Corona bei Daimler

Corona bei Daimler

Schmutziger Deal zwischen Gesundheitsamt und werksärztlichem Dienst!

Bei keinem der bisherigen halbherzigen Shutdowns, die die Bundesregierung verhängt hat, wurde die Industrieproduktion einbezogen.

Von einem Korrespondenten aus Stuttgart
Schmutziger Deal zwischen Gesundheitsamt und werksärztlichem Dienst!
(foto: Enslin (CC BY-SA 3.0))

Leitlinie des Krisenmanagements war von Beginn an bis heute: Rühre die Profite der Monopole nicht an! Dafür muss die Industrieproduktion ungehindert weiterlaufen. Dieser Leitlinie unterwirft sich die Bundesregierung, unterwerfen sich die Landesregierungen als treue Dienstleister der Monopole. Jede Maßnahme des Gesundheitsschutzes müssen sich die Arbeiterinnen und Arbeiter erkämpfen.

Meldepflicht über Corona-Infektionen in den Betrieben

Die Daimler-Beschäftigten standen von Anfang an mit an der Spitze des Kampfs für Gesundheitsschutzmaßnahmen. Sie setzten Hygienezeit, Entzerrung der Schichten usw. durch. Und dann? Bereits im Sommer 2020 schaffte das Daimler-Management den Großteil dieser Maßnahmen wieder ab! Daimler hat seine eigenen „Gesetze“. Die Betriebskantinen sind z. T. offen, Desinfektionsmittel in den Toiletten und Pausenräumen werden bis zum heutigen Tag nicht zur Verfügung gestellt. Es werden keine Tests durchgeführt, obwohl es dazu bereits einen Regierungsbeschluss gibt, und es wird keine Publizität über die Corona-Fälle hergestellt. Sonst würde ja rauskommen, dass es Abteilungen gibt, in denen 20 Prozent infiziert sind. Die MLPD fordert, dass von den Betrieben täglich die Zahl der Infizierten aus der Produktion plus die Zahl der Kolleginnen und Kollegen, die in Quarantäne sind, gemeldet werden müssen!

Massiver Druck auf Kolleginnen und Kollegen

Aus mehreren Daimler-Werken* wird berichtet, dass die Kollegen massiv unter Druck gesetzt werden und dass mit Abmahnungen gedroht wird, wenn sie erkrankt sind, oder sich als "Kontaktperson Eins" eines erkrankten Kollegen melden. Dann wird ihnen vorgeworfen, sie hätten sich nicht an die vorgeschriebenen Maßnahmen (Maske, Abstand) gehalten. An Bändern kann aber der Abstand oft gar nicht eingehalten werden! Von Beginn an hat die MLPD Taktreduzierung, Schichtentzerrung und Neueinstellungen gefordert, außerdem bezahlte Hygienezeit.

 

Der Daimler-Konzern führt nun eine neue Drohkulisse des „Null-Toleranz-Prinzips“ ein. Hintergrund ist der, dass es bereits in einzelnen Werken zu Produktionsausfall gekommen ist - aufgrund von Erkrankungen. So fingen in einem Werk wochenlang die Bänder erst eine Stunde später an zu arbeiten, weil es bei einer Logistikfremdfirma zu etlichen Corona-Fällen kam und die Kollegen der Fremdfirma daraufhin täglich getestet wurden. Nicht getestet wurden aber die Daimler-Mitarbeiter, die die gleiche Halle, die gleichen Toiletten benutzen und die die gleichen Teile anfassen. Das ist eine Unverschämtheit. Wir fordern die Testung aller Kolleginnen und Kollegen während der Arbeitszeit!

Nach dem Test sofort wieder an die Arbeit

Stattdessen wird berichtet, dass vertuscht und getrickst wird. Aktuell erreicht uns der Bericht eines Skandals aus einem weiteren Werk: „Bei uns mussten über 20 Leute getestet werden, weil sie Kontakt zu einem Corona-positiven Arbeitskollegen hatten. Anders als anderswo üblich, mussten die getesteten Kollegen aber nicht in Quarantäne, bis das Testergebnis da war, sondern direkt wieder an die Arbeit, ohne zu wissen, ob sie positiv oder negativ sind. Komisch, dachte sich mancher. Dann ein Anruf beim Gesundheitsamt: Wir wollten Klarheit. Das Gesundheitsamt kannte den Fall, bestätigte die Richtigkeit. Als Begründung nannte das Gesundheitsamt, dass alle Kollegen FFP2-Maske tragen und somit nur Kontaktpersonen der Kategorie 2 seien. Stimmt aber nicht! Es trägt keiner FFP2-Maske, das Unternehmen stellt nur medizinische Masken zur Verfügung. Das Gesundheitsamt war überrascht, bestätigte aber dann, was viele schon längst vermuten, es gab einen 'Deal' zwischen Gesundheitsamt und werksärztlichem Dienst: Damit die Produktion nicht stillgelegt werden muss, wurden alle Mitarbeiter in Kontaktpersonen der Kategorie 2 eingeordnet und die Testung lediglich als Vorsichtsmaßname deklariert.“

