Ausstellungstipp
Ausstellung: Vision und Schrecken der Moderne
Anlässlich des 200. Geburtstags von Friedrich Engels zeigt das Von der Heydt-Museum Wuppertal die Ausstellung „Vision und Schrecken der Moderne“. Sie läuft noch bis zum 11. Juli 2021. Anschaulich wird, wie die Arbeiterklasse zum Thema in der Kunst wird. Eindrucksvolle Bilder und Grafiken - etwa von Käthe Kollwitz und Max Klinger - zeigen das soziale Elend und den Protest dagegen.
Zum anklagenden Gemälde „Die Weber“ von Carl Wilhelm Hübner meinte Friedrich Engels, es sei eine wirksamere Agitation für den Sozialismus als 100 Flugschriften.
Bemerkenswert ist, wie viel Selbstbewusstsein manche Werke ausstrahlen – etwa eine Bergarbeiterin (Skulptur von Emil Meunier) oder ein Fabrikmädchen (Otto Dix). Fotomontagen von John Heartfield fehlen ebenso wenig wie Werke von Künstlern, die sich am Marxismus und der russischen Revolution orientierten (Conrad Felixmüller, Franz Wilhelm Seiwert, Georg Scholz). Antimilitarismus und Gedenken an Liebknecht und Luxemburg sind eindrucksvoll dargestellt. Industriefotos ergänzen die Ausstellung.
Die Suche nach neuen Formsprachen prägt viele Gemälde der Weimarer Republik, die in ihrer Abstraktion den Zusammenhang von Kollektiv und Individualität teils einseitig in der Darstellung gesichtsloser Massen auflöst. Eine große Schwäche ist, dass es keine Werke des sozialistischen Realismus gibt; geradezu erbärmlich ist der „Dialog“ mit Friedrich Engels. Immerhin wird anerkannt, dass Engels die Einheit von Mensch und Natur betont hat. Ganz im Gefolge des Antikommunismus wird „Lenins Koffer“ vorgestellt (Stephan Huber) – als Absage an die Revolution. Wenn es hoch kommt, dann sind noch „Auswüchse des modernen Kapitalismus“ zu kritisieren (Ausstellungs-Handreichung). Vielleicht ist dies der eigentliche „Schrecken der Moderne“ für die Aussteller, dass die internationale Arbeiterklasse den revolutionären Weg von Friedrich Engels geht.
Fazit: Ein Besuch mit kritischem Blick lohnt sich; auch die Dauerausstellung berühmter Gemälde u. a. von Picasso, van Gogh, Renoir lohnt. Eintritt 10 Euro (3 Stunden Besuchszeit) – man muss sich anmelden über den Online-Shop: www.von-der-heydt-museum.de. Kleiner Tipp: Kostenlosen Zugang gibt es am 1. April, am 6. Mai und am 3. Juni - jeweils 17 Uhr.