Im Betrieb
Die Forderung nach einem richtigen Lockdown gab der Diskussion eine andere Richtung
Der Widerspruch, dass wir am Fließband auf engstem Raum zusammenarbeiten – an manchen Stationen Schulter an Schulter – gleichzeitig außerhalb vom Betrieb niemanden treffen dürfen, ist bei uns im Betrieb ständig Thema. Spontan, vor allem als Brass auf die Regierung, und in Witzen wie: „Weißt du warum Corona im Betrieb keine Gefahr ist? Corona hat keinen Werksausweis!“
Daimler wälzt die Folgen von Corona vollständig auf die Kollegen ab und die Verantwortung gleich mit.
Das führt dazu, dass es immer wieder persönliche Auseinandersetzungen gibt. Lange habe ich selbst mit meinen Kollegen vor allem darüber diskutiert, dass man die Pandemie ernst nehmen muss. Seit ich stattdessen sage: „Du hast Recht, dass es nicht sein kann, dass wir zu Hause nichts dürfen und hier alles – und deshalb müssen wir fordern, dass die Produktion auch stillgelegt wird“, haben sich die Diskussionen geändert. Die Mehrheit meiner Kollegen findet die Forderung nach einem richtigen Lockdown inzwischen eigentlich richtig. Es gibt vor allem zwei Bedenken und die Diskussion darum ist noch nicht zu Ende.
„Wenn Daimler weniger Autos verkauft, ist das dann nicht gefährlich für unsere Arbeitsplätze?“ Aber Daimler hat letztes Jahr sechs Milliarden Euro Gewinn gemacht. Seine Pläne insgesamt 30.000 Arbeitsplätze zu vernichten hat er trotzdem nicht zurückgenommen. Wenn wir einen richtigen Lockdown erkämpfen, entwickeln wir auch die Kampfkraft, die wir für den Kampf um unsere Arbeitsplätze brauchen.
„Das machen die doch sowieso nicht!“ Das stimmt. Daimler und Co. haben sich die ganze Gesellschaft untergeordnet und deshalb wird die Regierung keinen richtigen Lockdown beschließen, bevor es gar nicht mehr anders geht. Als letztes Jahr die Zahlen in Spanien und Italien so schlimm waren, haben die Arbeiter mit Streiks den Lockdown erzwungen. Das können wir auch.
Seitdem habe ich spannende Diskussionen darum, wie wir Arbeiter kämpfen.