 

Das straft doch die gesamte Heuchelei Lügen, wonach sich die ganze Riege der bürgerlichen Politikerinnen und Politiker nur um eines sorgen, das Wohlergehen der Menschen, der Schutz ihrer Gesundheit und Öffnungsperspektiven für das öffentliche Leben. Nein, sie tun alles dafür, dass die Leitlinien von Daimler und Konsorten durchgesetzt werden!

Für Gesundheitsschutz gestreikt

In mehreren Daimler-Werken wurde auf Druck von Vertrauensleuten und aktiven Kolleginnen und Kollegen an den Bändern erkämpft, dass drei bzw. fünf Minuten pro Stunde Maskenpause eingeführt wurde. In einem Werk gab es letztes Jahr eine Streikaktion, worauf zwei Tage früher die Produktion heruntergefahren wurde als geplant. Auch in anderen Betrieben in Deutschland und verschiedenen Ländern gab und gibt es Arbeiterkämpfe für Gesundheitsschutz. In Tschechien, wo sich das Corona-Virus besonders in den Fabriken ausbreitet, fordert der tschechische Gewerkschaftsdachverband CMKOS eine einwöchige Zwangs-Betriebspause über Ostern. In Bolivien streikten Beschäftigte für einen strikten Lockdown. In Italien gab es schon im vergangenen Jahr mehrere Streiks für Produktionsstopps. Jetzt sind nach einer erneuten Streikwelle Anfang des Jahres weitere Streiks geplant. Die Arbeiterkämpfe für Gesundheitsschutz verbinden sich mit dem Kampf für höhere Löhne, gegen Arbeitsplatzvernichtung, gegen die Abwälzung der Krisenlasten auf die breiten Massen und gegen die Regierungen. In Deutschland stehen die Arbeiter damit an der Spitze der sich entwickelnden neuen Vertrauenskrise in die Regierung.

Im Landkreis Calw: Zahlen gefälscht!

Klaus-Jürgen Hampejs, Pressesprecher der Freunde der Internationalen Automobilarbeiter Koordination, schreibt in einem Leserbrief an Rote Fahne News:
"Im Landkreis Calw rechnete der Verantwortliche einfach anders. In Firmen, in Einrichtungen, wo viele Menschen leben und arbeiten, wird bei einem Corona-Ausbruch 'diffuses Geschehen' nach unten bereinigt und mit der Zahl 1 gerechnet, egal wie viel Erkrankte es gibt. Dann kann man ja gleich ganze Familien, Straßen oder Ortsteile bei Infektionen nach unten bereinigen. Proteste bewirkten inzwischen, dass dieser Zahlenbetrug in Calw untersagt wurde. ... Und jetzt bei dem Großen, bei Daimler, wird mit dem Arbeitsrecht gedroht. Die Infektionen in der Fabrik nehmen zu. Wen wundert es. Wer auch nur einen Tag in der Fabrik in der Montage gearbeitet hat, weiß: Es ist im Akkord, in der Gruppenarbeit, im Schichtbetrieb und auch bei der Samstagsarbeit unumgänglich, dass Kolleginnen und Kollegen näher zusammenkommen. ... Inzwischen berichtete die lokale Presse aus Rastatt, dass 40 neue Corona-Fälle im Daimler-Werk aufgetreten sind und Kollegen gegen den Konzern schwere Vorwürfe erheben. Am Band können die Abstände nicht eingehalten werden." (Hier der komplette Leserbrief)

Daimler will Produktion über die Osterfeiertage durchdrücken!

Um die Produktionsausfälle aufgrund von Corona in einem der Werke wieder reinzuholen, hat nun die Daimler-Geschäftsleitung einen Antrag beim Regierungspräsidium gestellt, dass die Bänder an den Osterfeiertagen laufen sollen! Komplett verantwortungslos - gegenüber den dortigen Arbeiterinnen und Arbeitern und gegenüber der Gesellschaft. Kompletter, zeitlich begrenzter Lockdown! Verlängerte Osterferien für alle! Auf Kosten der Profite von Daimler und Co.!