Klartext
Merkels Mantra: Auf Sicht fahren
Kürzlich kam mir auf der Autobahn ein Falschfahrer entgegen. Ein Zufall. Und so konnte ich erst reagieren, als der Golf in mein Sichtfeld kam. Doch anders verhält es sich in der Politik. Die zweite Welle war bereits absehbar, bevor sie da war. Es macht die Einzigartigkeit des menschlichen Gehirns aus, dass es Erscheinungen in Natur und Gesellschaft nicht nur sinnlich aufnehmen, sondern in ihnen Gesetzmäßigkeiten aufdecken und Prognosen aufstellen kann. Als der Monopolverband BDI im Mai die allgemeine Öffnung forderte, weil „jede Woche … die deutsche Volkswirtschaft einen mittleren zweistelligen Milliardenbetrag“ koste, da schrieb Rote Fahne News am 5. Mai 2020: „Damit wird eine zweite Corona-Infektionswelle mit dramatischen Folgen bewusst in Kauf genommen!“
Mit einer wissenschaftlichen Methode ließen sich die bis dahin gemachten Erfahrungen bereits sicher so verallgemeinern. Doch die Regierung wollte diese Prognose nicht. Und so reagierte sie auf die zweite Welle erst dann, als sie bereits da war. Angeblich könne man schließlich nur auf Sicht fahren, müsse warten, was passiert.
Im Klartext: Ein Hoch auf die Planwirtschaft und den dialektischen Materialismus! Erweitert nicht nur das Sichtfeld ungemein. Lisa Gärtner, Jugendpolitische Sprecherin der MLPD
Die Weltanschauung der Herrschenden ist der Idealismus. Nicht die Wirklichkeit ist der Ausgangspunkt des Handelns, sondern die Idee. Und wenn der BDI der Regierung vorgibt, dass die Wirtschaft laufen muss, dann hat sich die Wirklichkeit nach dieser Idee mitsamt den zugrundeliegenden handfesten Interessen zu richten. Und „weil nicht sein kann, was nicht sein darf“, wurden die wissenschaftlichen Prognosen einer zweiten Welle in den Wind geschlagen und ihr Eintreten damit wissentlich in Kauf genommen. Der heute in der bürgerlichen Naturwissenschaft vorherrschende Positivismus leugnet jegliche Gesetzmäßigkeiten und ist so zum Reagieren verdammt. Ist das angeblich Unvorhersehbare dann in Sicht, bricht der so oft gelobte Merkelsche Pragmatismus aus, der aber ebenso wenig willens und in der Lage ist, dem Problem radikal auf den Grund zu gehen.
Im Klartext: Ein Hoch auf die Planwirtschaft und den dialektischen Materialismus! Erweitert nicht nur das Sichtfeld ungemein.