TKP/ML-Prozess
Bedingungsloser Freispruch für alle zehn Angeklagten!
Vor dem Oberlandesgericht in der Nymphenburger Straße in München und vor der Horster Mitte in Gelsenkirchen versammelten sich heute um 12 Uhr zusammen ca. 200 Menschen.
In zahlreichen weiteren deutschen und europäischen Städten finden im Lauf des heutigen Dienstag Solidaritäts- und Protestkundgebungen statt, darunter in Hamburg, Duisburg, Zürich, Den Haag, Straßburg und Wien.
Plädoyers der Verteidigung von Müslüm Elma
Im Gerichtssaal in München ging heute die Hauptverhandlung im Gesinnungsprozess gegen die zehn Revolutionäre weiter. Der Gesundheitsschutz für die Angeklagten und ihre Anwälte interessierte Gericht und Strafsenat nicht im Geringsten. Sie hatten keine Skrupel, allen Beteiligten weite Anreisen und beengte Räume zuzumuten. Die Zahl der Prozessbeobachter hingegen wurde auf sage und schreibe sieben Leute beschränkt. Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus drohe!
Rechtsanwalt Stephan Kuhn und Rechtsanwältin Antonia v.d. Behrens, die Verteidiger von Müslüm Elma, plädierten auf Freispruch. Im Gerichtssaal wie davor wurde noch einmal deutlich: Müslüm Elma und seine Mitangeklagten haben sich keiner Straftat schuldig gemacht. Kein Verbrechen, kein Betrug, keine Gewalttat. Müslüm Elma wird beschuldigt, Mitglied und führender Mann der Kommunistischen Partei der Türkei / Marxistisch-Leninistisch (TKP/ML) in Deutschland und in Europa zu sein. Er und seine Mitangeklagten Haydar Bern, Musa Demir, Sami Solmaz, Dr. Sinan Aydin, Dr. Banu Büjükavci, Erhan Aktürk, Seyit Ali Ugur, Deniz Pektas und Mehmet Yesilcali stehen vor Gericht, weil sie ihre kommunistische Überzeugung niemals aufgegeben haben.
Breites Bündnis gestaltet Kundgebung
Süleyman Gürcan, Ko-Vorsitzender der ATIK, sagte auf der Kundgebung in München: "Selbst der Vertreter der Generalbundesanwaltschaft musste in seinem Schlussvortrag einräumen, dass etliche Vorwürfe aus der Anklage nicht aufrecht erhalten werden können, und beantragte, Müslüm Elma nach nunmehr fünf Jahren und drei Monaten aus der Untersuchungshaft zu entlassen."
Schöne Kulturbeiträge, darunter Lieder der Stuttgarter Sänger Onur Olgun und Lukas Weissert, bereicherten die kämpferische Kundgebung. Unter anderen sprachen Vertreterinnen und Vertreter der Roten Hilfe, von ADHK, der Kurdistan-Solidarität, dem Internationalistischen Bündnis, SYKP, der MLPD und der kurdischen Frauenbewegung. Der Vertreter der Roten Hilfe forderte dazu auf, mit allen Kräften gegen den Abbau demokratischer Rechte in Deutschland zu kämpfen; ein türkischer Genosse warb für das Internationalistische Bündnis: Es muss noch breiter werden; helft mit, es zu stärken!
Der MLPD, dem Jugendverband REBELL, dem Internationalistischen Bündnis und der revolutionären Weltogranisation ICOR war und ist es ein ureigenes Anliegen, gegen diesen politischen Prozess die internationale Solidarität zu organisieren. In zahlreichen Gesprächen in München ging es auch um die Frage, ob dieser Prozess im Auftrag und Namen Erdoğans geführt wird. Ja, auch. Aber der Kern ist, dass Marxisten-Leninisten kriminalisiert werden sollen.
