Redebeitrag von Stefan Engel auf der Montagsdemo Gelsenkirchen
Statt der Gesundheit wird die Profitwirtschaft gerettet!
Stefan Engel, Redaktionsleiter des theoretischen Organs der MLPD, REVOLUTIONÄRER WEG, hat unlängst den folgenden Beitrag auf der Gelsenkirchener Montagsdemonstration gehalten, den "Rote Fahne News" dokumentiert.
Liebe Gelsenkirchenerinnen und Gelsenkirchener, jüngst traten die Beschlüsse der Regierung zu Corona inkraft. Bundeskanzlerin Merkel hat in ihrer Regierungserklärung gesagt: „Das Allerwichtigste ist, dass die Wirtschaft nicht zu Schaden kommt“. Jetzt frage ich Euch, was ist das Allerwichtigste, wenn Millionen Menschen mit der Gesundheit oder gar mit dem Tod bedroht sind? Das Allerwichtigste ist dann, dass unsere Gesundheit geschützt wird! Stattdessen wird die Profitwirtschaft gerettet.
Überhaupt, dieses Krisenmanagement! Da werden Museen, in denen noch nie einer angesteckt wurde, geschlossen. Aber fahrt doch einmal mit der U-Bahn von Gelsenkirchen nach Essen zur Arbeit. Da drängeln sich die Leute, da ist es unmöglich die 1,5 Meter Abstand zu halten. Auch in den Betrieben wird auf engstem Raum zusammen gearbeitet. Es gibt dort überhaupt keine verpflichtenden Einschränkungen.
Auch die Schulen müssen offen bleiben, damit die Arbeiter, Angestellten und berufstätigen Frauen weiter arbeiten gehen können und die Kinder tagsüber versorgt sind. Das ist der eigentliche Grund dafür, warum die Kitas offen sind und nicht deshalb, weil die Kinder angeblich nicht ansteckend sind. In den Schulen sitzen oft 30 Kinder auf engstem Raum. Man soll alle 20 Minuten lüften, aber in 30 Prozent aller Schulen und Klassenräume gibt es überhaupt keine Fenster zum Öffnen. Die Kinder sollen sich Decken mitnehmen und warm anziehen.
Die Haupt-Hotspots in der Gesellschaft sind von den Beschlüssen der Regierung überhaupt nicht berührt. Es wird immer behauptet, diese kämen aus dem privaten Bereich, deshalb müssen die privaten Aktivitäten heruntergefahren werden. Das ist aber nichts anderes als die Abwälzung der Krisenlasten auf die Bevölkerung, zugunsten der Herrschenden, zugunsten der Betriebe, zugunsten der Profitwirtschaft.
Gleichzeitig geht das Krisenmanagement rigoros gegen selbstständige Existenzen vor: Gegen die Gastronomie, gegen die kleinen Geschäfte, gegen Kulturbetriebe usw. Dabei haben gerade diese sehr gut aufgepasst und oft mit Investitionen, Ideenreichtum und viel Herzblut aufgerüstet, sodass sich keiner ansteckt.
Die vier Wochen Herunterfahren auf diese Weise werden eine Eindämmung der Pandemie kaum erreichen können, weil die Haupt-Hotspots nicht berührt sind. Ende November wird diese Pandemie nicht vorbei sein. Dazu kommt das jahreszeitliche Wetter, das die natürliche Immunabwehr der Menschen ohnehin sehr beansprucht, es ist Grippezeit und in der Kälte entwickelt sich das Virus sogar noch besser.
In der Pressekonferenz wurde begründet, warum nicht überall die Lüfter installiert werden, die in der Lage sind, die Aerosole aus der Luft zu filtern und zu neutralisieren. Die Erklärung lautet: Es gäbe nicht genügend Lüfter. Dabei weiß die Regierung schon seit April, dass diese benötigt werden. Warum haben sie nicht die Zeit genutzt, um diese zu entwickeln, in Serie zu fertigen und anzuschaffen. Wenn man wirklich gewollt hätte, wäre alles kein Problem gewesen. Die Regierung ist überrascht, weil sie die Denkweise pflegt, „Was nicht sein darf, das gibt es nicht“. Es werden wieder viele Menschen in Kurzarbeit gehen müssen, Entlassungen werden beschleunigt durchgeführt und viele kleine Existenzen werden kaputtgehen.
Dann zu den Tests. Es ist schon länger bekannt, dass man die Leute testen muss. Die Slowakei hat es vorgemacht, die gesamte Bevölkerung wurde getestet, sodass Infizierte entdeckt und isoliert werden konnten, bevor sie andere anstecken. Anders bei uns: Die Regierung hat vollkommen den Überblick verloren, welche Leute infiziert sind, wie der Ansteckungsketten sind, wie sich das Virus verbreitet usw.
Ich bin Marxist-Leninist und was haben wir nun mit Corona zu tun? Wir haben sehr viel damit zu tun, da man das alles in einer sozialistischen Gesellschaft radikal machen könnte und würde, um die Bevölkerung zu schützen - unabhängig davon, ob die Wirtschaft boomt oder nicht. Der Mensch würde im Mittelpunkt stehen und entsprechend auch die Maßnahmen zur Bewältigung dieser Krise. Wenn die Betriebe drei oder vier Wochen zumachen würden, würde das einer sozialistischen Gesellschaft nicht schaden, denn diese ist nicht auf Profite ausgerichtet, sondern auf das Wohl der Bevölkerung. Es zeigt sich: Das eigentliche Problem dieses Corona-Managements ist der Kapitalismus.
Das sieht man auch an der Forschung: Inzwischen ist jedes Forschungsinstitut, das etwas auf sich hält, an der Erforschung dieses Virus beteiligt. Aber wie wird heute geforscht? Auf der Grundlage einer Medizin, die keine Wissenschaft ist, sondern oft Pfuscherei. In dieser Medizin herrscht die Metaphysik. Im Sozialismus würden alle Errungenschaften, die es in dieser Gesellschaft gibt, zusammengebracht und es würde gemeinsam geforscht, ohne Konkurrenzgehabe. Derzeit gibt es über 240 Institute die an einem Impfstoff arbeiten. Aber wie läuft das ab? Jeder behält seine Ergebnisse für sich, arbeitet an irgendeinem Detail, beachtet das andere Detail nicht… . Es müssten die ganzen Kräfte auf einer wissenschaftlichen Grundlage zusammenarbeiten, die systematisch und dialektisch arbeitet.
Ich möchte uns alle aber auch zu einer Sache sehr beglückwünschen. Denn eines hat sich die Regierung in ihren Beschlüssen nicht erlaubt: Sie hat sich diesmal im Gegensatz zum ersten „Lockdown“ nicht getraut, politische Veranstaltungen und Demonstrationen zu verbieten. Das habt ihr alle durchgekämpft! Der Ausgangspunkt war der bundesweite 1. Mai, der in einer großen Aktionseinheit in über 100 Städten Deutschlands erkämpft wurde. Wir werden das erkämpfte politische Recht auch künftig nutzen!
Manchmal sieht man nur noch die Probleme und denkt, es gibt keine Lösung. Aber das Problem liegt im Kapitalismus und dazu gibt es eine Lösung. Glück auf!