Bergbau

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Die Erde bebt durch Grubenwasserflutung im Raum Hamm/Bergkamen

Seit August 2020 bebt im Raum Hamm/Bergkamen (Nordrhein-Westfalen) die Erde. Das letzte gemeldet Beben fand in der Nacht vor Silvester statt. Ursache ist die Flutung der stillgelegten Zechen des östlichen Ruhrgebiets durch die Ruhrkohle AG (RAG), um das Grubenwasser bis auf etwa 600 Meter unter der Erdoberfläche ansteigen zu lassen.

Von mm
Die Erde bebt durch Grubenwasserflutung im Raum Hamm/Bergkamen
Bild von der Bergarbeiterdemonstration vom 14. September 2019 durch Essen-Katernberg, auf der ebenfalls die Umweltverbrechen der RAG angeprangert wurden (rf-foto)

Im Internet sind Graphiken des Lehrstuhls für Geophysik an der Ruhr-Universität Bochum für jedermann einsehbar.¹ Aus ihnen ergibt sich der unmittelbare Zusammenhang zwischen dem Grubenwasseranstieg im östlichen Ruhrgebiet und der erheblichen Zunahme der Beben im gleichen Gebiet seit August 2020. Wenn RAG-Sprecher Christof Belke zu diesem Zusammenhang nur zugesteht: „Die Vermutung liegt nahe“, ist das die übliche RAG-Methode, alles zu vertuschen, was die RAG an Schäden verursacht. Denn mit dem Ende des Steinkohleabbaus waren die Erdbeben zunächst praktisch auf Null zurückgegangen.

 

Die Rote Fahne Redaktion interviewte telefonisch Dr. Kaspar Fischer, den Leiter des Seismologischen Observatoriums der Ruhr-Universität Bochum, das in einem Forschungsprojekt die Beben in Hamm/Bergkamen untersucht. Die Redaktion fragte Dr. Fischer, ob durch die, in dem Gebiet befindlichen, „Sprünge“² (z. B. „Werner Sprung“, „Königsborner Sprung“) und die dort durch den Abbau entstandenen Erdstufen³, Bestandteile des unter Tage eingelagerten Giftmülls im Rahmen der Flutung nach oben gedrückt werden können. Er erklärte, das sei ein interessantes Thema, mit dem sich sein Institut bisher nicht befasst habe. Die Gefahr, dass so etwas passiert, sei in den Sprüngen unterschiedlich: Es gibt Sprünge, die sich mit Ton vollgesetzt haben und deshalb recht wasserdicht sind - und es gibt welche, bei denen das nicht der Fall ist.

 

Werner Engelhardt, langjähriger Stadtrat in Bergkamen für das kommunalpolitische Bündnis BergAUF Bergkamen berichtete der Roten Fahne Redaktion dazu, dass gerade im Gebiet um den „Werner Sprung“ in früheren Jahrzehnten erhebliche Mengen Giftmüll unter Tage eingelagert wurden.

 

Das in Zukunft nur noch ab 600 Meter Tiefe abgepumpte Grubenwasser wird im Raum Hamm/Bergkamen künftig in die Lippe geleitet. RAG-Chef Peter Schrimpf behauptete in dem Interview in der WAZ vom 7. Januar, dass es der RAG gelänge, „die Belastung des Wassers (der Flüsse) möglichst klein zu halten“ und: „Es gibt derzeit kein gesichertes Verfahren, bei diesen großen anfallenden Wassermengen, die bestehenden minimalen PCB-Mengen (Polychlorierte Biphenyle, hochgiftiger und krebserregender Stoff, der von der RAG massenhaft in den stillgelegten Zechen eingelagert worden ist, Anm. d. Red.) herauszufiltern.“ Der Bergmann Christian Link – Sprecher der Bergarbeiterbewegung Kumpel für AUF und seit langem aktiver Vorkämpfer gegen die Umweltverbrechen der RAG - erklärte gegenüber der Rote Fahne Redaktion dazu: „Na ja, dann gibt Peter Schrimpf ja endlich mal zu, dass eine Belastung der Flüsse durch PCB entsteht. Bisher haben die das ja immer abgestritten.“ Und er sagte weiter: „Das PCB ist so hochgiftig, da gibt es gar keine minimale Menge, die zulässig wäre. Das reichert sich über die Flüsse in der gesamten Nahrungskette an. Auf Spitzbergen wurden schon bei Eisbären Missbildungen gefunden, die nachweislich auf PCB zurückzuführen sind.⁴ Sogar in der menschlichen Muttermilch ist ja PCB.“

 

Zu der Behauptung von Peter Schrimpf, dass es derzeit kein gesichertes Verfahren gäbe, PCB aus dem Grubenwasser herauszufiltern bevor man es in die Flüsse leitet, erklärte Werner Engelhardt vom kommunalpolitischen Bündnis BergAUF: „Das stimmt einfach nicht. Z. B. gibt es die PCB-Eliminierungsanlagen von Spiekermann, die bis zu 95 Prozent des PCB aus dem Grubenwasser herausfiltert, bevor man es in die Flüsse leitet. Aber das ist der RAG einfach zu teuer. Die kosten pro Standort etwa 11 Millionen Euro.“ Das ist angesichts der 19 Milliarden Euro, die die RAG-Stiftung angesammelt hat, ein Kleckerbetrag.

 

Werner Engelhardt betont daher, dass wir sowohl Arbeitsplätze als auch Umweltschutz brauchen und fordert: „Stopp der Flutung der Zechen! Sofortiger Bau von PCB-Reinigungsanlagen mit Aktivkohle an allen Grubenwasserstandorten auf Kosten der RAG"“

 

Die MLPD weist darauf hin, dass das unterstreicht, wie bedeutsam der Kampf gegen die Politik der verbrannten Erde der RAG ist. Ihr verdanken die Menschen im Revier massenhaft vernichtete Arbeits- und Ausbildungsplätze, Rentenklau, Umweltzerstörung oder Gesundheitsgefährdung. Für eine lebenswerte Zukunft, Arbeit, Umweltschutz und echten Sozialismus