Gabi Fechtner fordert bedingungslosen Freispruch der Angeklagten
In Gelsenkirchen wurde die Kundgebung stimmungsvoll mit dem Lied "Gel Ki Şafaklar Tutuşsun" ("Komm, damit der Tagesanbruch glüht") der türkischen Band Grup Yorum eingeleitet. Im Anschluss forderte Gabi Fechtner, Parteivorsitzende der MLPD, den bedingungslosen Freispruch der Angeklagten. Sie verlas die Namen der Revolutionärinnen und Revolutionäre und überbrachte Grüße. Sie führte aus, dass diese nur deshalb auf der Anklagebank sitzen, weil sie die kommunistische Freiheitsidee vertreten. Das, was an Verurteilungen kommen soll, ist reine Gesinnungsjustiz. Weiter führte sie aus, dass die angeklagten Revolutionärinnen und Revolutionäre eng mit der MLPD, der Internationalen Koordinierung revolutionärer Parteien und Organisationen (ICOR) sowie dem Internationalistischen Bündnis verbunden sind. Die Urteile, die in München vorbereitet werden, richten sich auf keinen Fall nur gegen diese zehn Angeklagten. Sollte sich die Bundesstaatsanwaltschaft mit ihren hohen Strafforderungen durchsetzen, wird ein Präzedenzfall geschaffen, der auch auf andere Revolutionäre und Marxisten-Leninisten angewendet werden könnte. Interessanterweise wird die Kriminalisierung der TKP/ML seitens der Bundesregierung mit ihrer ideologisch-politischen Grundlage begründet - dem Marxismus-Leninismus und den Mao-Zedong-Ideen. Allein aus dieser ideologisch-politischen Grundlage sei den Angeklagten der TKP/ML grundsätzlich die Bereitschaft für die Begehung von Tötungsdelikten von Unbeteiligten zuzutrauen! Ein unverschämter Vorwurf zur Diskreditierung und Diffamierung des Marxismus-Leninismus, der die Freiheitsideologie des Kommunismus vertritt.
Monika Gärtner-Engel, Hauptkoordinatorin der ICOR, betonte die Wichtigkeit der internationalen Solidarität und des gemeinsamen Kampfs auf der ganzen Welt für eine befreite Gesellschaft, für Demokratie, Freiheit und Sozialismus. Sie wies darauf hin, dass in dieser komplizierten Situation der Weltwirtschafts- und Finanzkrise sowie der Corona-Krise die Leute überall auf der Welt kämpfen. Es sind Kämpfe gegen den Hunger, gegen die Arbeitslosigkeit und für Sozialismus. Dabei werden sie unterdrückt. Weiter sagte sie unter anderem, dass dieser Kampf, den wir gemeinsam mit den Genossinnen und Genossen in München führen, und der Kampf auf der ganzen Welt gegen Folter, gegen Inhaftierung, gegen das Verschwindenlassen der Demokraten, Revolutionäre etc., ein gemeinsamer Kampf ist. Mit dem Solidaritätslied endete die Protestaktion.
Am Tag X Kundgebung und Demonstration in München
Dem unbeugsamen Auftreten der Angeklagten und der breiten Solidaritätsbewegung ist es zu verdanken, dass es den Herrschenden nicht gelungen ist, mit dem Prozess eine antikommunistische Hetzstimmung zu erzeugen. Im Gegenteil. Leute, die bisher mit dem Protest gegen den Antikommunismus noch nicht viel am Hut hatten, interessieren sich dafür, unterschreiben den Aufruf des Internationalistischen Bündnisses.
- Gib Antikommunismus keine Chance!
- Müslüm Elma muss sofort freigelassen werden!
- Freispruch für alle zehn Angeklagten und Entschädigung für ihre Inhaftierung!
- Schluss mit dem Bombardement kurdischer Gebiete durch die türkische Luftwaffe!
ATIK und MLPD schlugen gemeinsam vor, am Tag X, dem Tag der Urteilsverkündung (voraussichtlich Mitte Juli), wieder eine Kundgebung vor dem Münchner Gerichtsgebäude zu machen - dann aber mit einer anschließenden Demonstration, um noch viel mehr Leute zu erreichen.