Sinus-Studie 2020
14- bis 17-Jährige „ernsthaft“ und „politisch interessiert“
Alle vier Jahre untersucht das Sinus-Institut die Entwicklung der Jugend – im Auftrag von regierungsnahen Organisationen. Die Herrschenden wollen wissen, was da auf sie zukommt. Während die Shell-Studie mehr in die Breite geht, versucht diese Studie mehr in die Tiefe zu gehen. Deshalb befragte sie nur 72 Jugendliche – die aber sehr gründlich.
Die Analysten stellten bei allen befragten 14- bis 17-Jährigen eine „gedämpft optimistische“ Einstellung zur Zukunft fest. Sie hat zwei Seiten.
1. Eine zunehmende Ernsthaftigkeit und Besorgnis.
Die Rettung der Welt vor den Folgen des „Klimawandels“, der nichts anderes ist als der Übergang in eine globale Umweltkatastrophe, wird als eine der wichtigsten Aufgaben der Politik gesehen. „Viele Jugendliche sind sich darüber im Klaren, dass das Überleben des Planeten in Gefahr ist, und machen sich über die Klima-Katastrophe extreme Sorgen“. Aber die Jugendlichen fühlen sich einerseits ohnmächtig und sagen, sie haben keinen Einfluss auf die Politik: „Weder sie noch die Klimakrise werden von den Verantwortlichen in Politik, Wirtschaft und in der älteren Generation ernst genommen. Mögliche Problemlösungen werden verschleppt oder sogar hintertrieben.“ Ein Teil stuft Politik als von „alten weißen Männern“ dominiert ein. „Die Unübersichtlichkeit der Weltlage und ein auf Dauer gestelltes Krisengeschehen verstärkten den 'gesellschaftlichen Megatrend zum Regrounding' – die Sehnsucht nach festem Grund und Orientierung“ – stellt die Studie fest, und: „Dass Jugendliche die Systemfrage stellen, kam 2016 eher selten vor.“
„Die Jugendlichen betrachten die Welt und ihre Probleme letztlich ernsthaft und realistisch“, bilanzieren die Forscher. Kein Wunder, dass sie kein Vertrauen in bürgerliche politische Parteien haben; bei den „Vorbildern“ nennt niemand auch nur einen einzigen Politiker. Das macht den Autoren größte Sorgen: „Nicht zuletzt wird eine mehr oder weniger explizite Kritik am kapitalistischen Axiom vom grenzenlosen Wachstum bei gleichzeitig begrenzten Ressourcen… von jungen Menschen immer häufiger geäußert.“ Es zeigt sich, wie die schon vor Jahren zuerst vom Jugendverband REBELL und der MLPD aufgestellte Forderung Boden gewonnen hat: „Rettet die Umwelt vor der Profitwirtschaft!“
2. Selbstvertrauen, der Wunsch nach Selbstverantwortung
Eher verblüfft stellen die Autoren fest, dass die „handlungsorientierten Werte Leistung und Selbstbestimmung“ hoch im Kurs stehen, verbunden mit „Loyalität, Hilfsbereitschaft und Toleranz“. Es geht Jugendlichen weniger darum, „sein eigenes Ding“ zu machen und um jeden Preis erfolgreich zu sein, als um „Wohlbefinden, Gesundheit, Balance und soziale Einbindung“. Lifestyle und Party verlieren an Bedeutung. „Selbstverantwortung“ ist besonders wichtig, was sich auch in der Corona-Pandemie zeigt. Die Jugendlichen akzeptieren die Schutzmaßnahmen: „Es überwiegt die Solidarität mit älteren Mitbürgern und Risikogruppen, um die sich viele der Jugendlichen zurzeit sorgen. Einzig an der aus Sicht der Befragten verfrühten Wiedereröffnung der Schulen übt die junge Generation Kritik.“
Und ganz grundsätzlich traut sich die Jugend zu, Probleme in den Griff bekommen zu können. Die Studie beschreibt das beschönigend als „Bewältigungsoptimismus, der sich durch viele andere Lebensbereiche der Jugendlichen zieht.“ Sie kommt aber nicht darum herum, festzustellen, wie die Jugendlichen heute Probleme lösen: „Die wachsende Empörung kanalisiert sich vor allem in den zeitgenössischen Klimademonstrationen.“ Die Qualifizierung dieser Demos als „zeitgenössisch“ und vorübergehende „Kanalisierung“ ist aber eher ein Wunschdenken als eine konkrete Analyse. Dabei stehen – junge Mädchen und Frauen vorne dran: „Sie sind engagierter, von ihnen kommt ein Großteil der Initiative“! Da haben die Jungs was aufzuholen!
Übrigens: Abgesehen von ständiger „Zeitknappheit“ steht bei der Freizeit Sport im Zentrum, „etwas für die eigene Gesundheit zu tun, sich Auszupowern oder einfach Spaß zu haben“, wobei “Gesundheit in den eigenen Händen liegt“. Abseits des Sports fühlen sich die Befragten am wohlsten, wenn sie ihre „Zeit gemeinsam mit Freunden verbringen“.
Die dem Kapitalismus treuen Verfasser stellten keine Frage nach der Einstellung der Jugendlichen zu Rebellion oder gar Sozialismus. Sie erhoffen sich offensichtlich, dass der Antikommunismus noch viele Jugendlichen gefangen hält. Deshalb ist die Bewegung „Gib Antikommunismus keine Chance!“ das wohl entscheidende Kettenglied, um die Organisierung von Jugendlichen im REBELL und in der MLPD zu befördern!