Kraftanstrengung für Impfkampagne notwendig
Freier und kostenloser Zugang zu Coronavirus-Impfstoffen weltweit!
Anfang November veröffentlichte Biontech (Mainz) und der US-Pharmakonzern Pfizer Zwischenergebnisse aus der für die Zulassung entscheidenden Studienphase III.
Bislang wurden 43.538 Menschen mit ihrem mRNA-Impfstoff BNT162b2 oder Placebo geimpft und ein Impfschutz von 95 Prozent wurde erreicht. Auch die amerikanische Biotechnologie-Firma Moderna meldete eine Wirksamkeit ihres Impfstoffs mRNA-1273 von 94,5 Prozent aus einer Studie mit 30.000 Teilnehmern und ebenfalls eine gute Verträglichkeit. Moderna hat den Impfstoff in Kooperation mit dem nationalen US-Forschungsinstitut NIH hergestellt. AstraZeneca veröffentlichte zuletzt die Ergebnisse seines zusammen mit der Universität Oxford entwickelten Impfstoffes. Die bisherigen Ergebnisse sind sehr vielversprechend und auf dem jetzigen Erkenntnisstand scheint ihr massenhafter Einsatz ein zentraler Fortschritt im Kampf gegen die Corona-Pandemie zu werden.
Die Zwischenbewertungen des Biontec-Impfstoffs erfolgten schon sieben Tage nach Gabe der zweiten Impfung, drei Wochen nach der ersten Gabe. Die Schutzwirkung muss deshalb noch über einen längeren Zeitraum beobachtet werden. Das neue Impfprinzip wurde bisher nur bei Tumorimpfstoffen und bei einem Ebola-Impfstoff erprobt. Eine dreimonatige Nachbeobachtung vor der endgültigen Zulassung und eine intensive Begleitung der Massenanwendung in einem zentralen Register der Länder für mindestens zwei Jahre sind deshalb erforderlich. Der Impfstoff ist so konstruiert, dass er außerhalb des Zellkerns ganz spezifisch an die Ribosomen bindet, wo daraufhin das Virusprotein synthetisiert wird, das dann die Immunantwort auslöst. Die mRNA ist nur einige Stunden bis wenige Tage stabil und integriert sich nach Meinung der Fachleute nicht in die DNA. Falls das passieren würde und Zellen das Virusprotein produzieren, würde der Körper diese Zelle(n) als „fremd“ eliminieren. Das zu verfolgen, gehört alles zu einer gründlichen Langzeitstudie.
Ortsnahe Impfungen in den Arztpraxen!
Nach der möglichen Zulassung des ersten Impfstoffs im Dezember will die Bundesregierung den Impfstoff auf nur sechzig Zentren verteilen und die Länder wollen regionale Impfzentren einrichten. Angeblich weil der Impfstoff von Biontech bei minus 70 Grad Celsius gelagert werden muss und eine dafür geeignete Logistik notwendig ist. Diese Minimalisierung ist überhaupt nicht zu akzeptieren, da in Deutschland viele Lagermöglichkeiten in flüssigem Stickstoff in Laboren, Pharmafirmen, Flughäfen, Krankenhäusern, selbst bei Arztpraxen bestehen und Firmen wie Linde oder L'Air Liquide einen geeigneten Transportservice anbieten. Außerdem ist der Impfstoff von Biontech auch im Kühlschrank mindestens fünf Tage stabil, wenn auch kürzer als der von Moderna, der 30 Tage bei zwei bis acht Grad stabil gelagert werden kann. Gleiches gilt für den AstraZeneca-Impfstoff.
Rheinland-Pfalz plant 36 Impfzentren, Hessen rund 30, NRW 56 und Sachsen wie auch Schleswig-Holstein pro kreisfreie Stadt und Landkreis je ein Impfzentrum. Das ist viel zu wenig. Statt weite Anfahrten und Warteschlangen mit Infektionsrisiko fordern wir deshalb die ortsnahe Impfung durch Einbindung der Arztpraxen. Die kennen ihre Patienten näher, wissen, wer Risikopatient ist und können eine enge, alltägliche und längerfristige Nachbeobachtung garantieren.
Ergänzt werden sollte das über die Impfung durch Betriebsärzte. In vielen Betrieben wird die Lagerung von Impfstoffen wegen ausreichender Kühlmöglichkeiten im Werk kein Problem sein. Deshalb ist auch eine Impfung in Großbetrieben auf Kosten der Konzerne zu fordern.
