Klassiker
Friedrich Engels über die Theorie von der Unterkonsumtion als Ursache der Wirtschaftskrisen
In seinem berühmten Werk „Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaft“ (auch bekannt als „Anti-Dühring“) zerpflückte Friedrich Engels vor über 140 Jahren¹ die Krisentheorie der bürgerlichen Ökonomie. Diese leugnet die Ursache periodischer Krisen im Kapitalismus aus dem gesetzmäßigen Widerspruch zwischen der schrankenlosen Ausdehnung der Produktion und der beschränkten Entwicklung der Märkte.² Ein solcher Vertreter war zu Engels Lebzeiten ein gewisser Eugen Dühring, der mit großsprecherischen Ankündigungen ein völlig neues System der Wissenschaft über Gott und Welt ankündigte. Darin erklärt er die Wirtschaftskrise im Kapitalismus als einen Ausnahmefall, der auf einen Einbruch des Konsums zurückzuführen sei. Er betrachtet die Krisen als „gelegentliche Abweichungen von der Normalität“. Demnach müsse man einfach mehr konsumieren, damit die Nachfrage wieder steigt.
Für ihn ist es ein unerklärlicher Widerspruch, dass Menschen ins Elend gestürzt werden, weil es zu viel an Kapital und Waren gibt. Wie Klein-Fritzchen erklärt er die Krisen aus der mangelnden Konsumtion. Überproduktion sei ein Spezialfall, ausgelöst durch Zufälligkeiten. So z. B. „eine Überfüllung des Büchermarktes mit Ausgaben von Werken, die plötzlich für den Nachdruck freigegeben werden und sich für Massenabsatz eignen“. Engels widerlegt die Unterkonsumtionstheorie überzeugend: „Nun ist aber leider die Unterkonsumtion der Massen, die Beschränkung der Massenkonsumtion auf das zum Unterhalt und zur Fortpflanzung Notwendige nicht erst eine neue Erscheinung. Sie hat bestanden, solange es ausbeutende und ausgebeutete Klassen gegeben hat... . Wenn nun also die Unterkonsumtion eine stehende geschichtliche Erscheinung seit Jahrtausenden, die in den Krisen ausbrechende allgemeine Absatzstockung infolge von Produktionsüberschuß aber erst seit fünfzig Jahren sichtbar geworden ist, so gehört die ganze vulgärökonomische Flachheit des Herrn Dühring dazu, die neue Kollision zu erklären, nicht aus der neuen Erscheinung der Überproduktion, sondern aus der Jahrtausende alten der Unterkonsumtion... . Die Unterkonsumtion der Massen ist eine notwendige Bedingung aller auf Ausbeutung beruhenden Gesellschaftsformen, also auch der kapitalistischen; aber erst die kapitalistische Form der Produktion bringt es zu Krisen. Die Unterkonsumtion der Massen ist also auch eine Vorbedingung der Krisen und spielt in ihnen eine längst anerkannte Rolle; aber sie sagt uns ebensowenig über die Ursachen des heutigen Daseins der Krisen, wie über die ihrer frühern Abwesenheit.“
Solche Dührings dürfen heute in Talkshows auftreten und dem Zuschauer allen Ernstes erklären, dass eine Anregung der Kaufkraft - etwa durch Senkung der Mehrwertsteuer - die Wirtschaft aus dem Krisental führen könne. Das soll seit Marx' und Engels' Zeiten der Antikommunismus den Leuten vorenthalten: Erst die revolutionäre Abschaffung des Kapitalismus wird auch seine charakteristischen Krisen beenden.³