Arbeitslosen vervierfacht

Denn seit Ende 2019 bis April 2020 vervierfachte sich die offizielle Arbeitslosenzahl in den USA von von 5,5 auf 20,5 Millionen. Auch heute noch sind 10,5 Millionen Menschen in den USA offiziell als arbeitslos gemeldet. Die Armut in den USA ist daher sprunghaft gestiegen. 54 Millionen US-Bürger waren im November auf staatliche Unterstützung angewiesen. Jeder achte Amerikaner hat nicht genug zu essen. Diese Zahl hat sich seit Mitte 2019 verdreifacht. Fast 20 Prozent der kranken Menschen - 46 Millionen Erwachsene – konnten im vergangenen Jahr nicht zum Arzt gehen, weil sie nicht genug Geld hatten.
Sicher werden durch das Infrastrukturprogramm Arbeitsplätze geschaffen – allerdings wird ihre Zahl die Massenarbeitslosigkeit nur zeitweise lindern. Und die Armut wird durch den „Plan zur Rettung Amerikas“ auch nur vorübergehend abgeschwächt. Insgesamt werden durch die wachsende Staatsverschuldung die Probleme nur hinausgeschoben und zugleich vertieft.

 

Seit März 2020 wurden fünf Konjunkturprogramme in den USA entwickelt. Ihr Summe beträgt 7,7 Billionen US-Dollar. Das sind mehr als 35 Prozent des gesamten US-Bruttoinlandsprodukts (21,5 Billionen US-Dollar). Die staatlichen Konjunkturprogramme aller imperialistischen Regierungen in der Weltwirtschafts- und Finanzkrise von 2009 zusammen betrugen fünf Billionen US-Dollar. Das zeigt die noch viel gewaltigere Dimension der jetzigen Krise.
Die drei Konjunkturprogramme in 2020 mit 3,7 Billionen US-Dollar haben der US-Wirtschaft nicht zum beschworenen Aufschwung verholfen. Sie haben das Zusammenbrechen der Wirtschaft verhindert, das Gesundheits- und Sozialsystem künstlich aufrecht erhalten, und den Konsum notdürftig am Laufen gehalten. Die Industrieproduktion ist in den USA im Februar 21 sogar wieder um 2,3% gesunken und liegt heute noch um fast 5% unter dem Höchststand vom 4. Quartal 2019. Auch die Arbeitslosigkeit nimmt weiter zu. Insgesamt stellten vergangene Woche 60.000 Amerikaner mehr einen Antrag auf staatliche Hilfe als die Woche davor.


Eine Erschließung neuer Märkte im Ausland ist für die US-Monopole kaum möglich, da sich die internationalen Monopole den Weltmarkt bereits weitgehend unterworfen haben. Die gründlichere Ausbeutung alter Märkte durch die USA bedeutet aber, dass sich der zwischenimperialistische Konkurrenzkampf insbesondere mit dem chinesischen Sozialimperialismus weiter verschärft. Die wachsende Kriegsgefahr fordert weltweit den Friedenswillen der Massen heraus; die derzeit stattfindenden Ostermärsche müssen alle Imperialisten ins Visier nehmen.