Als Akt der Militarisierung zurückgewiesen werden muss dagegen die angekündigte Führung der Impfzentren und Transportüberwachung durch die Bundeswehr!
Wichtig ist, dass sich die Reihenfolge der Impfungen streng nach medizinischen und infektologischen Kriterien richtet. Zuerst müssen Risikopatienten, Beschäftigte mit vielen sozialen Kontakten (Beschäftigte im Gesundheitswesen, Pädagogen, Arbeiter in der Produktion usw. geimpft werden).
Um den Impfstoff tobt der weltweite Konkurrenzkampf
Aktuell gab der britisch-schwedische Konzern AstraZeneca erste Ergebnisse seines Impfstoffs mit einer Wirksamkeit von 70 Prozent bekannt. Dieser konventionelle Impfstoff enthält die Andock-Eiweisse von CoV2 in ein harmloses Adenovirus verpackt. Nach aktuellen Prognosen will Biontech/Pfizer 2020 weltweit 50 Millionen Impfstoffdosen und bis Ende 2021 bis zu 1,3 Milliarden Dosen produzieren. Um die absehbar zu geringen Mengen an Impfstoff im nächsten Jahr entbrennt ein vom Nationalismus geprägter Kampf. Verschiedene imperialistische Länder und Blöcke haben bereits Verträge direkt mit Biontech/Pfizer (USA: 100 Mio. Dosen, Option auf weitere 500 Mio. Dosen, EU 300 Mio. Dosen), Moderna und anderen Herstellern wie Sanofi, GSK und AstraZeneca abgeschlossen. Laut Oxfam haben sich diese imperialistischen Länder und Blöcke im kommenden Jahr 50 Prozent aller potenziell zur Verfügung stehenden Impfdosen gesichert (für 13 Prozent der Weltbevölkerung). Die „Initiative Covax“ aus der nichtstaatlichen Gavi-Impfallianz, der Impfinitiative CEPI (viele EU-Staaten inkl. Kanada) und der WHO versprachen, die gerechte Verteilung zu organisieren. Der gemeinsame Beschluss der Weltgesundheitsversammlung im Mai in Genf zum Impfstoff gegen Covid-19 als „globales öffentliches Gut“ wird so in der Praxis unterlaufen. Da nutzen auch erneute Beteuerungen vom G20-Gipfel nichts, zudem fehlen bis Ende 2021 sechs Milliarden US-Dollar für Covax.
Impfung gegen Covid-19 ist ein Menschenrecht!
Sehr zu begrüßen ist die Forderung von „Ärzte ohne Grenzen“, das Patentrecht während der Pandemie auszusetzen. Eine entsprechende Initiative wurde im Oktober auch von Indien und Südafrika eingebracht und von über 100 Staaten unterstützt – aber nicht von der EU, USA und Japan!¹
Dr. Günther Bittel ergänzt zu dieser gemeinsamen Analyse von Seiten der MLPD: "Von Anfang an kritisierte die MLPD, dass der imperialistische Konkurrenzkampf die Kräfte und das Know-how in 240 Impfstoff-Projekten weltweit verzettelt, anstatt systematisch zusammenzuarbeiten. Das gilt auch für die Impfstoffproduktion und Verteilung unter Berücksichtigung der Lagermöglichkeiten und klimatischer Unterschiede. Statt alle Kapazitäten zu mobilisieren, müssen Milliarden Menschen auf die Impfstoffe warten oder erhalten gar nichts.
Es ist typisch Kapitalismus, dass die Technologien und Patentrechte privatisiert werden, obwohl in den Impfstoffkandidaten Milliarden an öffentlichen Geldern stecken (Biontech: 375 Mio. Euro, Curevac: 252 Mio. Euro, Moderna/NIH: 425 Mio. Euro). International muss hier die Solidarität organisiert werden. Das Know-how zu den Bauplänen, Herstellung der Impfstoffe und die Patente gehören sofort in einen internationalen Pool, damit schnellstmöglich in allen verfügbaren Produktionsanlagen ein kostenloser Impfstoff für alle Menschen auf der Welt hergestellt wird. Dies müssen die internationale Arbeiterklasse und die breiten Massen durchkämpfen. Der Kampf darum ist eine Schule für die internationale Zusammenarbeit und Solidarität, für ein Gesundheitswesen im Interesse der Massen, wie das im Sozialismus allseitig verwirklicht wird. Dazu muss das kapitalistische Gesellschaftssystem mit seinem für die Massen schädlichen Konkurrenzkampf und das daraus hervorgehende nationalistische Denken überwunden werden."